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20.12.2003 9:49 AM CET
essneun

essneun47 (27k image)

Gestern Abend noch gegen meine Weihnachtsdepression mit Mitbewohner ins Münchner Restaurant essneun (Vorsicht Flash!) gegangen. Dort wird dezidiert abenteuerlich gekocht. Und da ich auf Speisekarten ohnehin gerne die Gerichte wähle, unter denen ich mir am wenigsten vorstellen kann, bin ich hier richtig.

Das Interieur des sehr kleinen Raums ist stylisch ruhig, der Service einfach umwerfend. Alles sehr junge Männer in sehr legerer Kleidung - beim ersten Besuch ist mir durchaus die linke Augenbraue hochgeschossen. Wodurch ich umso angenehmer von ihrer Beratungs-Kompetenz und Liebenswürdigkeit überrascht war. Vor allem der Maitre, der auch die Reservierungen entgegen nimmt, vermittelt glaubwürdig den Eindruck, dass er alle Restaurantbesucher als seine persönlichen Gäste sieht. Im Sommer war er wohl grade in der Küche, als ich nach ausgiebigen Genüssen mit meiner Begleitung das Lokal verließ. Ich stand noch vor der nächtlichen Auslage eines benachbarten Goldschmieds, als der junge Mann aus dem Restaurant schoss, sind panisch umschaute und ganz erleichtert war, als er meiner ansichtig wurde: Er war einfach nur bestürzt gewesen, dass er sich nicht persönlich von uns verabschiedet hatte, und holte das jetzt nach.

Im essneun gibt es immer ein dreigängiges Tagesmenü, doch auch diesmal standen auf der kleinen Speisekarte noch viel spannendere Gerichte.

Zunächst ließen wir uns einen Apperitiv empfehlen. An der Bar arbeitet ganz offensichtlich der Dalí unter den Mixern. Als wir uns einmal bereit erklärten, einen am selben Tag erfundenen Drink zu probieren, kam er anschließend an den Tisch, um mit uns darüber zu fachsimpeln und unsere Meinung zum künftigen Namen der Kreation einzuholen. Gestern war es ein
Martini Barbarella
auf der Basis von frischer Ananas, die mit Salbeiblättern zerstoßen war. Das funktioniert!

Zum Einstieg gab es ein paar Naschereien:
Olivengrissini, Tandoori-Grissini (natürlich beiden selbst gemacht), dazu in zwei Schnaps-Stamperln Topinambur-Püree und Blaukraut-Apfel-Püree (das sogar einen Hauch von Gans hatte), dazu je zwei herzhafte Vanillekipferl und zwei Kokosmakronen auf Nachos.
(Notiz: Unbedingt selbst mit Topinambur rumprobieren!)

Zur Vorspeise wählten wir:
- Maracuja-Enten-Döner mit Gambas (Ente hätte etwas kleiner geschnitten gehört, aber sonst sehr leckere Kombination)
- Papaya-Erdnuss-Pulpo mit Rote Beete und Entenstreifen (der Pulpo kam in einem kleinen fritierten Teig-Sackerl und war schön saftig – bis auf den einen fritierten Arm, der aus dem Sackerl herausragte und recht hart und trocken geworden war)

Hauptgang wurden:
- Eisbein-Christstollen mit Kabeljau und Gemüse (Urteil des Begleiters: sehr nett, lebt aber hauptsächlich von seiner Originalität)
- Kalbslatschen mit Kokos-Gnocchi (die Kokos-Gnocchi waren fantastisch, eine hervoragende Kombination von Kartoffel und sehr viel Kokos als Rolle nochmals in Kokos gewendet)

Zu unserer beider Erstaunen waren wir dann schon so satt (und müde, zumal das Lokal gestern gerammelt voll war), dass wir auf den Nachtisch verzichteten. Eigentlich unverzeihlich, zumal es Nougat-grüner Pfeffer-Irgenwas gegeben hätte.

Die Weine kosteten wir diesmal nicht aus, wir waren einfach zu fertig für echtes Rundum-Schwelgen. Dabei ist das Angebot wirklich sorgfältig gewählt, auch die wenigen offenen Weine. Und auch bei den Weinen hat der Oberkellner immer eine wunderbar passende Empfehlung parat.


Kommentare: 3 Kommentare

mmh lecki- nächstens dann unbedingt mal den thunfischstollen mit eulenpudding auf kapernschaum probieren...und zum dessert evtl. zart angeröstete backpflaumen mit sojasoßenmousse, delikat.

Ich gehe ja zu selten dort hin, als dass ich beurteilen könne, dass es das noch nie auf der Karte gegeben hat. Genauso wenig wie Schweinskaldaunen in Honig, oder Otternasen, Ozelot-Öhrchen...

genau, dann kennen auch die wolfszitzen chips an stachelbeergelee mit dem herzhaften stachelrochen parfait oder die gedünstete
bisam-quiche noch gar nicht...