Vorspeisenplatte

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Die Kaltmamsell
erzählt sich was.

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31.7.2004 3:41 PM CET
Gazpacho - kalte spanische Gemüsesuppe

Schnell, jetzt wäre noch Zeit, die Zutaten einzukaufen. Hier mein Rezept.


30.7.2004 7:57 AM CET
Fremd

„Äh, Entschuldigung...“
Ich krame gerade in meiner Aktentasche nach dem Schlüssel für die Haustür und blicke auf.
„Hätten Sie vielleicht Lust, mit mir eine Tasse Kaffee zu trinken?“
Der bärtige Herr steht ein paar Meter vor mir, lächelt und wippt verlegen auf den Fußballen. Mit einer Hand fährt er sich, noch verlegener, über die hohe Stirn.
Ich lächle zurück: „Oh, äh, ach wissen Sie...“
Er wiegelt sofort ab: „Ist schon spät für einen Kaffee, nicht?“
„Ja, und...“
„Aber vielleicht, dass wir später...?“
„Ahm, eigentlich, ich...“
„Ah ja, dann, ok., hm, schöne Zeit...“
„Danke, ahm, nett, Wiederseh’n.“

Es passiert mir höchstens alle zwei Jahre, dass mich wildfremde Männer ansprechen (Gott ja, der Betrunkene auf dem Moritzplatz ist tatsächlich schon zwei Jahre her). Ich habe bislang immer freundlich und höflich, aber ablehnend reagiert. Annehmen könnte ich gar nicht - aber kann das überhaupt jemand? Bei einem komplett wildfremden Mann?


29.7.2004 12:41 PM CET
It’s alive!

Mein Büro-Wasserkocher hat seit gestern eine neue Funktion: Er schaltet sich aus, sobald das Wasser kocht.
Pah, sagen Sie da, das machen doch alle Wasserkocher. Keineswegs. Diesen Wasserkocher habe ich vor zwölf Jahren gekauft, nachdem ich kettles während eines Studienjahres in Wales schätzen gelernt hatte. Es handelt sich um die einfachste Ausfertigung eines Wasserkochers, ohne Ein/Aus-Knopf, abnehmbares Oberteil oder sonstige Annehmlichkeiten (mir ham ja nix g’habt!). Ich verwendete ihn, indem ich den Deckel abnahm, Wasser einfüllte, Deckel wieder aufsetzte, den Stecker in eine Steckdose steckte. Daraufhin brachte eine frei liegende Heizspirale das Wasser zum Kochen und kochte es und kochte es und kochte es - bis ich den Stecker zog. Gefährliche Sache, klar. Ich hatte immer Glück und machte lediglich ein paar Mal meine Küche zum Dampfbad, ließ ihn aber nie leerkochen.

Daheim habe ich mittlerweile einen Wasserkocher mit sämtlichen Schikanen: Knöpfe, Lämpchen, abnehmbares Oberteil, abnehmbares Kabel - das ganze Programm (mir ham’s ja.). Der Ur-Wasserkocher kam ins Büro.

Gestern war gerade darin Wasser am Kochen, als sich das Gerät mit einem sanften „Zick“ abschaltete. Na bravo, dachte ich, jetzt ist er hin. Ist er nicht. Er hat lediglich dazugelernt. Drei Mal habe seit gestern den Wasserkocher genutzt, jedesmal schaltete er sich aus, sobald das Wasser kochte. Seither bin ich mir seiner Präsenz am Rand meines linken Sehfelds sehr bewusst.
Lässt er sich als nächstes einen Schlauch zur Wasserleitung wachsen? Oder kann ich eines Tages den Aufsatz abnehmen? Wird ein Ein/Aus-Knopf entstehen?


28.7.2004 5:50 PM CET
Wo der Bartl den Most her holt

Lotto1752

Als ich vor diesem Laden in Wien stand (das Schild, das die neuen "Lotto Computer" anpreist, ist Emaille!), kam mir München schlagartig poplig vor. Die paar Jahrhunderte Habsburger sind an jeder Straßenecke sichtbar.

1752 - da hatte München grad mal einen Kurfürsten, und über'n Marienplatz wurden noch die Kühe getrieben.


28.7.2004 12:57 PM CET
Old Economy ist...

… wenn die IT-Security keine ActiveX-Elemente zulässt.

State-of-the-art ist, wenn jemand für uns arme Schweine
LEMMINGS ALS DHTML-SPIEL baut!!!!!

(via dogfood)


27.7.2004 7:46 AM CET
Meine erste Challah

JuedischesMuseum

Leider stand beim Foto des Herrn mit Davidstern auf der Badehose kein Name, sondern nur „Hakoah Wasserballmannschaft“.
„Bah“, grantelte ich, „das hätte ich auch selbst gesehen.“
„Weißt du was, dir glaube ich das sogar“, sagte mein Begleiter.
Ist es bedenklich, dass ich die Tante Jolesch von Friedrich Torberg derart gut kenne?

Die einstündige Führung im jüdischen Museum von Wien war sehr fundiert. Die kundige Dame wies auch auf die lebendige jüdische Szene im Zweiten Bezirk hin, und dass es in der Hollandgasse eine jüdische Bäckerei gebe, in der man sich am Freitag die Challah für Sabbath hole.

Freitag war der Tag gleich nach der Führung, also nutzte ich die Gelegenheit herauszufinden, was an einer Challah jetzt bitte so anders sein soll als an meinem Hefezopf. Ergebnis: Anders als mein Hefezopf ist sie Brot und nicht Kuchen. Die Challah aus der Hollandgasse war allerdings für meinen Geschmack ein wenig zu lang im Ofen gewesen.

(Ob die Fußballmannschaft der Hakoah heute wohl in der Champions League spielen würde?)


26.7.2004 11:57 AM CET
Abgelenkt

Die dicke alte Frau in einem edlen roten Leinenkleid torkelt mit schweren Schritten am Straßencafé vorbei. Besorgt blicke ich von meiner Zeitungslektüre auf - und schmunzle über den Grund des Torkelns: Die Dame fixiert über eine Lesebrille hinweg das Mobiltelefon in ihrer Hand, sucht hochkonzentriert nach einer Taste. Als sie die Taste gefunden hat, führt sie das Handy ans Ohr und geht zügig und völlig torkelfrei weiter.


25.7.2004 9:22 PM CET
Don Jesús kocht

Paella

Und so hatte ich heute die Gelegenheit, Fotos für unser Familienrezept "Paella" zu machen.


24.7.2004 8:13 PM CET
Gelernt 2: Der Wiener ist unwiderstehlich

Naglergasse

Auf leutselige oder gar joviale Menschen reagiere ich reflexartig mit Distanzierung (Herrgott, dann bin ich eben deutsch). Wie ich jetzt weiß, gibt es Ausnahmen: Wiener. Die ignorieren meinen Schritt nach hinten einfach und tun so, als hätte ich sie offen angelächelt. Und so kann ich gar nicht anders, als es auch zu tun - sie offen anzulächeln.

Im Café Central (Herrgott, dann bin ich eben Touristin) geht der Herr Klavierspieler, dem eben noch Ernst Fuchs überschwänglich die Hand geschüttelt hat, auf UNS zu, um uns ein wenig über das Gebäude und Peter Altenberg zu erzählen. Fragt nach unserem Woher und Wohin, gibt uns das Gefühl, interessant und willkommen zu sein.

Auf dem Zentralfriedhof (ja eh) sehen wir eine Dame mit einem kleinen Käfig, die aus einer Ruine ganz offensichtlich ein Tier lockt, mit geduldigen und zärtlichen Rufen. Kurz darauf fährt sie in ihrem goldenen Golf an uns vorbei, hält an und steigt aus. Als ich schon befürchte, wir dummen Touris hätten irgendwas angerichtet, erzählt sie aufgebracht, was sie da eigentlich gemacht hat: Vor dem Urlaub setzten zahllose Wiener ihre Katzen einfach auf dem Zentralfriedhof aus. Und SIE müsse sie dann mühevoll wieder einfangen. Wir äußern unser Mitgefühl, schütteln mit ihr den Kopf über diese Unmenschen. Sie zeigt uns noch das eben eingefangene Kätzchen, setzt sich wieder ins Auto und fährt weiter. Ganz offensichtlich musste sie ihre Empörung einfach mit irgend jemandem teilen.

Das ist etwas ganz anderes als die vorsichtige und oberflächliche Konversation mit Fremden, wegen der ich ja die Engländer so schätze, und die meinem Distanz liebenden Naturell eher entgegen kommt. Aber zum Schmelzen brachte mich dann doch diese aktivere und liebevolle Wiener Art.


24.7.2004 11:41 AM CET
Lachen im OP

Ich hätte da ebenfalls eine Klinik-Geschichte mit Gelächter. Bislang hatte ich sie lediglich als eines der Beispiele abgespeichert, wie vorbildlich das deutsche Gesundheitswesen auch für eine Kassenpatientin sein kann. Aber im Grunde geht es hier viel um Lachen.

Am 1. April 1998 stand bei mir eine mittelkleine Operation an, die Vollnarkose erforderte. Schon der Warteraum der Klinik fiel mir angenehm auf: Viele große Fenster machten ihn hell, neben Zeitschriften gab es auch einen kleinen Fernseher zur Ablenkung.

Bereits im grünen Kittel auf der fahrbaren Liege liegend (Mist, wenn es dafür eine korrekte Bezeichnung gibt, kam sie in ER noch nicht vor), wurde ich in den Vorraum des OP geschoben. Dort empfing mich ein älterer Pfleger, stellte sich vor und bat mich, den Kittel abzulegen: „Jetzt gibt’s gleich eine Überraschung.“ Einem Fach in der Wand entnahm er grüne Tücher und breitete sie über mich aus. Die Überraschung: Die Tücher waren angewärmt! In all meiner Nervosität fühlte ich mich schlagartig liebevoll umsorgt. Der Pfleger schob mich vor die Schleuse zum sterilen OP, die aussah wie eine riesige Durchreiche, und wies mich an: „So, und jetzt mit Schwung da rüber.“ Er weidete sich kurz an meinem entgeisterten Blick, bevor er grinste: „Kleiner Aprilscherz.“ Spätestens da war er, der Lacher, auf den pepa baut.

Im OP scherzte ich noch mit einem weiteren Pfleger, der bei der Suche nach einem Zugang für die Infusion murmelte: „Hm, Rollvenen.“ Ich unterstellte ihm, er habe dieses Wort eben erfunden. Woraufhin er mir im Detail erklärte, was eine Rollvene ist. Mit der Anästhesistin plauderte ich über ihren beneidenswerten Arbeitsplatz (der OP hatte riesige Fenster mit einem atemberaubenden Blick auf eine Parkanlage). Und schon war ich ausgeknipst.

Nachdem auch nach dem Aufwachen ständig jemand vom Klinikpersonal bei mir vorbeischaute, sich nach meinem Befinden erkundigte, mir Speisen, Getränke, Schmerzmittel anbot, zog ich ersthaft in Betracht, meinen nächsten Urlaub dort zu buchen.


24.7.2004 10:56 AM CET
Gesundheit

Die Übergänge sind immer das Schwerste.
Hanns Dieter Hüsch

Mariahilf

Gelernt 1: Die Wiener haben eine sehr unkonventionelle Auffassung von Gesundheitspflege, weit jenseits der Schulmedizin.

Und ich bin derart stolz auf Blogsitterin pepa! Kannst Du bloggen oder kannst Du bloggen? Da Du im Handumdrehen die berufensten Blogbauer zu Deinen Fans gemacht hast, steht ja wohl einer Fortsetzung auf eigenem Territorium nichts im Weg.

Vielen, vielen Dank, Verehrteste, ich schicke Dir gerne die Wiener Prügelhitze hinauf in den Norden. Es war mir eine Ehre.

Wir Fans merken uns den 9. August für Deine Rückkehr, dann bist Du dran.


23.7.2004 3:25 PM CET
na dann...

So, meine Zeit als Vorspeisenplatten-Blogsitterin ist vorüber.

Es hat mir großen Spaß gemacht, aushilfsweise hier für Sie servieren zu dürfen, und ich hoffe, mit meinen teilweise etwas bitteren und vielleicht manchmal ein wenig ungelenk formulierten Häppchen keinen vergrault zu haben.
(Und falls ja....
....ihr könnt dann jetzt wieder rauskommen.
Die Frau Kaltmamsell ist bald wieder da und dann geht es hier in gewohnt wundervoll-professionellem Stil und mit reizvollen, spannenden Themen weiter!)

Liebe Kaltmamsell, Dir danke ich ganz herzlich für Dein Vertrauen.
Ich habe mir auch ganz große Mühe gegeben, hier nichts kaputt zu machen.
(Ihr haltet doch dicht, oder? Dass hier zwischendurch alles einmal kursiv erschien, das verrät doch jetzt keiner? Hm??)

Und, ach jaaaah!
(langsam losplärrend)
Alle waren ganz fies und gemein zu mir!

(mit ausgestrecktem Arm und Zeigefinger herumfuchtelnd)
Besonders der...und der....und die da!! Ja, die auch!!

(das Gesicht in den Händen verbergend)
*Huuuähhhh*
*Schnieeeef*

(mit einem Auge durch zwei gespreizte Finger schielend)
Bekommen wir jetzt die Pickel-Story???
Och bitte!!!!

Ein bisschen traurig bin ich jetzt schon, denn besagte Geschichte kann ich erst in über zwei Wochen lesen.
So lange bin ich nämlich ohne Netz (und doppelten Boden) im Urlaub.

Und wenn Ihr mir zum Abschied vielleicht noch etwas Gutes tun möchtet, dann drückt mir doch bitte alle die Daumen, dass sich in den nächsten zwei Wochen ein stabiles Zwischenhoch über Südskandinavien etabliert, ja?
Dankeschön!


(mit tiefer Verbeugung)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, es war mir eine Ehre, bleiben Sie mir gewogen,

(heftig winkend)
ich wünsche Euch allen eine schöne Zeit und grüßt mir die Chefin ganz herzlich,

Eure
pepa
(tritt zur Seite ab)



23.7.2004 10:55 AM CET
analgetisches Lachen

Ich bin ein ausgesprochen fauler Mensch.
Ich suche permanent nach Wegen, mir das Leben zu erleichtern.
Auf diese Art und Weise stieß ich eines Tages auf das präoperative Lachen. Längere Zeit schon war mir aufgefallen, dass ich während der Narkoseführung eine ruhigere Kugel schieben konnte, wenn ich meine Patienten, bevor sie einschliefen, wenigstens einmal zum Lachen gebracht hatte.
Komplikationen waren bei denen, die lachend einschliefen deutlich weniger zu beobachten, als bei solchen, die distanziert oder grimmig waren oder bei jenen, die sich aus Angst erbittert gegen den Schlaf wehrten.
Selbst der Schmerzmittelbedarf nach der Operation schien sich durch dieses, die Angst relativierende, entspannende Lachen, erheblich zu reduzieren.

Dass Schmerzen stimmungsabhängig wahrgenommen werden - ist ein alter Hut.
Auch, dass das Lachen positive physiologische Wirkungen hat - ist bekannt.
Dass man sich aber sogar unter starken Schmerzen vor Lachen fast wegschmeißen kann, DAS habe ich erst geglaubt, nachdem ich es selbst erleben durfte,
und das kam so:

Ich war schwanger.
Viel zu lange schon, der errechnete Geburtstermin war bereits überschritten.
Aber meine Tochter, ganz ähnlich wie ihr fauler Bruder knapp drei Jahre davor, dachte gar nicht daran, sich gebären zu lassen.

Ich hatte die Schnauze gestrichen voll.
Bei aller demonstrativ-weihevollen Mütterlichkeit:
Es macht irgendwann einfach keinen Spaß mehr, nur noch wie eine Mischung aus übergewichtiger Ente und schnaufendem Walroß durch die Landschaft zu watscheln und mit dem Bauch an jeder Ecke anzustoßen. Außerdem hatte ich seit Wochen - ach was, seit Monaten!, meine eigenen Füße nicht mehr gesehen.
Um die Geburt in Gang zu bringen, versuchte ich alles Mögliche - bis hin zum Trampolinspringen .
Nichts – das Kind in meinem Bauch strampelte zwar wie ein Berserker, aber eine Wehe ließ sich beim besten Willen nicht auslösen, nicht einmal eine kleine.
(Jetzt im Nachhinein und wenn ich mir meine Tochter so ansehe, dann sollte dieses Strampeln vermutlich am ehesten so etwas wie „weitermachen!“ oder „nochmaaaal!“ bedeuten...)

Eines Nachts, schon weit in der 41.Schwangerschaftswoche, wurde ich von einem Ziehen in meiner monströsen Plauze geweckt.

Juhuu, es geht los!
Zur allgemeine Freude der Hebammen erreichte ich nachts um fünf den Kreißsaal.....

.....um kurz darauf , um halb sechs, wieder auf der Straße zu stehen.
Falscher Alarm, keine Wehen - und das mir, der erfahrenen Fachfrau – mein Gott, war das peinlich.

Von diesem Moment an, muss ich wohl die Geburt gedanklich abgeschrieben haben – was soll’s, bleibe ich halt bis an mein Lebensende hochschwanger, man kann sich schließlich an Vieles gewöhnen.

Drei Tage später und keine Wehe weiter, sollten wir am Nachmittag Besuch von einer lieben alten Freundin bekommen, die wir schon lange nicht mehr gesehen hatten.
Ich hatte mich mittags ein wenig hingelegt, denn schwanger sein macht müde.
Mein Partner war aufgebrochen, um die Freundin vom Bahnhof abzuholen.
Kurz nachdem er gegangen war, bemerkte ich ein Ziehen im Bauch.
Zehn Minuten später war da wieder ein Ziehen, ein wenig heftiger, aber so etwas kann ja mal vorkommen, nicht wahr?
Auch als ich unseren Besuch bereits heftig schnaufend und vor dem Sofa kniend begrüßen musste, dachte ich mir nichts weiter dabei. Warum soll man nicht auch mal vor einem Sofa kniend Tee trinken und gemütlich plauschen können?

Obwohl der Tee schmackhaft und die Unterhaltung interessant war, hielt ich es komischerweise irgendwann nicht mehr vor dem Sofa aus.
Ich verzog mich ins Badezimmer – ein warmes Bad hatte bis jetzt noch jeden Wehenanflug zum Erliegen gebracht.
In der Wanne hielt ich es dann aber auch bald nur noch aus, indem ich, wie ich es aus dem Geburtsvorbereitungskurs vor drei Jahren erinnerte, tief ein- und sehr, sehr laut (auf „L“!) wieder ausatmete.
Meine Freundin, die mit diesen Lautäußerungen nicht anzufangen wusste, fragte meinen Partner daraufhin besorgt, ob eines unseren Elektrogeräte defekt wäre.
Irgendwann war aber auch der Nutzen dieser Strategie erschöpft. Ich musste mir eingestehen, dass das, was mich da gerade mächtig beutelte, eindeutig Geburtswehen waren.

Man gebiert aber nicht so einfach, wenn man Besuch hat!
Das ist extrem unhöflich!
So etwas macht man nicht, nein!

Nach einer ganzen Weile und fünf Wehen weiter, schlich ich zerknirscht ins Wohnzimmer, um mit leisem Stimmchen zuzugeben, dass ich alte spaßbremsende Spielverderberin, das Gespräch unterbrechen und bitte umgehend in die Klinik gebracht werden möchte.
Eigenartigerweise hatte keiner der Anwesenden etwas dagegen einzuwenden.
Der Weg zum Auto war dann auch schon nicht mehr ganz so easy. Die Wehen rollten jetzt schon im Abstand von etwas drei Minuten über mich hinweg.
Als wir endlich im Auto saßen, kamen wir gerade einmal zwei Straßen weiter.

Stau!

(Mein damaliger Partner und heutiger Ex-Ehemann fluchte schon immer gern beim Autofahren. Aus Rücksicht auf unseren Sohn, hatte er aber Fäkal- und sonstige unflätige Flüche zugunsten weniger anstößiger abgelegt.
Seine Autofahrerstandarbeschimpfung lautete zu dieser Zeit:
„Nun fahr doch, du PFLAUME!“)

Wir standen und standen, ich wehte und wehte und mein Sohn wurde in seinem Kindersitz von Minute zu Minute nervöser.
Irgendwann hielt er es nicht mehr aus und ich hörte ihn von hinten rufen:

„Nun fahr doch.......nun fahr doch du.......du......“

An dieser Stelle fiel ihm vor Aufregung leider nicht das passende Steinobst ein.
Und anstatt „Pflaume“, brach es plötzlich aus ihm heraus:

...du KIRSCHE!“

Sein Ausruf fiel bei mir mit einen, mittlerweile kaum mehr auszuhaltenden Wehenhöhepunkt zusammen.
Trotzdem musste ich lachen....lachen.... und lachen!
Mit den Fingern verkrallte ich mich im Deckel des Handschuhfachs, konnte aber trotz heftiger Schmerzen einfach nicht aufhören, mich vor Lachen schier auszuschütten.

Von da an veränderte sich meine Schmerzwahrnehmung.
Der Schmerz war zwar weiterhin mit voller Wucht vorhanden, gleichzeitig war er wie weggerückt, entfernter, nicht mehr so nah, nicht mehr direkt zu mir gehörend, leichter zu ertragen.

So angegackert kam ich in der Klinik an.
Hier musste ich vor Schmerzen auf allen Vieren zum Fahrstuhl kriechen, in dem aber der nächste Lachkrampf schon auf mich wartete.
Nachdem ich mich ächzend, mit den Händen an den Fahrstuhlwänden hochhangelnd, wieder in eine einigermaßen aufrechte Position gebracht hatte, stieg ein alter Herr hinzu.
Er musterte mich, während ich lautstark die nächste Wehe veratmete, von oben bis unten:

„Na junge Frau, jetzt geht es aber bald los, was?“

Bald??
LOSgehen???
Die Geburt war sowas von im Gange und da sprach er von „bald“ und „losgehen“?

Das Lachen katapultierte mich bis fast vor die Kreißsaaltür.
Im Kreißsaal selbst habe ich, nach einem sehr, sehr kurzen Auftritt im Vorwehenraum, nur noch etwa zehn Minuten verbracht, dann lag auch schon meine lautstark nach Futter krakeelende Tochter auf meinem Bauch.

Ja, genau so war das.
Und seitdem versuche ich jeden meiner Patienten wenigstens ein bisschen zum Lächeln zu bringen.
Schließlich weiß ich, wie gut das tun kann - auch in den absonderlichsten Situationen.

Mehr zum Thema Humor und Therapie hier, hier und dort.
Und mit einer tiefen Verbeugung meinerseits und begeistertem Applaus: HIER!



22.7.2004 11:36 PM CET
Hausbesuche [3]

Sie sitzt auf dem bräunlich gemusterten, wuchtigen Sofa im Wohnzimmer ihrer ein wenig altmodisch eingerichteten Wohnung. Gelsenkirchener Barock, aber unaufdringlich,
kein Kitsch, alles ganz ordentlich, sauber und gepflegt und das, obwohl sie eine so alte Dame ist, weit über achtzig.
Auch sie selbst ist sehr gepflegt, mit der frischen Dauerwelle in ihrem weißen, feinen Haar und in ihrem adretten, zartrosafarbenen Nachthemd mit den kleinen Streublümchen.
An den Füssen trägt sie dicke wollene Hausschuhe, dabei ist es hier doch so warm, mindestens 25 Grad, eher mehr.

Heute morgen hätte sie so schlimme Herzschmerzen gehabt und dann hätte sie ihn angerufen, damit er Hilfe holen kann, sagte der alte Herr, der sich jetzt nicht mehr in die Wohnung traut, lieber an der Eingangstür stehen bleibt.

Nun muss ich sie erst einmal eingehend untersuchen – vorsichtig zwar, aber gründlich.

Auf dem Esstisch steht ein kleines Gesteck aus künstlichen Blumen, ganz genau in der Mitte der kleinen weißen Decke mit Lochstickerei, die ihrerseits auf dem großen geblümten Tischtuch liegt. So exakt, so ordentlich, so staubfrei.
Es ist besser, das Tischtuch ein wenig zur Seite zu schlagen, wenn man an diesem Tisch schreiben will – es sind viele Formulare, die hier ausgefüllt werden müssen. Durchschreibsätze, da ist es besser, man hat einen festen Untergrund.
Und wenn man dann an diesem Tisch, ihr schräg gegenüber sitzt und schreibt und sie immer wieder ansieht, während man die Zeilen des Formulars ausfüllt, dann kann man sich gut vorstellen, was ihr heute morgen hier passiert sein könnte.

Aber war nicht vielleicht doch alles ganz anders?

Warum habe ich nur ein so merkwürdiges Gefühl dabei?
Warum komme ich mir vor, wie eine Verräterin und meine gleichzeitig, ich wäre es ihr schuldig?
Ich muss doch nur ein Kreuz machen, auf diesem Formular; dort, wo steht:

Todesursache ungewiss.


22.7.2004 7:50 PM CET
...mit dem Papst eine Herrenbutike in Wuppertal

Hallo!
Guten Mooorgen!!!
Herr Krawuttke*!!!! Die Operation ist fertig, Sie dürfen jetzt wieder wach werden.
...
Herr Krawuttke? Hören Sie mich???
*grummel*
Wissen Sie wo Sie sind, Herr Krawuttke?
Jaaadoch!
Sie sind hier im Operationssaal, alles ist gut verlaufen, Sie dürfen jetzt die Augen wieder aufmachen!
Herr Krawuttke? Kommen Sie, schauen Sie mich mal an, ja?
Neee, will weiterschlafn!
Herr Krawuttke, nur einmal die Augen aufmachen, und dann bringe ich Sie in den Aufwachraum, da können Sie dann noch ein bisschen weiterschlafen, okay?
Neiiinn!!
Herr Krawuttke?
HaltenSe doch endlich die Klappe!
Herr Krawuttkeeee!!
Halloooo!!!
Nun werden Sie mal wach! Kommen Sie mal zurück, zu uns - hier in den Raum!
Menschenskinda! Neeee!! Nu seinSe doch ma ruhich!
Herr Krawuttke? Haben Sie gerade etwas geträumt???
Sie sind jemein!
Sie sind gerade operiert worden, alles ist gut verlaufen, Sie liegen noch auf dem Operationsti...
Mensch –ick hab die jenau jesehn und denn kommen Sie an und wecken mich einfach uff, Sie...
Herr Krawuttke, WAS haben Sie gesehen?
(Herr Krawuttke reißt ärgerlich die Augen auf und starrt mich wütend an.)


Na WATT schon? Die LOTTOZAHLEN VONNE NÄCHSTE WOCHE!!


(*Name von der Redaktion geändert!! Klar doch!)


21.7.2004 11:07 PM CET
Synchronizität?

Früher musste ich ihretwegen in gebeugter Haltung und mit vorn auf dem Boden schleifendem Kittel durch die Klinikflure schleichen.
Ich liebe sie trotzdem:
Checklisten und Kitteltaschenbücher sind immer noch meine Begleiter.
Manchmal nehme ich, um zu sehen, ob ich noch einigermaßen fit bin, eines von ihnen zur Hand und schlage es an einer beliebigen Stelle auf.

Gibt es Zeiten, in denen manche Themen einfach in der Luft liegen? Oder warum bin ich gerade heute ausgerechnet beim Thema "Geburt im Rettungswagen" gelandet? Schrieb denn er nicht erst kürzlich etwas darüber?
Im Leifaden Rettungsdienst, von Lutomsky und Flake, sind alle Maßnahmen noch einmal ausführlich beschrieben:
Vom Wehen verhecheln lassen über die korrekte Durchführung des Dammschutzes bis hin zum „Durchscheiden“ des Köpfchens und der „Entwicklung“ der Schultern.
Und dann, nach all diesen fachlich-medizinischen Ausführungen, steht da plötzlich, markiert durch ein kleines rotes Ausrufezeichen am Rand:

Gratulieren nicht vergessen!

Wie gesagt, ich liebe Kitteltaschenbücher!



21.7.2004 6:55 PM CET
Jungdynamiker

Lieber verehrter Herr Kollege,


dass Sie es vorhin nicht für nötig hielten, die von mir per Rettungswagen überbrachte Patientin zu begrüßen, könnte ich gegebenenfalls entschuldigen.Vielleicht blieb Ihnen in Ihrer Kindheit das Erlernen einiger Basisbegriffe des höflichen, mitmenschlichen Umgangs verwehrt.
Ähnlich verhält es sich mit dem Umstand, dass Sie sich bei der alten Dame nicht vorstellten, aber auch das wäre ich bereit, Ihnen zu verzeihen.

Dass Sie aber der, sich vor Schmerzen windenden Frau ohne Vorwarnung Ihre Hand in das hochempfindliche Abdomen, in dem sich mit einiger Sicherheit die Perforation eines der Verdauungsorgane samt Bauchfellentzündung verbarg, rammen mussten - mit Verlaub,
DAS finde ich ein wenig UN-SEN-SIBEL.

Aber wenn Sie es noch einmal wagen, in Gegenwart eines ohnehin vor Todesangst schlotternden Patienten, eine vermutlich falsche, dafür aber umso infaustere Diagnose in die Gegend zu posaunen,

DANN TRETE ICH IHNEN PERSÖNLICH GEGEN DAS SCHIENBEIN!

UND ZWAR MIT ANLAUF!


Mit freundlichen kollegialen Grüßen,

pepa


21.7.2004 7:24 AM CET
unbekannte Lebensformen?

Kennen Sie das?

Sie werden am frühen Morgen von einem undefinierbaren Geräusch geweckt.
Ein verschlafener Blick auf den Wecker verrät Ihnen, dass Sie eigentlich noch eine gute halbe Stunde im Land der Träume bleiben könnten.
Da Sie nun aber schon einmal wach sind, beschließen Sie, sich auf den Weg ins Bad zu machen.
Als Sie müde und mit noch halb geschlossenen Augen die Tür Ihres Schlafzimmers öffnen, werden Sie augenblicklich über den Haufen gefahren.

Das Wesen, das Sie soeben zu Fall gebracht hat, ruft Ihnen ein fröhliches: „Macht nix!“ zu,
und Sie sehen gerade noch, wie es auf einem Einrad in Richtung Küche um die Flurecke schlingert.

Nun sagen Sie mal ehrlich - ist das noch normal?
Oder ist hier bei mir gerade eine Delegation Außerirdischer gelandet?


20.7.2004 9:45 PM CET
Hausbesuche [2]

Hausbesuche zu machen, ist wie das Aufspringen auf einen fahrenden Zug.

Man rennt zunächst ein wenig nebenher, hält sich am Handgriff neben der Tür fest und springt dann auf das Trittbrett, um sich möglichst schnell in den Wagon zu hangeln.
Man läuft durch den Zug, schaut hier und da aus dem Fenster und inspiziert die Abteile. Manchmal besonders den Speisewagen, ein anderes Mal ganz genau den Schlafwagen oder die sanitären Anlagen.
Man läuft nach vorn zum Lokomotivführer und lässt sich von ihm die technischen Daten des Zuges erklären, holt mehrere Prüfgeräte aus der großen Werkzeugtasche und misst den einen oder anderen Wert.

Dann schaut man zusammen mit dem Lokführer, wohin der Zug überhaupt fährt und vor allem, wohin er fahren soll.

Manchmal muss man ein Instrument reparieren helfen, manchmal eine Achse ausbessern. Ein anderes Mal versucht man schnell eine Weiche zu stellen oder auch nur die Gleise frei zu räumen. Es gibt Fälle, in denen muss man lediglich die Frontscheibe ein wenig putzen. In anderen wiederum sieht man sich gezwungen, den Zug anzuhalten und ihn auf ein anderes Gleis zu heben, was meist sehr schwer, manchmal sogar unmöglich ist.
Und dann gibt es noch die Fälle, in denen man nichts von all dem machen kann. In denen man nur noch eine gute Reise wünscht, obwohl, oder gerade weil man weiß, dass der Zug unwiederbringlich auf den Abgrund zurast.

In jedem Falle sollte man irgendwann wieder abspringen.
Dabei muss man sehr aufpassen, nicht irgendwo hängen zu bleiben, denn
sich mitreißen zu lassen, das kann sehr schmerzhaft sein.


20.7.2004 3:16 PM CET
Olympische Disziplinen, die gerade noch gefehlt haben

Neue Kupplung -> neuen Sportart:

carjumping


19.7.2004 10:55 PM CET
Hausbesuche [1]

"Der französische Neurologe Francois Lhermitte geht in dieser Hinsicht besonders sensibel vor. Statt seine Patienten nur in der Klinik zu beobachten, sucht er sie zu Hause auf, geht mit ihnen in Restaurants oder Theater, macht mit ihnen Ausflüge im Auto und nimmt so weit wie möglich an ihrem Leben teil. (Ähnlich verhält oder verhielt es sich mit den Hausärzten. Als sich mein Vater auch als Neunzigjähriger noch nicht mit dem Gedanken anfreunden konnte, sich aus dem Berufsleben zurückzuziehen, sagten wir ihm: „Gib wenigstens die Hausbesuche auf“, aber er antwortete:„Nein, ich behalte die Hausbesuche bei und gebe dafür alles andere auf.“)"

aus:Oliver Sacks, Eine Anthropologin auf dem Mars - sieben paradoxe Geschichten





19.7.2004 8:22 AM CET
Mariella

„Ach übrigens, morgen kommt Mariella zum Spielen.“

Wenn meine Kinder Freunde einladen, dann stellen sie mich meist vor vollendete Tatsachen.

„Und damit Du’s gleich weißt:
Mariella darf keine Schokolade essen!“

Auf meine Frage, ob Mariella denn allergisch gegen Schokolade sei, oder vielleicht Diabetikerin, schüttelte meine Tochter energisch den Kopf.

„Nein nein, keins von beiden! Ihre Mutter sagt nur immer, dass sie von Schokolade zu fett wird.“

Meine Tochter weiß, was eine Allergie und auch, was ein Diabetes ist.
Eine ihrer besten Freundinnen muss Insulin spritzen und viele ihrer Kumpels sind Allergiker.
Dennoch konnte ich die Antwort nicht so recht glauben, denn ich hatte Mariella schon einmal gesehen (was bei den von meinen Kindern angeschleppten Kumpels nicht immer der Fall sein muss).
Sie war ein zartes, fast schon untergewichtiges Geschöpf, in gepflegten, vollkommen fleckenlosen, mädchenhaften und offensichtlich sehr teuren Kleidchen.
Ihre Körperhaltung verriet, dass sie vermutlich schon seit einiger Zeit Ballettunterricht hatte.
Als sie von ihrer Mutter zu uns gebracht wurde, fragte ich diese, ob es etwas gäbe, was das Kind nicht essen dürfte.

„Süßigkeiten!“,

die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
Auf meine vorsichtige Nachfrage, warum sie die denn nicht essen dürfe, kam tatsächlich, ich konnte es kaum glauben:

„Die machen dick!“

Diesem kleinen spindeldürren Geschöpf, mit seinen erbarmungswürdigen Streichholzärmchen und – beinchen wurde wirklich der Genuss von Schokolade, Keksen und Gummibärchen verwehrt, weil es sonst Gefahr lief, augenblicklich zu dick zu werden?
Als ich den herausfordernden Blick der Mutter sah, beschloss ich, doch lieber die Klappe zu halten.
Die Mutter ging, die Kinder spielten und irgendwann war es Zeit, etwas zu essen.
Während sich meine beiden Kids die Teller mit Spaghetti und Tomatensoße voll häuften, nahm Mariella von allem nur ganz wenig, was sie dann aber brav, gesittet und stocksteif auf der vorderen Stuhlkante sitzend aufaß.
Dabei achtete sie sehr genau darauf, nur ja nicht zu kleckern, so dass sie sehr lange an ihrer Portion mümmelte.
Meine Tochter, die sie, während sie selbst ihre Nudeln in sich hineinschaufelte, die ganz Zeit beobachtet hatte, sah mich mit ihrem „Bitte-sag-jetzt-nichts-Blick“ eindringlich an, schmiss Gabel und Löffel beiseite und griff mit der ganzen Hand beherzt in Spaghetti und Tomatensoße.

„Wir essen manchmal mit den Fingern!“
(Und damit hier keine Missverständnisse aufkommen – die Betonung liegt auf manchmal.)

Ihr Bruder zog sofort mit .Kleckern und Rumsauen ist schließlich sein Metier.
Mariella war irritiert. Ich gab ihr ausdrücklich die Erlaubnis, es den anderen nachzumachen.
Sie schaute mich weiterhin ängstlich an.
Erst als auch ich mein Besteck zur Seite legte, um ebenfalls mit den Pfoten weiter zu dinieren, traute sie sich, sehr zögernd, mit ihren winzigen Fingerchen das Essen zu berühren.

Von diesem Moment an veränderte sich das Kind.
Es war, als ob mit jedem Bissen ein wenig mehr Leben in Mariella kam.
Zuerst entspannte sich ihre Haltung, dann, ganz langsam, auch ihr Gesicht.
Nachdem sie ihre Puppenportion aufgegessen hatte, schaufelte sie sich noch einmal einen ordentlichen Berg Spaghetti auf ihren Teller – Soße wollte sie keine mehr.
Sie hatte Angst, sich zu bekleckern.
Dann aß sie eine geschlagene Stunde (die beiden anderen spielten längst schon wieder) so strahlend und mit einem derartigen Genuss, dass ich ihr einfach zusehen musste.
Zum Schluss stieg sie triumphierend auf den Stuhl, nahm immer wieder eine Nudel in die Hand, um sie dann mit einem wohligen Seufzer vom ganz nach oben gereckten Arm in den Mund flutschen zu lassen.
Zwischendurch schaute sie mich immer wieder fragend an.
Nicht nur, als müsse sie sich rückversichern, dass sie das hier auch wirklich dürfe, sondern auch ein wenig so, als wolle sie sehen, ob ich auch wahrnehme, wie gut es ihr gerade geht und ob ich sie auch weiterhin aufmunternd anlächle.
(Was ich ganz automatisch tat – ihre Freude war so groß, jeder hätte gelächelt!)

Als sie endlich vom Stuhl geklettert und sich wieder hingesetzt hatte, strahlte sie immer noch.
Nicht mehr so freudig-aufgeregt wie gerade eben noch, sondern zufrieden und ruhig, eben...

...“So, jetzt bin ich satt.“

Und irgendwie hatte ich den Eindruck , dass sie das zum ersten Mal wirklich war,

satt!

Dann fiel ihr ein : “Wenn das Mama wüsste!”

Meine Tochter erzählte mir erst Wochen später, sie habe sie damals nur eingeladen, weil sie ihr leid tat. Es wollte keiner mehr mit ihr spielen, weil sie sich, wie sie selbst sagte, aus Angst vor irgendwelchen Bakterien, ständig die Hände wusch.

Sie war zu diesem Zeitpunkt erst sieben Jahre alt.


Leider habe ich dieses Kind, das in der Realität nicht Mariella heißt, aus den Augen verloren. Sie lebt jetzt in einer anderen Stadt, wo sie angeblich eine elitäre Privatschule besuchen soll.


18.7.2004 11:41 AM CET
Senium trainiert für Olympia

Also eigentlich bin ich ja ein toleranter Mensch.
Nein wirklich!
Ich mache vieles mit, echt wahr.
Und dass heute morgen auf meiner sonntäglichen Laufrunde ein Pferd neben mir her joggte, das finde ich eigentlich auch gar nicht so schlimm...
...gewöhnungsbedürftig vielleicht, aber nicht schlimm, nein!

(langsam crescendierend)
Aber dass auf diesem Pferd ein Kind thront, und dieses Kind sich dann auch noch berufen fühlt, mit huldvollem Blick altklug-hämische Kommentare bezüglich meines Trainingszustands auf mich niederprasseln zu lassen...

(ff)
...sagen Sie selbst...

(fff)
...DAS GEHT DOCH EINDEUTIG ZU WEIT!

(subito piano)
Geht es doch... oder nicht?


17.7.2004 5:17 PM CET
Blogsitting

Liebe Kaltmamsell,

es ist mir eine große, eine außerordentliche, nein, eine GIGANTISCHE Ehre, hier bei Dir die Urlaubsvertretung übernehmen zu dürfen.


Urlaubsvertretungen habe ich schon häufig gemacht, also Praxisvertretungen.
Da ist es mir dann auch schon mal passiert, dass ich in eine Praxis kam, in der ich mit Geräten konfrontiert war, die ich im ganzen Leben noch nie gesehen, geschweige denn bedient hatte.
Nur gab es da immer Parameter, die ich kannte.
Parameter, die sich nicht ändern, egal wie das Untersuchungszimmer aussieht.
Patienten bleiben Patienten und Anatomie, Physiologie und Pathologie sind auch recht verlässlich.

DAS hier ist ist irgendwie GANZ anders.
Hier sind mir nicht nur die Geräte fremd, nein: SO etwas habe ich noch NIE gemacht!


Und deshalb fühle ich mich ein wenig wie die 13-jährige Babysitterin, die eine Windel bisher nur von weitem gesehen hat...
...auch ein bisschen so wie jemand, der in der Urlaubszeit eine wunderbare, schön eingerichtete Wohnung hüten darf und der jetzt Angst hat, ein Glas zu zerbrechen, oder den Kirschsaft auf dem Teppich zu verschütten...
...und dann dieses Lampenfieber!
(((Glauben Sie mir, ein solches Lampenfieber hatte ich nicht mehr, seit ich auf der Bühne der Schul-Aula versuchte ein Gedicht aufzusagen, mit schlotternden Knien und zittrigem Stimmchen, herrje!)))


(tritt an die Rampe)
Verehrtes Publikum,

ich freue mich darauf, Sie in der nächsten Woche hier unterhalten zu dürfen.
Und auch wenn ich nicht weiß, wie mir das gelingen wird - eines kann ich Ihnen versichern:
Ich werde versuchen, mein Bestes zu geben.

Ihre blogsittende Vorspeisenplatten-Aushilfsserviererin
(verbeugt sich tief)


Und Dir liebe Kaltmamsell wünsche ich einen schönen Urlaub...komm nur ja gesund wieder...ich werde mich anständig benehmen...versprochen!
Und den Schlüssel, den lege ich dann nachher unter die Fußmatte, ja, okay?
Hach ist das alles AUFREGEND!


17.7.2004 8:04 AM CET
Tapetenwechsel

HBF_1

Nachdem ich mich in den letzten beiden Texten als recht kalte und gehässige Person entlarvt habe (was ich auch in Echt bin), jetzt mal eine Woche Tapetenwechsel.

Ich bin verreist und überlasse die Vorspeisenplatte einer Gastbloggerin, die ihre Geschichten bislang in Blog-Kommentaren versteckt hat. Begrüßen Sie
die wunderbare,
die einmalige,
die bezaubernde
pepa!!!!!

Wo ich dunkelhaarig bin, ist sie blond. Wo ich Literatur studiert habe, macht sie Medizin. Wo ich dick bin, ist sie zierlich.Wo ich Kinder meide, liebt sie Kinder und hat zwei.

Sein’S mer fei nett zu der Dame, sonst poste ich nach meiner Rückkehr den ausführlichen Text über die verschiedenen Sorten Pickel, die ich seit meinem dreizehnten Lebensjahr an mir beobachtet habe.


16.7.2004 5:42 PM CET
Kindermund

Es war kurz vor meinem achten Geburtstag. Die Familie Kaltmamsell befand sich auf dem Rückweg von einem sechswöchigen Spanienurlaub und machte in einer französischen Autobahn-Raststätte Halt. Mein Blick fiel auf meinen gut einjährigen kleinen Bruder. Er stand mit angewiderter Mine vor mir, die Windeln so vollgeschissen, dass sich deutlich braune Ränder an seiner Hose bildeten. Und ich hub an, überliefert zu sprechen:
„Also, ICH will mal keine Kinder haben.“
Eben.


16.7.2004 8:33 AM CET
Dritttantentum

So, dann werde ich also zum dritten Mal Tante, mein kleiner Bruder gab gestern telefonisch eine weitere Schwangerschaft durch. Zumindest habe ich das über der Geräuschkulisse der beiden fröhlich lärmenden Erstsöhne (ein Jahr und drei Jahre alt) so verstanden.

Ich hoffe, dass meine aktive Tantenschaft diesmal noch weniger eingefordert wird. Beim Erstneffen insistierte mein Bruder noch ziemlich auf Bonding, beim zweiten konnte ich mich der Patenschaft grade noch entziehen (ungläubig UND keiner Kirche angehörend) und wurde dann recht wenig behelligt. Es gibt genug sonstige Verwandtschaft, die alle nützlichen Posten im Kinderdasein besetzt, meine Abwesenheit fällt da wirklich nicht auf.

Denn ich kann mit Kindern auch weiterhin nichts anfangen. Dass Eltern ungemein davon gerührt sind, dass ihr Zweieinhalbjähriger dasselbe Pixie-Buch nicht oft genug vorgelesen bekommen kann - fein, akzeptiert. Nur dass ICH mich bereits langweile, wenn ich es zum dritten Mal vorlesen muss. Dass mein Erstneffe meine blöd gemeinten Sitcom-Zitate nachplappert - ja, irgendwo putzig, so funktioniert halt Spracherwerb. Nur dass mir durch sein Imitation klar wird, wie bescheuert sie sind, diese Zitate. Und schon sehe ich mich gezwungen, in seiner Gegenwart nur noch druckreif zu sprechen.

Dass der Zweitneffe buchstäblich nicht vom Hosenbein seiner Mutter wegzukriegen ist, macht ihn halt für mich zu einem eher uninteressanten Menschen. So blondgelockt und sonnenscheinig kann niemand sein, dass ich ihn durch ausgeklügelte Tricks von seinem Lieblingsplatz weg und zu mir locke. Irgendwann wird er alt genug sein, dass wir feststellen können, ob wir uns mögen.

Aus zweiter Hand sind mir Kindergeschichten die liebsten: Wenn sie mir - in Abwesenheit der Hauptpersonen - erzählt werden.

Ziemlich schwer tue ich mir mit der Zusatzinformation zur Schwangerschaftsnachricht: "Das war eigentlich nicht geplant." Braucht der Mensch ab einem bestimmten Alter einen Auffrischungskurs in Verhütung? So wie bei Erster Hilfe?


15.7.2004 3:03 PM CET
Was nu aber auch wirklich echt ehrlich mal Zeit wurde

Preiszeitungen 2004.

Aber ich seh's schon kommen: Da hängen sich ja dann doch bloß wieder all diese Jugendlichen rein und nominieren blockweise ihre Schülerzeitungen.


14.7.2004 11:16 AM CET
Old Economy ist...

... wenn ein Pensionist eigens zur Fabrik fährt, um vom Pförtnerhäuschen aus im Werk herumzutelefonieren, bis er jemanden gefunden hat (mich), der ihm sagen kann, wann die Branchenmesse in Hamburg dieses Jahr stattfindet.

(War natürlich nur ein Vorwand. Er wollte sich als Autor für die Mitarbeiterzeitung andienen.
Und in der nächsten Folge schreibe ich dann über die Witwen ehemaliger Mitarbeiter, die empört bei mir anrufen, wenn sie aus dem Verteiler der Mitarbeiterzeitung fliegen.)


14.7.2004 11:14 AM CET
Antike Perry-Mason-Cover

Diary

Tatjana Gsell?


13.7.2004 11:25 AM CET
Wirtschaftsfrust

Heute auf der 3 der SZ den Artikel über private Käufer gelesen? „Geizrepublik Deutschland“? Auch so frustriert gewesen? Ich will einfach nicht glauben, dass ich zu einer Minderheit gehöre, wenn ich hier eine direkte Verbindung zum Streben nach längeren Arbeitszeiten sehe.

Die Quintessenz: Der Preis ist bei vertretbarer Qualität das stärkste Verkaufsargument für deutsche Konsumenten. Auch wenn es in dem SZ-Artikel in erster Linie um das Verschwinden von kleinen Geschäften ging - diese Kaufhaltung bedeutet, dass sich nur die billisten Produkte auf dem Markt halten können. Damit sie für den Hersteller Profit abwerfen können, müssen sie billiger produziert als verkauft werden. Bei den meisten Produkten ist der größte Anteil der Herstellungskosten der Preis der Arbeit, bei Dienstleistungen fast ganz. Damit ein deutsches Unternehmen Profit abwerfen kann, müssen die Arbeitskosten runter, also die Löhne. Das wird derzeit durch eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit bei gleicher Bezahlung angestrebt - ergibt nämlich sinkende Stückkosten.

Und bitteschön bei „Unternehmensprofit“ nicht an den großkapitalistischen Fabrikbesitzer denken, mit Stresemann, Melone und Zigarre. Statt dessen an Aktionäre, die eine Gegenleistung für das viele Geld sehen wollen, das sie ins Unternehmen gesteckt haben. Hier bitteschön erst mal den Kleinaktionär einsetzen, für den das selbstverständlich ist; schließlich hat er durch Aktienkauf „Geld angelegt“, er will also mehr zurück, als er gezahlt hat. Das geht nur durch Unternehmensgewinn. Genau so kalkulieren auch Großaktionäre.

Doch warum sollte jemand mehr als den geringst möglichen Preis für ein Produkt zahlen wollen? Wir erinnern uns: „Ich bin doch nicht blöd!“ Für sein Geld will jeder möglichst viel haben. Am deutlichsten sind die Auswirkungen bei Lebensmitteln: Möglichst billiges Fleisch geht nur bei grausamer Massentierhaltung, möglichst billiges Gemüse nur durch Monokultur und durch die Ausbeutung illegaler Einwanderer.

Auch das möglichst beste Handy muss möglichst billig sein. Wie kann sich da jemand über die aktuellen Veränderungen im Siemens-Konzern wundern? Erst vergangenen Sonntag musste ich mir das Lamento eines alten IG-Metallers anhören - der selbst Siemens-Aktien besitzt und selbstverständlich eine jährliche Rendite dafür sehen möchte.

Die faule Stelle ganz unten, auf die all diese Missstände zurückzuführen sind, ist: Für sein Geld will jeder möglichst viel haben. Oder einfach: Jeder will möglichst viel haben. Und mein Frust resultiert aus der Gewissheit, dass das ein unveränderliches Charakertistikum der menschlichen Art ist.


13.7.2004 7:40 AM CET
SPAM poetry

Betreff: conservatism

aforementioned cervantes dearie vanadium handy retrovision eigenfunction w=
innow reinforce tying benefit burtt sleet daphne leverage algorithmic=20 m=
usk orbit allay lability brigantine geographer pumpkinseed denominate seam=
henry oxygen replica haines commissariat accusatory astound repressive sa=
ndal circumference alps trapezoidal legitimate hiawatha disseminate jacobs=
pastor lusaka congenial innkeeper arsine molten dnieper condemnatory=20ch=
loride norway fairy aristocrat forrest adultery drove distal fedora huge c=
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te lymphoma frictional onlooker accreditation adirondack clement decease b=
udweiser checksumming implore ductwork=20 slide vile bronchus climate adve=
nture enormous electret rebuttal backdrop balled nimh codfish parkland cha=
ritable perturbate bangor psi aspirin atrophy implicit wattle integral per=
spective proclaim baccalaureate fredericks incurring amanuensis=20

Da ich sicher bin, dass es dem Absender nicht nur darum geht, mich zum Schmunzeln zu bringen, frage ich mich nach dem Zweck dieses SPAM-Texts. Hilft er einfach nur, durch SPAM-Filter zu kommen? Was er tatsächlich geschafft hat. Kommt nach "Kauf unseren SPAM-Filter"-SPAM eine Welle von Meta-SPAM?


12.7.2004 10:21 AM CET
Danke, gut

Heute bei Else Buschheuer:

eine liste gemacht mit allen sachen, die ich machen wuerde, wenn ich wuesste, dass ich in zwei monaten tot bin. aber garantiert tot.

Und sie stellt fest, dass da erst lange gar nichts stand. Ich glaube, darüber hat sie sich gefreut.

Oh, bei mir würde sowas von gar nichts stehen. Denn dann wäre ich ja endlich befreit von dem Zwang, was zu machen. Solange ich weiß, dass ich - unter Berücksichtigung der enormen Lebenserwartung in meiner Familie - noch gut 50 Jahre Leben rumbringen muss, muss ich mir ja ständig was Neues einfallen lassen. Glücklicherweise interessieren mich viele Dinge, außerdem lese ich sehr gerne und liebe Geschichten; mir fällt also immer etwas ein. Aber wenn ich ganz sicher wüsste, dass es in zwei Monaten vorbei ist, wäre ich schlagartig entspannt. Und könnte ganz in mich hineinhorchen, worauf ich wirklich Lust hätte. Vermutlich würde ich feststellen, dass ich ganz wirklich, echt ehrlich, auf gar nichts Lust habe. Aber ich müsste mir keine Sorgen machen, denn wegen der zwei Monate muss ich mich nicht mehr zum Wünschen aufraffen. Dann würde ich mich an ein Fenster mit schöner Aussicht setzen, zum Beispiel mein Wohnzimmerfenster, und rausschauen. Bis die beiden Monate rum sind.


11.7.2004 9:43 AM CET
Spider-Man 2

Achtung Spoiler! Hier wird viel über die Handlung des Films verraten!

Peter Parker

Anke Gröner hat bereits eine ausgezeichnete Besprechung des Filmes in ihr Blog gestellt (ebenfalls mit Spoilern), ich plaudere hier lediglich über einige meiner Detail-Beobachtungen.

Schon der Comic hatte seinen Erfolg der Tatsache zu verdanken, dass die Leser sich mit diesem Superhelden wirklich identifizieren konnten: „But - he’s just a boy. Barely older than my son.“, wie es in einer Szene des Films heißt. Dieses Ernstnehmen der menschlichen Seite macht auch die Anziehungskraft des Filmes aus. Der Film nimmt sich immer wieder die Zeit, uns Peter Parkers zerrissene Gefühle nachvollziehen zu lassen. Am intensivsten war das für mich in der Szene, in der Spider-Man seine Spinnenkräfte verliert und für den Rückweg vom Dach eines Hochhauses den Aufzug nehmen muss: Ein Mann steigt zu, das peinliche Schweigen scheint endlos, dann fragt der Mann Peter auch noch, woher er dieses täuschend echte Kostüm hat (Peters Antwort: „I made it myself…“). Wieder endloses, peinliches Schweigen, in das Peter versucht, Smalltalk über den mangelnden Komfort des Kostüms zu machen.

In Spider-Man 2 lernt Peter Parker, seine beiden Identitäten zu einem Selbst zu verbinden. Das Kostüm spielt dabei eine zentrale Rolle: Er muss es auch mal waschen, er wirft es weg, holt es sich wieder, beim Showdown trägt er zwar Kostüm, aber keine Maske. Peter Parker macht die Erfahrung, dass er auch ohne Superfähigkeiten helfen will und kann. Die in ihn verknallte Tochter des Vermieters und flirtende Studentinnen zeigen ihm, dass er als Mann attraktiv ist, nicht nur als Superheld. Nach dem phantastisch gefilmten Zweikampf mit Doc Ock auf und um die Hochbahn erfährt er nicht nur die übliche Bewunderung der Geretteten, sondern auch ihre Fürsorge und Loyalität.

Mein Begleiter im Kino war ein waschechter Fanboy seit Kindertagen und fütterte mich vor und nach dem Film mit Details aus dem Comic-Universum von Spider-Man. Zum Beispiel dass der kreative Kopf hinter Spider-Man, Stan Lee, seinen Figuren fast immer plump alliterierende Namen gab, um sie sich besser merken zu können (über den Namen „Otto Octavius“ macht sich im Film dann auch der Herausgeber des Daily Bugle lustig - heißt Octavius und hat acht Gliedmaßen: „What a coincidence!“). Oder dass die Einstellung mit dem weggeworfenen Spider-Man-Kostüm, das halb aus der Mülltone hängt, mit den Wörtern „Spider-Man no more“ eines der bekanntesten Bilder („Panels“) des Comic ist. Und dass Alex Ross, der die Bilder für die grandiose Eingangssequenz malte, der derzeit berühmteste Comic-Maler ist – im Gegensatz zu Zeichnern.

Der Fanboy entdeckte auch das Cameo von John Landis (er spielt den Arzt, den Peter konsultiert) und lachte als einziger im Kino lauthals über den Arm mit der Kettensäge im OP, weil er die Anspielung auf die Tanz der Teufel-Filme von Regisseur Sam Raimi darin erkannte.

Ich wiederum lachte ganz von selbst, als Peter mangels Superkräften auf Autos fällt und jammert: “My back. My back...“, weil ich wusste, dass die Versicherungen vor Drehbeginn wegen Tobey Maguires Rückenproblemen rumgezickt hatten. Und Stan Lee, Miterfinder der Figur Spider-Man, habe ich ebenfalls selbst in seinem Cameo erkannt (während der Verschleppung von Aunt May auf das Bodenpersonal achten).

Eine kleine Enttäuschung bleibt mir dennoch: Danny Elfman hat sich bei der Musik gar keine Mühe gegeben. Bereits beim ersten Spider-Man hatte ich registriert, dass er sich für seine Verhältnisse sehr zurückgehalten hatte, doch beim zweiten fehlte die Komponisten-Handschrift komplett.

Dass die Handlung für mich nicht einen Funken Spannung enthielt, ist allein das Verdienst von Tobias Kniebe.

Stan Lee

via Imdb


10.7.2004 4:39 PM CET
Sex Appeal (männlich) ist

- sich von mir zum Lachen bringen lassen
- eine dicht behaarte Brust
- ein pfirsichhäutiger unbehaarter Oberkörper
- endlose schlanke Beine
- kräftige stämmige Beine
- langfingrige Pianistenhände
- breite Schreinerhände
… oh shoot…

(fehlgeschlagener Versuch, bei Jens anzulegen)


10.7.2004 11:40 AM CET
Juli 2004

Augsburg_Gewitter

Gewitterfront über Augsburg.


10.7.2004 9:33 AM CET
Lord of the Rings

Es gibt viele Gründe, die Herr der Ringe-Filme nicht zu mögen. Geburtshelferinnen haben ihre ganz eigenen.

(Jetzt habe ich ja DOCH was dazu gesagt.)


9.7.2004 9:39 AM CET
Klappe!

Aaargh! Es war noch nicht mal neun, und ich hätte meine verfluchte kesse Lippe bereits am liebsten an den Schreibtisch getackert.

Zwei Kolleginnen dieses sehr alten und sehr ehrwürdigen Unternehmens standen gerade in meinem Büro, wir besprachen die Tagesplanung unter gut gelauntem Gackern; professioneller Ernst war nur in Spuren erkennbar. Das ist ein gefährlicher Nährboden für die dummen Sprüche, die aus meinem blöden Maul zu plumpsen pflegen. Als ein benachbarter flotter Abteilungsleiter reinschaute und nach dem Verbleib meines Chefs fragte, fühlte ich einen zivilisatorischen Riegel an meinem Mundwerk zerspringen.
Dabei fing ich noch täuschend sachlich an: Mein Chef sei heute Paddeln und habe frei. Aber als sich der Flotte wunderte, Chef sei doch eben erst mit einem Kollegen zwei Tage Radeln gewesen, brachen die Dämme: Pah! Radeln! Die beiden Memmen hätten sich in letzter Minute gedrückt. Da hätte es schon einen echten Mann wie ihn gebraucht, der sich nicht von einem dunklen Wölkchen am Himmel hätte abschrecken lassen.
Herr Flott grinste und hakte nach: Wie ich das denn meinte? Das Großhirn konnte nicht mal mehr warnend den Finger heben: Na, er hätte ja wohl eindeutig einen erheblich höheren Testosteron-Spiegel aufzuweisen als diese beiden Weichlinge. Dem Kollegen Abteilungsleiter zerriss sein Lachen gleich den Mundwinkel.

Könnte mir jetzt bitte jemand erklären, was mich da geritten hat? Außer dass ich diesen Herrn, nachdem ich ihn in einigen Besprechungen erlebt habe, für mich selbst seit langem „Testosteronschleuder“ nenne?


8.7.2004 5:00 PM CET
Mode marginal

Watanabe

via NYT

Wär hätte gedacht, dass auch die Männermode der Pariser Schauen so richtig lustig sein kann? Cathy Horn berichtet für die New York Times und zitiert dabei ausführlich Joseph Roth.
(Pssssst! Cathy! In München läuft die Hälfte der Sandler so rum wie auf dem Foto.)


8.7.2004 10:48 AM CET
Von Natur aus (Fortsetzung)

Die gestrige Begebenheit ist ja nur ein Symptom dafür, welches Konzept von Natur unser westliches Miteinander beeinflusst. Selbstverständlich prägt mich die spanische Herkunft meines Vaters, allerdings in meiner Sozialisation. Hätte die Kollegin zum Beispiel gestern gefragt, ob ich Fächer gegen große Hitze besitze, hätte sie sich auf die spanische Kultur bezogen (und ich hätte ihr antworten können, dass ich einige habe, sie auch sehr schätze - allerdings in Deutschland fast nie einsetze, weil ich damit unnütz auffalle).

Ich weiß schon, warum mich immer Misstrauen ergreift, wenn jemand mit „Natur“ und „natürlich“ argumentiert. Natur und natürlich sind immer positiv besetzt und somit erhaltenswert. Deswegen wird ja auch die neue Blendamed mit Kräutern als „natürlich“ verkauft. Dabei braucht man kein Sophist zu sein, um im Handumdrehen das Zähneputzen selbst als unnatürlich zu entlarven. Wenn ich mir die weite Verbreitung von Rückenleiden ansehe, war vermutlich sogar das Aufrechtgehen unnatürlich und damit eine schlechte Idee. Ist vielleicht die Menschheit unnatürlich und Punkt?

Aber nochmal einen Schritt zurück. Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die implizit aus diesem positiven Natur-Konzept rausfallen. Die Tse-tse-Fliege zum Beispiel. Oder Viren. Obwohl es doch kaum etwas Natürlicheres gibt als eine tödliche Tropenkrankheit. Natürlich ist nur, was dem Menschen nützt?

Damit der Mensch überhaupt „unnatürlich“ handeln kann, muss er außerhalb des Systems „Natur“ stehen - oder gar darüber? Oder alles Menschliche ist schlicht Teil von Natur. Somit gäbe es nichts Unnatürliches.


7.7.2004 5:19 PM CET
Von Natur aus

Gang-Geplauder mit einer Kollegin aus einer anderen Abteilung. Ich erwähne, dass ich erst jetzt merke, wie sehr ich unter dem brutalen Sommer letztes Jahr gelitten habe. So sehr, dass ich das durchwachsene Wetter heuer richtig genieße.
„Ah, wieso“, wundert sich sie sich großäugig, „ich hätt’ jetzt gedacht, dass Sie da von Natur aus die Veranlagung...“ Mein entgeisterter Blick bremst sie. Ich bin nett genug, einfach nur in schallendes Gelächter auszubrechen.

Seither grüble ich, was die Kollegin wohl noch so alles an „Natur“ aus meiner halb-spanischen Abstammung ableitet.


7.7.2004 8:23 AM CET
Warnung an SZ-Leser

Die Besprechung von Spider-Man 2 heute auf der ersten Feuilleton-Seite strotzt vor Spoilern! Den Kniebe wenn ich treffe, grrrrr.


6.7.2004 8:28 AM CET
Top-Service

Wir freuen uns, dass Sie die Website der GEZ besuchen. Wenn Sie Ihre Radio- und Fernsehgeräte anmelden möchten, können Sie das gleich hier tun. Schnell und unkompliziert per Klick.

Das ist doch schon mal nett. Überhaupt eine löbliche Startseite, Userin findet die wichtigsten Funktionen (in meinem Fall ein Abmeldeformular) tatsächlich auf einen Klick, die Texte sind geradeheraus und service-orientiert. Inklusive dem ersten Pruster des Tages, ebenfalls auf der Startseite:

WIR MACHEN AUCH HAUSBESUCHE

Gez


5.7.2004 4:04 PM CET
Hicks

Liebe Kollegen,

Das Wunder von Lissabon: Ich möchte mit Euch auf die erfolgreiche deutsch-griechische Kooperation anstossen - und auf dass sie weitergehen möge (...nehmt uns jetzt bloss nicht unseren Otto weg!)
Ihr seid herzlich willkommen um 11:30 bei mir am Schreibtisch.

So schrieb er, der schwäbisch-griechische Kollege, der allen Ernstes Sokrates heißt. Lecker Sekt war das, und gar nicht griechisch.


5.7.2004 9:20 AM CET
FWUMP

Fwump

Das Schönste an den vielen Superhelden-Comics meines Mitbewohners waren für mich immer die Laut-Wörter. Ich hatte ja nicht mal gewusst, dass fast jeder Superheld einen ganz spezifischen Laut verusacht, wenn er seine Superkraft einsetzt. „SNIKT!“ hatten wir ja schon mal, so hören sich die Adamantium-Klauen von Wolverine (X-Men) beim Ausfahren an. Weil ich sie so schön finde, hat mein Mitbewohner einige der Lautwörter aus den Comics gescannt, bearbeitet und auf Magnetfolie gedruckt. Genau die richtige Deko für das meist ungenutzte Whiteboard in meinem Büro.

(Wenn sich jemand mit kundiger Einordnung der anderen Lautwörter brüsten möchte - nur her damit.)


3.7.2004 11:51 AM CET
Wunderbarer Sommer

Mir geht's wie Marie: Ich finde diesen Sommer herrlich. Der endlose und brutale Sommer 2003 steckt mir noch derart in den Knochen, dass ich den Kontrast heuer genieße.

Allein die wunderbare Luft! Gestern Nacht ging ich einmal mehr nach einer Feier lieber zu Fuß nach Hause, auch wenn ich fast eine Stunde unterwegs war. Die nassen Blätter der Bäume verursachen ein ganz eigenes Rascheln im Wind. Der Pulli fühlt sich in der Kühle der Nacht so richtig kuschlig an. Immer wieder blieb ich in Grünanlagen stehen, um eine Lunge voll regengereinigter Luft zu nehmen.

Heute freue ich mich am Anblick des Himmels, der alle halbe Stunde ein völlig neues Design bietet. Eben ist er knallblau mit weißen Flocken, vorhin türmten sich Wolkenberge in den verschiedensten Grau-Tönen. Gleichzeitig ist es warm genug, dass ich die Balkon-Tür den ganzen Tag offen lassen kann.

Meine Entschuldigung an alle nächtlichen Griller, Sonnenbrutzler, Picknick-Planer: Von mir aus kann es so bleiben.


2.7.2004 6:52 PM CET
Trost

HBF

Draufkommen, dass man schon in frühen Jahren die Fähigkeit verloren hat, sich trösten zu lassen. Dass man auch nie gelernt hat, sich wirklich selbst zu trösten. Merken, dass man seit ein paar Jahren jemanden hat, der Tröstbarkeit hervorrufen kann.


1.7.2004 4:50 PM CET
Vögel

Rauchschwalbe

Wer sich - wie ich - erst in hohem Alter anfängt für die heimischen Vögel zu interessieren, lernt mit Anstrengung. Meine Eltern erkennen einen Eichelhäher nicht mal, wenn er im eigenen Garten nistet (und sich mit den verschreckten Amseln blutige Gefechte liefert), Bücher und CDs können keinen leibhaftigen Ornithologen ersetzen. So hat es mich fast zwei Jahre gekostet, bis ich die Rauchschwalben auf dem Dachterassenbalkon meiner Zweitwohnung richtig identifizierte. Auf dem Foto sieht man leider weder die schönen langen Schwanzfedern, noch hört man das herzhafte Getriller.


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