Der g’spinnerte Mosi
Samstag, 15. Januar 2005 um 11:37Moshammers Ermordung hat mich wirklich nachdenklich gemacht. Ein Großteil der Menschen, die vor seinem Laden in der Maximilianstraße Blumen und Zettel niederlegen, sind abgerissene Gestalten oder ganze Clans mit leicht oliv-farbener Haut. Der g’spinnerte Moshammer hat ganz offensichtlich sehr, sehr vielen Menschen direkt geholfen – ohne ein anderes Motiv, als dass diesen Menschen geholfen werden musste. Und er hatte es nicht mal nötig, mit dieser Tatsache den vielen Spöttern das Maul zu stopfen, die sich über sein überkandideltes Auftreten lustig machten.
Mir fällt der Unterschied zum Tod einer Prinzessin auf, die sich über wohltätige Auftritte definierte.
Zudem: Anscheinend gibt es eine hippe, zulässige Art der Exzentrik. Unter ihr dürfen ruhig Mitmenschen leiden, solange sie nur ausgefallen ist und etwas Künstlerisches, möglichst Postmodernes hat. Und dann gibt es eine uncoole Art der Verschrobenheit: Die Exzentrik eines Moshammers war völlig frei von ironischer Brechung oder gar Zynismus. Er fand Goldknöpfe am beigen Kaschmir-Zweireiher wirklich schön. Sein kitschiger Spitzname „Mosi“ war tatsächlich liebevoll gemeint. Und zu seiner Auffassung von Stil und Manieren gehörte es untrennbar, andere Menschen höflich und respektvoll zu behandeln – alle.
Wenn ich mich in den Blogs umschaue, bin ich nicht allein in der Erkenntnis, dass da einer von den Guten weg ist. Wäre er nur so alt geworden, dass man das noch zu seinen Lebzeiten gemerkt hätte.
die Kaltmamsell7 Kommentare zu „Der g’spinnerte Mosi“
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15. Januar 2005 um 14:13
Was Sie alles wissen …
Fast so als wäre Mosi Ihre schriftstellerische Schöpfung.
15. Januar 2005 um 15:33
Er hat immer sehr “frei” erzählt. Alson in dem Sinne, daß er sich nicht in schicken Zynismus und wohlfeilen Sarkasmus flüchten mußte. “Die Leute kamen immer neugierig im Laden gucken. Vielen waren natürlich die Sachen zu teuer. Da bin ich oft raus und habe denen eine Tüte geschenkt, damit sie ein Andenken haben von Moshammer.” (Jetzt aus dem Kopf von seiner CD zitiert)
Und wie gesagt, der meinte das ernst und nett und aufrichtig – ganz ohne Häme. Eine Kollegin beschwerte sich, er sei “im Rolls-Royce bei den Odachlosen vorgefahren”. Na und wenn. Poltiker tauschen bei ihren Benefiz-Besuchen auch nicht den Brioni-Anzug gegen W*lmart-Fliegerseide.
Ich glaube Moshammer hat seinen Traum gelebt, ganz naiv. Sehr schön.
15. Januar 2005 um 20:39
‘s daisy soll jetzt ihre tierischen instinke neu erwecken, quasi den wolf in sich, und den täter unter umständen enttarnen.
ich bin immer noch traurig über diese geschichte, und schicke einen verwunderten blick nach oben.
16. Januar 2005 um 10:51
Die einzige Geschichte, die ich von ihm hörte, war die des Mannes, der offenbar einst bessere Tage gesehen hatte und jetzt nur noch wagte, durch´s Schaufenster zu sehen. Moshammer holte ihn herein und redetet stundenlang mit ihm über edle Stoffe, exklusive Restaurants, mondäne Urlaubsorte und all das, was der nun auf dem harten Boden der Insolvenz gelandete Mann offenbar schmerzlich vermisste. Für einen “Nur-Geschäftsmann” wäre das Zeitverschwendung gewesen.
Ich weiß nicht, ob die Geschichte stimmt, aber ich hab sie geglaubt, weil ich diesem Mann irgendwie nie zutraute, nur ein Image zu pflegen. Ich kannte von ihm ja nur das, was aus vielen Quellen stückweise zu erfahren war, ich bewunderte seinen Mut, seine Spleen´s zu pflegen trotz allem Spott und ich bin froh, mich nicht in ihm getäuscht zu haben.
17. Januar 2005 um 23:45
So schizophren wie’s tönt: Dafür wird er unsterblich sein. Stellt Euch vor, er wäre eines natürlichen Todes gestorben. Womöglich mit grauen Haaren, Falten im Gesicht, verfettet. Kein Mensch wüsste in 3 Jahren noch, wer er gewesen war. So bin ich sicher, dass in 10 Jahren sein Konterfei das Cover des Sterns zieren wird!
17. Januar 2005 um 23:50
übrigens: Was ist daran naiv? Wenn ich aus der untersten Unterschicht stamme, durch Fleiss und Ehrgeiz (ok, heute sind das Unworte…) zu Geld komme, es geniesse, dieses Geld auszugeben und einen Teil davon auch wieder verschenke, was um herrgottswillen ist daran naiv? 1000 Mosis für Deutschland, und wir würden keine Arbeitsplätze exportieren, sondern Arbeitskräfte importieren!
21. Februar 2005 um 16:23
der mosi ist tot und das ist jot.