Journal Freitag, 13. Januar 2017 – Tod des britischen curry house und wie geht’s der deutschen Dönerkultur?
Samstag, 14. Januar 2017 um 9:52Derzeit wieder großes Was-soll-bloß-aus-mir-werden. Und alles in mir mit Ausweichmanövern beschäftigt, um keine Konsequenzen ziehen zu müssen.
Die Tage werden spürbar länger; selbst beim gestrigen schlechten Wetter war es auf dem Heimweg um fünf noch nicht ganz dunkel. Derzeit ist Winter, wie er in unseren Breiten eigentlich normal ist – in den vergangenen Jahren aber nicht vorkam (was mir ja sehr recht war). Die großen Medien machen aus den Begleiterscheinungen eine solche Sensation, dass man nur mit Sarkasmus reagieren kann.
Achtung Köln, es schneet! Legt euch einfach flach auf den Boden und wartet auf Hilfe. UND NICHT DIREKT IN DIE AUGEN SCHAUEN!!
— Christian Drexler (@wortdrexler) January 13, 2017
Zum Nachtmahl kochte ich einen Eintopf aus Ernteanteilteilen dieser Woche (Zwiebeln, Rote Bete, Kartoffeln, Lauch) plus Gemüsebrühe und Ingwer.
§
Indische Restaurants sind für mich so britisch wie das pub quiz. Da ich mein Auslandsjahr im Studium 1991/1992 in Wales und nicht in England verbrachte, lernte ich sie zwar erst später gründlich kennen, doch dass sie Teil der britischen Kultur waren, sah ich überall.
Das scheint sich zu ändern.
“Who killed the great British curry house?”
Via @konstantinleben
Dieser sehr ausführliche Artikel (aka Longread) von Bee Wilson verdeutlicht mal wieder, wie eng gesellschaftliche Entwicklung und Kulinarik verwoben sind.
Though hardly acknowledged by restaurant critics, except for mocking asides about their red flock wallpaper, curry houses were one of the great successes of the postwar restaurant industry in Britain. In her 2005 book Curry: A Biography, the historian Lizzie Collingham argued that the Sylheti curry cooks converted “unadventurous British palates” to a new flavour spectrum. Goodbye, mince and potatoes; hello, chicken bhuna. “More than any other ethnic food,” Collingham wrote, “the British have made curry their own.”
Doch die zweite und dritte Generation ist (wie meist von den eingewanderten Eltern erträumt) gesellschaftlich aufgestiegen und hat einen Berufsweg außerhalb der Gastronomie gewählt, zudem schneiden verschärfte Einwanderungsgesetze den Zufluss neuen Personals ab.
Ever since the Conservative-Liberal Coalition assumed power in 2010, with David Cameron elected on an impossible pledge to reduce net migration into Britain to the “tens of thousands”, the Bangladeshi Caterers’ Association (BCA), of which Oli Khan is senior vice-president, has warned of a curry crisis. The BCA says that if nothing is done to support the industry, as many as a third of Britain’s curry houses – around 4,000 in total – will close over the next couple of years.
(…)
For a few decades from the 1970s to the 2000s, the curry house – like its high street companion, the pub – looked like a permanent feature of British life; maybe even an emblem of Britishness itself. Yet it is now clear that our passionate relationship with these restaurants was a product of particular circumstances. For the high street curry house to flourish in its classical form, British tastes needed to stay fixed and south Asian cooks needed to be free to work here. Neither of these conditions now holds.
Ich lernte aus dem Artikel den Begriff widower curry (eine Abkürzung der aufwändigen Rezepte für den Fall, dass die geübte Köchin nicht da ist) und dass man aus dem Namen des indischen Restaurants schließen kann, in welcher Zeit es eröffnet wurde. Außerdem wirft er die Frage auf, was eigentlich “authentische” Küche ist:
Does a cuisine belong to the people who eat it or the ones who cook it?
Die Briten interessierten sich erst Ende der 70er für die regionalen Unterschiede indischer Küche und verlangten nun, dass ihre Vorstellung davon in den indischen Restaurants umgesetzt würde – egal, welche Absichten Wirte, Köchinnen und Köche des Lokals eigentlich hatten.
Mir fällt bei curry house immer Rowan Atkison ein – dessen klassische Nummer unten ein Beleg für die Verwurzelung in der britischen Kultur ist:
https://youtu.be/x4LHLM4WIw0
(“Deceptively flat” ist schon lang Teil unseres Ehejargons.)
Interssanterweise zitiert der Artikel oben aber eine andere Nummer von Rowan Atkinson:
an old bit from the early 80s comedy sketch show Not the Nine O’Clock News, in which Rowan Atkinson plays a Tory politician speaking at his party conference: “I like curry, I do [pause]. But now that we’ve got the recipe, is there really any need for them to stay?”
Ich wünsche mir einen ähnlichen Artikel über die Rolle und Entwicklung der Dönerbuden in der deutschen Gesellschaft. Sie waren möglicherweise das erste Take-away-Essen, das sich in Deutschland wirklich durchsetzte. (In England entstand die Take-away-Kultur im frühen 19. Jahrhundert durch die Industrialisierung: Massenzuzug in die Städte, Unterkünfte ohne Küchen, die gesamte Familie schuftete in den Fabriken, Mahlzeiten mussten nach Feierabend auf dem Heimweg gekauft werden.)
Ich ahne Verbindungen zur deutschen Wiedervereinigung: Vorher waren sowohl Döner als auch das Ausgehen spät nachts mit Döner auf dem Heimweg typisch für Berlin; die Wiedervereinigung mit ihrer Reiseerleichterung nach Berlin verbreitete diese Kultur auch im Rest der westlichen Republik.
Gleichzeitig gab es in Westdeutschland türkische Schnellrestaurants (Münchner Landwehrstraße), die schnelle türkische Hausmannskost mit Hinsetzen anboten, Zielgruppe Einwanderer. Seit einigen Jahren erlebe ich in München, wie immer mehr anspruchsvolle Dönerläden mit Hinsetzen eröffnen, die neben Döner auch das eine oder andere frische Tagesgericht mit türkischen Wurzeln anbieten.
Hier sehe ich eine Parallele zum Burger: Auch der war in den 80ern eines der ersten Schnell- oder Mitnehmessen in Deutschland; seit etwa zehn Jahren nun gibt es dafür immer mehr Lokale mit Anspruch, deren Burger dezidiert nicht zum Mitnehmen gedacht sind.
Mich würde interessieren, wie es um die deutsche Dönerkultur steht (dass sie deutsch ist, ist nicht-deutschem Besuch schon lange klar – in Kairo macht demnächst ein “Best German Döner Kebap”-Laden auf): Gibt es Nachwuchs? Sind das neue Einwanderer oder zweite/dritte Generation? Soweit ich sehen kann, steckt ein ganzer Industriezweig dahinter, der Ausstattung, Brot, Dönertier liefert: Wie groß ist er und wie strukturiert? Sind die Dönerdrehmaschinen aus deutscher Fabrikation?
(Darf man als Abonnentin Artikel bei der Süddeutschen bestellen?)
Nachtrag: Auf Twitter wies mich @ellebil auf ein geschichtswissenschaftliches Werk von 2012 hin: Maren Möhring, Fremdes Essen. Die Geschichte der ausländischen Gastronomie in der Bundesrepublik Deutschland.
34 Kommentare zu „Journal Freitag, 13. Januar 2017 – Tod des britischen curry house und wie geht’s der deutschen Dönerkultur?“
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14. Januar 2017 um 12:27
Ich glaube, dass darf man sogar als Nichtabonnent, als gemeiner Leser sozusagen (vorbei alle -Innen auch gemeint sind); also nicht direkt bestellen aber überzeugend anregen.
mhs (w)
14. Januar 2017 um 12:38
Vielleicht versteh ich den ersten Satz der letzten Paragraph verkehrt (dann bitte korrigier mich), aber falls du damit so was wie der urban legend meinst, dass doner in deutschland erfunden worden ist – stimmt nicht. Doner ist wirklich turkisch, gab es in der turkei schon vor es je in berlin auftauchte. Aber dass es in die welt exportiert wird als deutsch – geschenkt. Habe vor paar jahren in hanoi ein mobiler doner bude gesehen der was von deutsch gefaselt hat, ich guck mal ob ich es wieder finde.
Ps: gefunden. Es steht nix explizites re: deutsch, aber ich weiss warum ich es als solche im kopf gespeichert hab – es steht “döner kebab” auf dem büdchen. In der Turkei / auf türkisch sagt man nur döner (das essen) und dönerci (der laden).
14. Januar 2017 um 13:07
@Hande Den Dönerstand in Hanoi habe ich auch gesehen und lachend fotografiert! Es war eine – kaum mehr lesbare – Adresse und Telefonnummer im Berliner Umland aufgedruckt. Da schließt sich der Kreis vom (vermeintlichen) Berliner Dönererfinder und dem Export in die große weite Welt.
14. Januar 2017 um 14:07
Nein nein, Hande, es geht mir darum, dass Döner nirgends so erfolgreich ist wie in Deutschland (die Gründe dafür wären ebenfalls untersuchenswert) und deshalb völlig zurecht zur deutschen Kultur gezählt wird.
14. Januar 2017 um 14:43
Das erste Take-away-Essen waren doch die Burger!?
14. Januar 2017 um 14:46
Also zumindest im Rhein-Main-Gebiet gab es Döner auch schon vor der Wende.
14. Januar 2017 um 14:52
In Ingolstadt schon auch, arboretum, wenn auch der Vorreiter dort Gyros vom Griechen auf Stadtfesten war. Aber als Sensation und Geheimtipp.
Und in genau dieser Provinz, Norman, war das kurz nach dem Auftreten von McDonalds – in den man sich allerdings zum Essen setzte.
14. Januar 2017 um 15:06
Hm, ein typisches Utensil meiner Provinzjugend waren diese hellgrünen/-gelben Styroporbehälter für die Big Macs, aus denen man sich vor dem Kinobesuch stärkte.
14. Januar 2017 um 15:39
Ebenfalls Provinzler, holte ich das erste Essen zum Mitnehmen aus dem einer Fleischerei angeschlossenen Imbissbetrieb. Schaschlik, Brat-/Bockwurst, Frikadelle, Schnitzel, Pommes Frites oder selbstgemachter Kartoffelsalat usw. Ende der 70er/ Anfang der 80er Jahre. Im gleichen Imbiss hatte ich als Kind mit meiner Mutter bei Einkaufsbummeln Rast gemacht, das Essen dort verzehrt.
14. Januar 2017 um 15:42
Sie bringen mich drauf, Andrea, dass zumindest in Bayern zwischen Take-away-Mahlzeit und Brotzeit unterschieden werden muss. Denn die Leberkässemmel beim Metzger gibt es natürlich schon lange – würde aber nie als Mahlzeit gezählt. Auch die traditionelle Wurst (Wienerl, Weißwurscht) am Würschtlstand müsste eingeordnet werden.
14. Januar 2017 um 16:00
“Nirgends so elfogreich wie in Deutschland” das möchte ich mal quantifiziert sehen. Habe selber auch keine Zahlen (ich suche aber jetzt mal ein paar quellen) aber mir scheint es nicht richtig, dass in DE mehr döner gegessen wird als in der TR. Für mich ist das bisserl wie der Spruch, Berlin ist die grösste Turkische Stadt nach Istanbul….
14. Januar 2017 um 16:07
Genau so eine Recherche, Hande, wünsche ich mir als Teil des Artikels.
14. Januar 2017 um 16:12
In meiner Jugend, Ende der 60er/Anfang der 70er, wurden Schaschlik, Currywurst, Pommes Frites im Imbiss gekauft und Zuhause gegessen.
14. Januar 2017 um 16:27
Nach einer ersten recherche: 600 tonnen döner pro tag in der EU (finde kein de spezifische zahl). In der turkei 500. 30k verkaufspunkte in tr, 16k in de. Da bezweifele ich, dass doner “nirgends elfogreicher als de” ist.
14. Januar 2017 um 16:36
Hm, wie würdest du die Rolle von Döner in Deutschland folglich einschätzen, Hande? Ist die Bezeichnung “deutsche Dönerkultur” falsch? Hat Döner mit Deutschland eigentlich nichts zu tun?
14. Januar 2017 um 18:39
“Sie waren möglicherweise das erste Take-away-Essen, das sich in Deutschland wirklich durchsetzte.”
Hier in NRW ist Currywurst und Pommes als typisches Imbiss-Essen im Stehen oder zum Mitnehmen mindestens seit den 70ern verbreitet. Döner habe zumindest ich dagegen erst Ende der 80er in Berlin kennengelernt, aber auch dort dürfte die Currywurst zuerst dagewesen sein.
14. Januar 2017 um 18:50
Der Thematik des “Fremden Essen” hat sich Maren Möhring vor einigen Jahren angenommen und das Buch “Fremdes Essen – Die Geschichte der ausländischen Gastronomie in der Bundesrepublik Deutschland angenommen. Sehr gründlich, sehr interessant und aufschlußreich.
Speziell zum Blogeintrag Kapitel 6 “Der Döner-Imbiss – Die türkische Gastronomie in der Bundesrepublik” findet sich hier.
14. Januar 2017 um 18:58
Ein Döner als Grundlage für den Kiezbummel gehörte in meiner Jugend in den 80ern definitiv zum Vorabendprogramm, ich glaube, Berlin hat da nicht zwingend die Nase vorn gehabt. Ansonsten war wohl das Wienerwald Hendl bzw. das Hähnchen vom Grill zumindest in meiner Kindheit das takeaway Essen der Wahl. (Leider) nicht in meiner Famlie, in der noch nie im Stehen, im Gehen, auf die Schnelle gegessen wurde, im Gegenteil, wir rümpfen darob die Nase, was vermutlich daran liegt, dass wir mütterlicherseits aus dem Ruhrpott kommen und Currywurst Pommes Schranke als nicht comme il faut definieren … aber ein Flattermann vom Imbisswagen neben dem Supermarkt gehörte zumindest visuell schon in den frühen 70ern zum Stadtbild dazu.
14. Januar 2017 um 19:02
Jahrzehntelang galt “Chicken Tikka Masala” als Lieblingsmahlzeit des UK. Im Vorfeld des Brexit wurde es von Beef Wellington verdrängt, und das Lieblingscurry der Briten ist jetzt Thai Curry. So schaut’s aus auf der Insel.
14. Januar 2017 um 19:13
Vielen Dank für den Link zum Volltext, Liisa!
Und es scheint massive regionale Unterschiede zu geben. Dass man gebratene Bratwurst und Pommes frites fürs Abendessen nach Hause holt, Pippilotta, wäre in Bayern undenkbar gewesen.
“Kiezbummel” klingt nach Großstadt, Kiki – man müsste recherchieren, wann es Döner in München gab. Aber das Wienerwald-Hendl ist ein sehr guter Hinweis: In meiner Familie wäre auch das undenkbar gewesen (ich weiß nicht, ob aus Kostengründen oder weil meine Mutter das für verkommen gehalten hätte), doch davon gehört hatte ich.
Zumindest ist Curry noch britisch, ilse!
14. Januar 2017 um 22:33
Das mit dem Döner ist für die Deutschtürken etwas kompliziert. Er gehört -soweit ich weiß- der Region um Bursa, die für einige kulinarische Highlights in der Türkei bekannt ist. Döner wird in seinem Stammland zwar auch geschätzt, es gibt aber nicht dieses Kultische, das in Deutschland betrieben wird. Irgendwie finden wir Türken das Getöse darum sehr verstörend und schauen halb belustigt hinab, wie bisschen halbgares Restfleisch im Fladenbrot uns all das, was wir Türken, die wir auch sehr arrogant sein können, bei Deutschen so hassen aufdeckt.
Naja, halb ironisch: Wir wollen Gerechtigkeit! Kein Land, in dem sagen wir mal mehr Pizza konsumiert würde als in Italien, käme auf die Idee, dieses Essen als eigenes zu deklarieren. Die Italiener würden denen so richtig zeigen! Mit uns Türken kann man es aber machen.
14. Januar 2017 um 23:54
Nee, hier war Döner keine Sensation und auch kein Geheimtipp.
15. Januar 2017 um 8:55
Ist die Bezeichnung falsch? Ich weiss es nicht, Sprachwissenschaftlich vermutlich ok? Was mich angestachelt hat ist, die cultural appropriation, die aussagen wie “dass sie deutsch ist, ist … klar”; “nirgends erfolgreicher als in de”…. was in beiden fällen nicht stimmt. Ansonsten, what MAZ said.
15. Januar 2017 um 10:25
Lesenswert und informativ ist Eberhard Seidel-Pielens “Wie der Döner über die Deutschen kam” aus 1996. Natürlich mittlerweile vergriffen, aber antiquarisch recht einfach zu bekommen.
15. Januar 2017 um 11:49
Wenn für euch, Hande, maz, Döner also nicht Teil der deutschen Kultur ist, möglicherweise sogar cultural appropriation, würdet ihr das verallgemeinern? Dass z.B. Curry nicht Teil der britischen Kultur ist? Oder ein Einwanderereinfluss immer nur Teil deren Kultur bleubt?
15. Januar 2017 um 12:22
Oder liegt das Missverständnis die ganze Zeit darin, dass eine Integration in die deutsche Kultur die Herkunft auslöschen würde? Das glsube ich nicht: Pizza gehört zur deutschen Kultur, aber alle sind sich der italienischen Herkunft bewusst. Döner gehört meiner Meinung nach zur deutschen Kultur, bleibt aber mit der türkischen Herkunft verbunden.
15. Januar 2017 um 17:09
Ich hab nie gesagt, dass döner kein teil der deutschen kultur ist. Ich habe, mehrere male, die aussagen beanstandet, dass “döner deutsch ist” und “nirgends erfolgreicher ist”.
15. Januar 2017 um 17:31
Ich versuche weiterhin deine Heftigkeit zu verstehen, Hande. Jetzt kommt es dir doch auf Bezeichnungen (“deutsch” vs. “deutsche Kultur”) an, die du oben nur der Sprachwissenschaft zugeordnet hast. Und ich bleibe bei dem beispiellosen Erfolg: Gibt es ein anderes Einwanderungsland für Türken (Dänemark?), in dem Döner sich so massiv durchgesetzt hat?
15. Januar 2017 um 17:59
Wieso heftigkeit? Ich habe jetzt drei mal gesagt, wogegen ich was hab, und fuhle mich immer noch unverstanden. Was ich sage ist ziemlich einfach: ist döner *teil* der deutschen kultur? Ich denke schon (hab nie was gegenteiliges gesagt). Ist döner deutsch? Auf keinen fall. Ist döner nirgends erfolgreicher als deutschland? Auch wenn ich noch nicht die 100%ige bestätigung habe, scheint es nicht so zu sein (es ist erfolgreicher in der turkei). Diese zwei Aussagen die Du getroffen hast stören mich. Erstens weil sie nicht stimmen, aber zweitens und vielleicht mehr, weil Du, die sonst doch keine unbegrundetete behauptungen aufstellst, in diesem punkt so locker flockig (salopp?) dies behauptest. Mir gefällt diese vereinnahmung nicht.
15. Januar 2017 um 18:26
Wo du gerade Dänemark erwähnst:
Uns amüsierte bei unserem letzten Schwedenurlaub, dass dort irgendwo mit “German Döner” geworben wurde.
Man sollte nicht allzu ernst nehmen, das Deutsch-Döner-Ding (ok, nur halbernst nehmen). Es ist auch Zeichen der Anerkennung, wenn der Fraß mitsamt Türken irgendwie als deutsch akzeptiert wird. Ich erinnere mich an eine Sendung von Anthony Bourdain, in der Gregor Gysi ihn zu Hasır in Berlin führt (dessen Küche wird meiner Meinung nach sehr überschätzt und wird jedes Mal nicht besser, so dass ich zuletzt gar nicht erst hineinging. Es gibt bei Hasır aber, so weit ich mich erinnere, erst gar keinen Döner, der in etwas gehobenen Lokalitäten nicht angeboten wird). Der Amerikaner konnte sich damals kaum einen Reim daraus machen und fragt sich vermutlich heute noch, was zum Teufel Kebap mit deutscher Küche zutun hat.
Nebenbei: den tatsächlich besten und ältesten Döner gibt es bei Cemal & Cemil Usta an einer Seitengasse (16. Şirin Sokak Nr. 16) in Bursas Innenstadt. War ein Insidertipp, damals.
Der beste mir bekannte Türke in Deutschland ist “Kilim” in Köln Keupstr.
15. Januar 2017 um 19:16
Ich meine natürlich den ältesten Dönerladen. Nicht Döner! Den ältesten Döner aß ich mal in einer Dortmunder Dönerbude. Ich lag danach eine Woche flach, unterbrochen lediglich durch hundert Klogänge pro Tag.
15. Januar 2017 um 20:14
Ich glaube Dönermann und Asiatempel können sich da die Klinke in die Hand geben. Es ist ja gerade modern das ehemaliges FastFood neu interpretiert und in”gesund” angeboten wird. In Leipzig schießen momentan die Burgerbuden aus dem Boden aber am besten schmeckt es ironischerweise immer noch beim Burgermeister am Straßenstand ^^
16. Januar 2017 um 8:57
In den USA wird die Mehrheit der Leute sicher sagen, dass die Pizza aus New York stammt.
https://en.wikipedia.org/wiki/New_York-style_pizza
16. Januar 2017 um 11:42
Was für ein interessanter Post und erst die Kommentare! Liegt die Verwirrung über deutsches Take-away-Essen vielleicht in erster Linie an den Regionen, die traditionell stärker industrialisiert waren (NRW, Rhein-Main-Gebiet) gegenüber den bäuerlich-ländlichen Gegenden, wo zuhause gekocht und höchstens mal etwas mit aufs Feld, ansonsten aber daheim oder im Wirtshaus gegessen wurde?
Das Hendl vom Grill, die Pommesbude, der Saschlik-Teller, die gedämpfte Rindswurst, die sogar vom Frankfurter Bahnhof mit nach Hause geschleppt und dort ausgepackt wurde – all das gab es in den 70er Jahren auf dem hessischen Dorf (!) meiner Kindheit, das größtenteils aus nach Frankfurt pendelnden Arbeitern bestand, kaum aus Landwirten. Entsprechend waren Dönerbuden seit den frühen 80ern verbreitet. Berlin empfand ich da – höchsten bzgl. der Anzahl, weil als Stadt unendlich größer – nicht als Vorreiter…
Ähnlich in Bezug auf Take-away-Essen dürfte es bei Fabrik-, Schicht- und Bergwerksarbeitern ausgesehen haben, die natürlich im Rhein-Ruhr-Gebiet zahlenmäßg die Nachfrage bestimmten.
Aber auch die Matjes aus der Hand gab’s sicherlich noch viel früher auf jedem norddeutschen Hafenmarkt und wurden nicht nur von Hafenarbeitern direkt aus der Hand gegessen. Wohingegen die Wirtshauskultur (Frühstück, Weißwurstfrühstück, Mittagessen, Bierdimpfln, Frühschoppen) doch stark im bayerischen, fränkischen oder – mit anderen Speisen – niedersächsichen Landstrich zu finden ist. Oder liege ich komplett falsch?
Und wie, bitte, war das eigentlich in der DDR?
Als Fan indischer Küche und Liebhaber der unendlichen Auswahl indischer Restaurants und Lebensmittel wäre ein Sterben der Curry Houses ein Drama für mich. Danke für den Artikel!