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17.4.2004 4:50 PM CET
Absurdes Zensieren

Das Prüfungssystem deutscher Schulen sorgt schon lange für Diskussionen. Es stellt in erster Linie fest, wie gut die Schüler schriftliche Prüfungen vorbereiten und absolvieren können, aber kaum, ob sie die Lerninhalte beherrschen.

Ad absurdum wird diese Art der Leistungserhebung geführt, wenn ein Schüler Prüfungsstoff auswendig lernt und unreflektiert niederschreibt. Dann greift nicht mal der Tatbestand des „Unterschleifes“, wie Abschreiben beim Nachbarn oder vom Spickzettel in Bayern amtlich heißt.
In den Prüfungen so genannter „Lernfächern“, zum Beispiel Erdkunde und Biologie, wird wenig anderes verlangt als das Absondern gelernter Sätze. In Mathe und Physik ist das wiederum so gut wie unmöglich, deshalb mögen diese beiden die einzigen Fächer sein, in denen tatsächlich diejenigen die guten Noten bekommen, die Mathe und Physik gut können.

Deutschaufsätze galten bislang ebenfalls als weitgehend sicher vor auswendig Gelerntem. Doch mein Mitbewohner, Deutschlehrer, hat jetzt zum Thema „Literarische Erörterung“ eine Ausnahme auf dem Tisch, von der er bislang nur gehört hatte: Ein Oberstufenschüler hat Teile einer Website auswendig gelernt, die den besprochenen Roman interpretiert. Da das Vokabular nicht dem sonstigen Sprachstil dieses Schülers entsprach, roch der Mitbewohner Lunte und fand schnell die exakte Quelle im Web. Allerdings schreibt der Schüleraufsatz komplett an der vorgegebenen Textstelle vorbei, allein schon deshalb bekommt er eine schlechte Zensur. Aber was, wenn er zufällig etwas auswendig gelernt hätte, was zur Textstelle passt? Der Schüler hätte das Lernziel nicht erreicht, weil er nicht gezeigt hätte, dass er mit einem literarischen Text umgehen kann. Aber er hätte einen perfekten Aufsatz zur Aufgabe der Prüfung geschrieben.

Die Gymnasiallehrer, die ich kenne (und ich kenne einige) haben übrigens alle Alternativen zur in Deutschland üblichen Benotung parat, die meisten laufen auf eine sehr viel höhere Gewichtung der Beteiligung am Unterricht, mündlicher Noten und der Eigeninitiative der Schüler hinaus. Nur dass Lehrer (die „faulen Säcke“) sehr selten gefragt werden.


Kommentare: 6 Kommentare

Liebste Kaltmamsell, das ist doch wie im richtigen Leben. Nix verstanden und dann doch mit Dusel die richtig Entscheidung getroffen. Was spricht dagegen, das zu belohnen. Will sagen, nur in der Ausbildung werden falsche Entscheidungen nahezu regelmässig abgestraft. Weltfremde Ausbildung?

Herr Ingenieur, das meinst Du jetzt nicht echt, oder? In Deinem Beruf werden falsche Entscheidungen ("ach, lass uns den Brückenpfeiler einen Meter weiter rechts setzen") nicht abgestraft?

Ich fand das immer sehr ungerecht, daß die Rumsabbler, Nachbrabbler, ins-Blaue-Rater und Maulaufreißer, die kaum einen anständigen sinnhaltlichen Satz zu Papier bringen konnten, im Zeugnis besser benotet wurden als ich.

IMHO ist es aussagekräftiger, am Ende eines Themenblocks, das gelernte auch schriftlich formulieren und umsetzen zu können. "Hat sich viel am Unterricht beteiligt", heißt gar nichts.

Hm, was hieße das für den auswendig gelernten Aufsatz, Sanníe? Volle Punktzahl?

Nein, das wollte ich damit auch nicht sagen. Ob im Aufsatz kopiert oder im mündlichen Unterricht zitiert wird, ist ja das gleiche. Aber es ist bei Ersterem eher nachprüfbar.

Nur die Überbewertung der mündlichen Beteiligung habe ich widersprochen.

Frau Kaltmamsell, Du solltest mich besser kennen. Ich schreibe doch nicht von den grundsätzlich fehlerfrei und immer und allerorts wissenschaftlich arbeitenden Ingenieuren.
Dachte eher an die Leute, deren Berufe man anderorts gerne unter Arts zusammenfasst. Läster...