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20.3.2004 11:35 AM CET
Literaturverfilmungen

Der Gipfel war dann, als ich im Kino auf den Beginn der Vorführung von Homo Faber wartete und in der Reihe hinter mir eine Sie zu ihrem Nachbarn sagte: „Das Buch ist sicher besser.“ Das ist die weit verbreitete Grundeinstellung: Das Buch ist sicher besser.
Hallo? Ein Buch ist ein Buch ist ein Buch. Und ein Film ist ein Film ist ein Film. Wenn ich das versuche zu tanzen, kommt wieder etwas anderes raus.

Zwar hat mich mein Mitbewohner in den Diskussionen der letzten Jahre davon überzeugt, dass man manchmal sehr wohl Äpfel und Birnen vergleichen kann. Aber ich habe immer noch Probleme, dieses Vergleichen mit einer Hierarchisierung zu verbinden. Man kann aus einem guten Roman einen schlechten Film machen. Man kann aus einem guten Roman einen guten Film machen, auch wenn er sich sehr weit von der Vorlage entfernt.

Jede Literaturverfilmung muss sich für einzelne Aspekte der Vorlage entscheiden, die meisten anderen weglassen.* Für mich als nichtgläubige, also säkulare Christin ist das Neue Testament ein literarisches Werk – wenn auch in unserem Kulturkreis das einflussreichste der letzten 2000 Jahre. Mel Gibson hat für seine Verfilmung den Aspekt des Leids des Protagonisten, der Folter, der Qual in den Mittelpunkt gestellt. Für ihn war es eigenen Aussagen zufolge mehr als eine künstlerische Entscheidung; ich behalte mir als Rezipientin vor, die Entscheidung aus künstlerischer Perspektive zu sehen.

Zum Vergleich: John Irving wollte mit seinem Roman The Cider House Rules nach eigener Aussage durchaus zur Abtreibungsdiskussion Stellung nehmen. Die Verfilmung, für die er selbst das Oscarprämierte Drehbuch geschrieben hat, konzentriert sich auf andere Aspekte. Soweit ich mich erinnere, hat in diesem Fall niemand darauf herumgehackt.

Ich mag Splatter-Movies nicht. Und wenn The Passion of the Christ auch nur eine Splatter-Szene mehr enthält als die diversen Trailer, grause ich mich zu sehr als dass mich alles andere interessiert. Warum sollte ich einem Splatter-Movie vorhalten, dass er zu brutal ist? Schließlich versuche ich seit Jahren, meiner Mutter den Unsinn des Vorwurfs klar zu machen, James-Bond-Filme seien unrealistisch.

Dass gläubige Christen den Film aus einer ganz anderen Perspektive sehen, ist selbstverständlich. In dieser Zielgruppe soll er die Funktion der Oberammergauer Passionsspiele erfüllen. Ob und in welchem Maß er das tut, kann ich nicht beurteilen.


*Buchtipps dazu:
William Goldman, Adventures in the Screen Trade und Which Lie did I Tell? More Adventures in the Screen Trade


Kommentare: 6 Kommentare

Auch auf die Gefahr hin, zickig zu klingen: "Passion" ist kein Splattermovie, und es nervt, dass er immer so genannt wird. Ein Splattermovie ist für mich ein Film, der Gewalt als eine Form von Unterhaltung einsetzt wie Komödien das mit Humor machen. "Passion" erzählt eine Geschichte, die nicht ohne Gewalt auskommt, die aber nicht dadurch definiert wird. Genauso wie "Reservoir Dogs". Genauso wie "Cape Fear". Alles keine Splatterfilme.

Gar nicht zickig. Dann ist also nur das Marketing schlecht: Die Trailer verkaufen mir den Film in erster Linie über Splatter-Szenen. Wenn ein Trailer nur aus Liebes-Szenen besteht, halte ich den Film für einen Liebesfilm. Wenn ein Trailer nur aus Gemetzel-Szenen besteht, halte ich den Film für einen Splatter-Film.

Das Marketing hat leider keine andere Wahl als Metzelszenen zu nehmen, weil der Film zum Großteil aus ihnen besteht :-) Ich wollte mich nur dagegen aussprechen, dass über die Gewalt im Film die Story ein bisschen zu sehr in den Hintergrund gerät.

Ein Geständnis: Ich bin eine Memme und kann solche grusligen Filme überhaupt nicht anschauen. Reservoir Dogs habe ich bis heute nicht gesehen, bei Cape Fear verbrachte ich 60 Prozent der Filmdauer unterhalb der Sesselkante des Vordermannes.

Eine Ausnahme machte ich bei Silence of the Lambs; den wollte ich un-be-dingt sehen. Also las ich erst mal das Buch und ließ mir dann den ganzen Film in allen Einzelheiten erzählen. Ins Kino ging ich mit einem Freund, der den Film schon mehrfach gesehen hatte. Er sagte mir jedesmal rechtzeitig, wann ich besser die Augen zumachen sollte - oder wann ich sie auflassen konnte (DAS ist wahre Freundschaft). Ähnlich habe ich vor vielen Jahren Psycho im Fernsehen angeschaut; in diesem Fall übernahm meine Mutter die Tipps zum Augenschließen.
Irgendwann schaffe ich es auf diese Weise vielleicht auch Seven anzuschauen.

Aber im so genannten wirklichen Leben töte ich jeden Tag mehrere Drachen, ehrlich!

Haha, dass Sie so ein Mädchen sind, hätte ich gar nicht gedacht. Aber in diesem Fall gestehe ich Ihnen zu, "Passion" als Splatterfilm zu bezeichnen. Aber das dürfen nur Sie!

Ich hab mir die Passion gestern angeschaut und muß zugeben, dass wirklich keine Grausamkeit ausgelassen wurde. Dennoch bei langen kein gewaltverherrlichender Film, dafür wurde auch viel zu wenig mit Spannung gearbeitet. Ja, trotz seiner Grausamkeiten war es ein stiller Film.