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Speisen Die Kaltmamsell
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10.5.2004 2:27 PM CET
Liberal, white-collar guilt.
Das Manhattaner Nilpferd hat mich mal wieder liebevoll an eine meiner Verklemmtheiten erinnert (und mich veranlasst, meinen Computer-Bildschirm mit mundwarmem Rooibush-Tee zu duschen, als ich las: „makes my heart palpitate like a mariachi band“): Dienstboten. Ja, ich weiß, das heißt heute nicht mehr so. Aber mein oberbayerisch geprägtes Hirn formuliert einfach „Deansbo’n“, bevor ich es mit „Dienstleister“ überfiltern kann. Was für mich beruflicher Alltag ist, bereitet mir als Privatperson Unbehagen. Auch ich habe den letzten Umzug vor fünf Jahren von einem darauf spezialisierten Unternehmen machen lassen. Die Herren waren pünktlich, emsig, freundlich, durch und durch professionell. Zur vereinbarten Zeit klingelte es an Wohnungstür, draußen standen Männer in Arbeitskleidung mit Pappe in den Händen. Sie grüßten und legten Pappe vor sich auf den Teppich, betraten die Pappe, legten die nächste Pappe aus etc., etc., bis sie an den gepackten Umzugskisten angekommen waren. Mit dieser aufmerksamen und simplen Methode der Fleckenvermeidung hatten sie mich bereits überzeugt. Dann fingen sie an zu schleppen. Während dessen saß ich mit dem Mann, der auch damals schon mein Mitbewohner war, in der Küche, komplett eingeschüchtert. Wir sind beide nicht mit Dienstboten groß geworden und fühlten uns hilflos. Wir wagten nicht, in ein Café zu fliehen, schließlich gab es immer wieder Detailfragen (und das Kompliment, wir seien die ersten Bücherliebhaber, die die Kisten klug gepackt hätten: nämlich nicht jede randvoll Bücher, sondern immer nur ein Drittel voll Bücher, dann mit leichteren Dingen aufgefüllt. Danke, aber schließlich waren wir schon mal damit umgezogen.). Wir saßen also in einem nicht einsehbaren Eck der Küche und lasen. Ob wir wohl für Brotzeit sorgen sollten? Zumindest für Getränke? Nein, wohl nicht, als ich kurz das Haus verließ, sah ich die Männer bei eigener Brotzeit im Umzugslaster Pause machen. In der neuen Wohnung dann ließen sich die Herren geduldig mit den Möbeln herumdirigieren, bevor sie sich mit der sehr ernst gestellten Frage „Waren Sie zufrieden?“ verabschiedeten. Ich ziehe nie wieder selbst um.
Kommentare: 3 Kommentare
Danke! Das hat den letzten Zweifel in mir getilgt, ob wir es komplett machen lassen sollten, wenn es im Sommer so weit ist.
Diesen Luxus wird sicherlich jeder naher Verwandte & Bekannte dem Umziehenden von ganzem Herzen gönnen...
"Was für mich beruflicher Alltag ist, bereitet mir als Privatperson Unbehagen!"
Ohh jaahh!
Wenn ich dann die Wohnung nicht schnell genug verlasse, bitte ich meist die Putzfrau, es sich bei Tee und Keksen gemütlich zu machen, während ich selbst den Feudel schwinge.
Aber Umzüge, die würde auch ich nur professionell machen lassen -schon allein wegen des Show-Effekts.
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