Rabimmel, rabammel
Tückisch war er, tückisch blieb er, dieser Tag gestern.
Ich war ihm wirklich wohlgesonnen, mit Montagen hatte ich mich bislang gut verstanden. Und zunächst wies alles auf eine Besserung hin. Als ich zur fehlgeparkten Karre kam, hing KEIN Strafzettel unter der Windschutzscheibe - und das in Augsburg, wo Falschparker mit einer Gründlichkeit verfolgt werden wie in New York öffentliche Raucher. Das hat mich schon sehr milde gestimmt. Dann sprang das Auto auch fast umgehend an - ich bemerkte, wie ich mich schlagartig entspannte. Fröhlich verräumte ich das Auto und machte mich eilends auf den Weg zu dem Handarbeitsladen, in dem ich mich nach vielen Jahren der Abstinenz mal wieder mit Wolle eindecken wollte.
Dort allerdings sprang mir der Tag mit unveränderter Tücke ein weiteres Mal ins Gesicht: Ich stellte fest, dass ich einen meiner kostbaren Ametrin-Ohrhänger verloren hatte. Ach meia...! Obwohl ich mich über meine Tüte mit feinster Wolle von Lana grossa sehr freute (dazu später), fühlte ich mich angegrätzt
Was ich wiederum eigentlich nicht aufrecht erhalten konnte, als ich in meine Wohnstraße in der Augsburger Altstadt bog: Mir kam ein langer Martinszug entgegen. Der mit Blechblas-Verstärkung sang! „Nanaa, nana, nanaa, nana, rabimmel, rabammel, rabumm.“ Ich schmolz dahin, blieb stehen und besah mir den Zug genauer. Die verschiedenen Laternen-Stile wiesen auf einen gemeinsamen Umzug verschiedener Kindergärten hin. Es gab Schildkröten-Laternen, große mit orientalischen Mustern, und naturfarbene Öko-Laternen mit Trockenblumen-Verzierung. Und wie in meiner Kindheit gab es die Kleinen, die ihre Laternen so vorsichtig trugen, dass sie sie keine Sekunde aus den Augen ließen und sichtlich die Luft anhielten. (Muss ich erwähnen, dass ich seinerzeit keineswegs zu diesen Kindern gehörte, sondern zu denen, die ihre Laterne schwenken wollten und ziemlich sauer waren, dass ihnen dadurch das Teelicht verrutschte und erlosch?)
Daheim in meiner kleinen Wochentagswohnung (am Wochenende wohne ich an meinem eigentlichen Wohnort München) machte ich mich über meine Wolle her. Meine Herrn, mir fiel eine ganze Ära meiner Jugend ein! Als ein Kind der 80er war ich eine hingebungsvolle Strickerin. Ob in der Schule oder bei Treffen mit Freunden - das Strickzeug war immer dabei. Die meisten meiner Werke habe ich selbst entworfen, die Kreativität nur durch Geldmangel begrenzt. Normalerweise reichte es nur für Billigwolle vom Rödel. Lana grossa hingegen war die Königsklasse, für meinen damaligen Geldbeutel unglaublich teuer, aber sagenhaft schön. Jetzt fand ich insgesamt 36 Euro Materialkosten für einen Zweieinhalb-Meter-Schal ein Schnäppchen.
Und die Wörter, die mir wieder einfielen! Dochtgarn, Bändchengarn, Zopfnadel, Rapport, Maschen anschlagen, Sockenwolle, Nadelspiel.
Schade, dass selbstgestrickte Pullis wirklich nicht mehr mein Stil sind.
by Lana grossa
Kommentare: 1 Kommentar
Es gibt auch moderne selbstgestricket Pullis. Aber leider bin ich bei meinem nie über den Rücken hinausgekommen...