Mamma Mia!
Samstag, 19. Juli 2008 um 17:17Jeder und jede hat seine und ihre persönliche Abba-Vergangenheit; hier die meine.
Als sie noch live im Geschäft waren, fand ich Abba doof. Zum einen war ich in der Frühpubertät ein Schnösel, der lieber Beethoven hörte (und die Hitparade auf Bayern 3 am Freitag um 18 Uhr). Zum anderen war diese Kirmesmusik, als die ich sie damals empfand, für mich untrennbar mit Pferdemädchen verbunden, also mit den Altersgenossinnen, die Pferdeposter an der Wand hatten, Pferdemädchen-Schneiderbücher und Bravo lasen (nein, geritten ist fast keine von diesen Arbeiterkindern – Ausnahmen waren die echten Aficionadas, die sich mit täglichem Stallausmisten und Pferdestriegeln die eine oder andere Reitstunde erarbeiteten), ihre langen Haare mit Glitzerspangerln schmückten und die „beste Freundinnen“ hatten, mit denen sie sich tuschelnd und kichern unterhielten. Pferdemädchen fand ich sehr doof.
Anfang der 90er verbrachte ich ein Studienjahr in Wales. Und damit mitten in der Abba-Revival-Welle. Für Popmusik interessierte ich mich auch damals nicht, war aber in den Jahren davor oft vom Independent-Lärm meiner musikbegeisterten Freunde umgeben gewesen. Schlagartig genoss ich es, dass Abba-Musik Melodien und mitsingbare Refrains enthielt. Allein schon meine Hitparaden-Vergangenheit befähigte mich zum Mitsingen. Das ganze kulminierte im Summer Ball der Swansea University, auf der die australische Abba-Coverband Björn Again auftrat – stundenlanger Spaß. Zu den Abschiedsgeschenken meiner englischen Freundinnen (darunter Eva mit schwedischem Migrationshintergrund) gehörte dann auch eine Kassette mit Abba-Liedern.
Muriels‘s Wedding gehört zu meinen Lieblingsfilmen, die Tagline „She‘s not just getting married, she‘s getting even.“ ist meine liebste überhaupt. Ein weiterer Schritt Richtung Versöhnung mit Abba.
Die Verfilmung des Musicals Mamma Mia! ist ein Heidenspaß. Dass Frau Streep richtig echt ehrlich singen kann, wusste ich seit ihrem „Amazing Grace“ am Schluss von Silkwood. Doch anscheinend hatte ich mir ein wenig Busby Berkeley oder zumindest WDR-Fernsehballett erwartet, denn ich war völlig überrascht von der herzerfrischende Frechheit des Films. Statt Badender Venus gab es Taucherflossen-Ballett auf dem Bootssteg, statt Gardebeinen auf Showtreppe tanzten griechische Hausfrauen in schwarzen Schlappen. Und: Es gibt außer mir weitere Menschen, die Frauen mit Werkzeuggürteln, Bohrmaschinen und Fugenspritzen interessant finden? Keiner der Stars musste starig aussehen, keiner der Herren Pierce Brosnan, Colin Firth und Stellan Skarsgård musste für den Film Muskeln züchten oder auch nur den Bauch einziehen (und es gibt nicht nur eine Gelegenheit, das zu überprüfen). Keine der Damens wurde mit Weichzeichner verjüngt oder musste sich anmutig bewegen. Jaja, junge Leute kamen auch im Film vor. Irgendwelche.
Wie es sich für einen Musikfilm gehört, wurde viel gesungen, bei jeder Gelegenheit und von allen. Auch von denen, die nicht singen konnten. Mein tiefster Respekt geht an den deutlich hörbaren Nichtsänger Pierce Brosnan, der sich beherzt durch mindestens drei Lieder schmetterte – nicht schön, aber auch nicht falsch. Während die hinreißenden Sidekicks Julie Walters und Christine Baranski durchaus mal voll daneben langten – ist aber auch nicht einfach, die ersten Takte von „Chiquitita“ allein und a capella zu singen (vor einer Klotür, hinter der sich die Hauptfigur Donna verschanzt hat).
Von Realismus natürlich keine Spur, wozu auch. Die gemalten Hintergründe und die Studiobeleuchtung sprangen mir nicht nur einmal ins Gesicht. Die einheimischen Griechen als griechischer Chor funktionierten auf vielen Ebenen. Nichts wird richtig ernst genommen – außer Gefühlen. Und selbst die kriegen ein Augenzwinkern.
Ach, wenn Sie keine ausgesprochene Allergie gegen Abba-Musik haben, schauen Sie sich den Film an. Und wenn es nur wegen Meryl Streeps epochaler Interpretation von „The Winner Takes it all“ ist.
die Kaltmamsell15 Kommentare zu „Mamma Mia!“
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19. Juli 2008 um 23:20
Ja, der Film ist klasse, liebe Frau Kaltmamsell. Ich hatte das Vergnügen, das gleichnamige Musical in Stuttgart zu sehen – das Musical war toll, der Film ist super! Im Musical konnten zwar alle ganz toll singen, aber im Film stimmt die Atmosphäre. Ich habe Tränen gelacht – den ganzen Film durch, bis zum Schluß. Und ich finde, der Schluß ist besonders sehenswert.
20. Juli 2008 um 0:43
Ich freue mich, dass Ihnen der Film auch so gut gefallen hat. Ich war mit einer Gruppe befreundeter Frauen, alle 40+ – und wir fanden, endlich waren wir mal Zielgruppe eines Filmes! Alle gerne ein wenig sorgloser, auf einer wunderschoenen griechischen Insel, und ob wir alle so strikt legalistisch auf den Heiratsantrag von Pierce Brosnan geantwortet haetten, bleibe hier mal dahingestellt! Ein wunderschoener Gute-Laune-Sommerfilm.
20. Juli 2008 um 10:50
Unbedingt ein Gute-Laune-Film. Der begleitende Herr Verlobte wünscht sich für seine Hochzeit in einem Bergkirchlein nun auch ein Froschmannballett, ich auch. Ich wusste nicht viel von den Film zuvor, aber das war, ganz “unstarig”, wie Sie so schön sagen, ein Film, wie man’s gern öfter hätte.
Allein Meryl Streep ist schon ein guter Grund, hineinzugehen. Die Schauspieler scheinen allesamt mächtig viel Spaß beim Drehen gehabt zu haben. Und die griechischen Chöre erst, bei denen bestimmt einige griechische Dörfer mitgesungen und getanzt haben!
20. Juli 2008 um 11:16
In Ordnung, Indica, wenn ich Herrn Brosnan kriege. Schon seit ich ihn mit langjähriger Ehefrau gesehen habe, die schön, aber definitiv nicht dünn ist, hat er einen Stein bei mir im Brett: http://www.imdb.com/media/rm2418907904/nm0000112
20. Juli 2008 um 13:46
Schönes Foto. Mir hat mal einer gesagt, es gäbe Frauen zum ausgehen, die Dünnen, und welche für das Kuscheln zu Hause. Und die wären molliger, so wie eben die Ehefrau von Blauauge.
20. Juli 2008 um 14:00
Der Film läuft seit vorgestern hier in Wien; gestern hat sich ein befreundetes Paar begeistert über “Mamma mia !” geäußert und die Tochter war gestern im Kino und ebenfalls völlig hingerissen, was wiederum ein Zeichen für die Zeitlosigkeit der ABBA-Musik ist, denn sie hatte keinen der Titel zuvor gekannt. Spätestens als DVD landet er auch bei uns, soviel steht fest. Ach ja, Herr Brosnan hat auch von mir gerade etliche Bonuspunkte erhalten !
20. Juli 2008 um 18:47
Ich komme gerade aus dem Film – und habe die ganze Familie mitgeschleift. Sowohl die Neunjährige als auch die 14- und 16-jährige und sogar der erklärte Nicht-Kino-Gänger-Ehemann waren allesamt begeistert – was einer Abba-Fanin der ersten Stunde (1974 – mit 9 Jahren begeistert vor dem Schwarz-weiß-Fernseher!) sääääähr gut tut. “Björn Again” haben wir auch schon live erlebt -die gaben mal ein Konzert hier in Stuttgart in der Villla Berg – die beste Abba-Coverband aller Zeiten (nicht nur meine Meinung!) Und ….. Pierce zieht doch ein kleines bißchen den Bauch ein – darf er ja aber auch, machen wir ja auch, gell? Meryl war einfach umwerfend! Lieben Gruß aus dem Südwesten, Susel
20. Juli 2008 um 20:28
GEIL!
Ich habe ABBA schon immer gemacht, dafür aber nicht Boney M….War halt so.
Meryl Streep ist auch eine meiner Lieblingsschauspielerinnen,; nun denn, mal sehen, wann der Film hier in F. anläuft, eher im Herbst…..
20. Juli 2008 um 21:35
Frau Kaltmamsell bringt es perfekt auf den Punkt! Wir haben uns gestern köstlichst amüsiert! Ein toller Film.
22. Juli 2008 um 8:49
JAAAA!!! Habe auch schon darüber gebloggt ;-)
22. Juli 2008 um 8:49
JAAAA!!! Habe auch schon darüber gebloggt ;-)
13. Oktober 2008 um 22:24
Gestern hab ich die Musical Version in Berlin gesehen…. und im Gegensatz zum Kinofilm war die todlangweilig.
10. Januar 2009 um 3:38
In der Tat, ich fand das Musicakl auch nicht so spannend. Aber die Hauptdarstellerin war süß
http://zoe-delay.de/2008/10/13/mamma-mia-musical/
14. Januar 2009 um 20:15
Ich habe den Film gesehen gleich 3 mal im Kino gesehen und die DRV auch. Ich habe bald Geburtstag und möchte mit meinen Freundinnen eine Abba Party geben. Habt Ihre eine Idee für einen gelungenen Speiseplan. Ich würde mich freuen wenn mir jemand helfen kann.
8. März 2009 um 12:28
Der Film war großartig.
Bin ABBA-Fan, aber nach dem Musical in Berlin war ich so entsetzt, dass ich nur mit einigen Bedenken den Film ansehen wollte. Was für ein Unterschied.
Muriels Hochzeit habe ich durch Zufall mal im Nachtprogramm gesehen und war hin und weg.