Journal Freitag, FREITAG, 26. April 2024 – Winter adeeeeee

Samstag, 27. April 2024 um 8:34

Gut geschlafen, ich hatte nicht mal Herrn Kaltmamsell heimkommen gehört. Beim Klogang leuchtete mir der Mond aufs Bett, der Wecker klingelte zu klarem Morgengrauen.

Für den Weg in die Arbeit schlüpfte ich nochmal in meinen Wintermantel, das Bild vor Augen, wie er mich auf dem Heimweg geöffnet umwehen würde.

Blumen am Straßenrand im Sonnenlicht

Wohnstraße mit Bäumen, links ein Wahlplakat mit der Schrift "DEINE STIMME FÜR MAß, MITTE UND FRIEDEN SPD"

Eigentlich ging‘s mir bei dieser Aufnahme in der Beethovenstraße ums Festhalten der typografischen Entscheidung für ẞ, doch versehentlich fing ich so das Winterende in meinem Viertel ein. (Interessante Diskussion in meiner Mastodon-Timeline über dieses ẞ, selbst tendiere ich dazu, lieber umzuformulieren, auch in Überschriften, damit solche Entscheidungen gar nicht erst nötig sind. Aber eine Grafikerin kann natürlich nicht zum Kunden gehen und um einen anderen Wahlslogan bitten, weil der sonst auf dem Plakat schlecht zu setzen ist.)

Volksfest auf der Theresienwiese, im Vordergrund Reihen von Zugmaschinen, im Hintergrund die Silhouette der Kirche St. Paul

Der Tag verlief zwar nicht so wolkenlos sonnig wie angekündigt, aber angenehm und entschieden nicht mehr winterlich. Für meinen Mittagscappuccino ging ich weiter, schon auf dem Rückweg konnte ich das mit dem offenen wehenden Mantel ausprobieren. Und danach immer wieder lange das Fenster in meinem Büro kippen.

Zu Mittag gab es Apfel, ein wenig Brot, Hüttenkäse.

Pünktlicher Feierabend, auf dem Heimweg Einkäufe fürs Wochenende im Vollcorner, auch der offene Wintermantel war zu warm.

Grünes Graffiti auf Betonwand, im Hintergrund Wohnblock

Zu Hause machte ich mich gleich ans Kuchenbacken (nach vielen Monaten mal wieder), es sollte fürs Wochenende Marmorkuchen geben.

Während er im Ofen war, turnte ich Yoga-Gymnastik. Zum Anstoßen aufs Wochenende mixte ich uns Rositas (Tequila, roter und weißer Wermuth, Campari).

Abgebildet ist, was der Text darunter erklärt

Authentisches Küchenstillleben: Frisch aus dem Ofen geholter Marmorkuchen auf Kuchengitter auf Küchentisch, dahinter ein Töpfchen Waldmeister, das Herr Kaltmamsell vor drei Wochen kaufte, auf dass es bis Mai für mehrere Maibowlen wachsen möge, das statt dessen aber eher stirbt und weniger wird, im Hintergrund Obstkorb mit Äpfeln, einer reifenden Mango, Zitrone, rechts ein vom Drinkmixen geleerter Eiswürfelbehälter, darauf Ofenhandschuhe, links unten neben dem Tisch sieht man die Ernteanteil-Abhol-Plastikkiste mit restlichen Kartoffeln.

Ein gedeckter Tisch, auf dem großen Glasteller was der Text darunter aufzählt

Klassisches Freitagabend-Nachtmahl mit Entrecôte, Ernteanteil-Spinat, ein wenig Ernteanteil-Ratatouille (nur wenig, weil es sich als stark gewürzt und zu dominant für diesen Teller erwies), Wurzelbrot, als Wein hatte ich einen südafrikanischen Owl Post geöffnet. Köstlich.

Zum Nachtisch schnitt ich den Marmorkuchen an, er schmeckte wundervoll.

§

Sehr spannende Frage von der Münchner Stadtbibliothek auf Facebook:

Du kannst deine Erinnerungen löschen lassen nd ein Buch noch einmal "zum ersten Mal" lesen. Welches Buch wählst du?

Meine erste Idee: Friedrich Torbergs Tante Jolesch. Doch das funktioniert nicht, weil ich beim ersten Mal so jung war und die Lektüre so tiefen und weitereichenden Einfluss auf mein gesamtes Leben hatte. Vielleicht den ersten Band Harry Potter? Aber vielleicht machten die beeindruckendsten Bücher genau wegen des Lesezeitpunkts so großen Eindruck und ich sollte andersrum die Erinnerung an eine besonders enttäuschende Lektüre löschen? Und Moby Dick anfangen, als hätte ich’s nicht schon mal versucht? So schwierig!

Ach was: Ich entscheide mich für Douglas Adams, The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy – es müsste großartig sein, wie bei gelöschter Erinnerung an die Lektüre plötzlich ein großer Teil von kulturellen Anspielungen Sinn ergibt.

§

Ich lerne auch weiterhin aus Blogs SO viel! Zum Beispiel über den Alltag mit Dysbastelie in elterlicher Funktion, leuchtendes Beispiel Vanessa Giese, die einen anspruchsvollen kindlichen Backwunsch erfüllen muss:

Meine Taktik war, mich ausreichend gut anzustellen, um es nicht zu enttäuschen, und gleichzeitig ausreichend schlecht, um kein zweites Mal gefragt zu werden. Ein Ritt auf der Rasierklinge!

“Krümelmonstermuffins, Meerschweinsocken und allerlei Ereignisse, dazu schönes Licht”.

die Kaltmamsell

14 Kommentare zu „Journal Freitag, FREITAG, 26. April 2024 – Winter adeeeeee“

  1. Christine meint:

    Beim Hitchhiker stelle ich mir inzwischen die Frage, wie viel von den dort beschriebenen Szenarien nur wahr geworden sind, weil sie von Adams beschrieben worden sind.
    Ich höre gerade den “Alles-gesagt”-Podcast mit der Zukunftsforscherin Florence Gaub und darin geht es unter anderem darum, welchen Einfluss Science-Fiction auf die tatsächliche Umsetzung in Technologien in der Gegenwart hat.

  2. Annbellis meint:

    Sie konnten nie was mit Moby Dick anfangen? Ich auch nicht, mehrmals versucht.

  3. die Kaltmamsell meint:

    Mich warfen die endlosen Beschreibungen von Wal-Arten raus, Annbellis, irgendwann wollte ich wirklich nicht mehr wissen, wie’s weitergeht.

  4. mhs meint:

    Vllt bekriegt sich der Waldmeister eher wenn er aus seiner Anzuchterde rauskommt und ab und an echte Sonne abbekommt.

  5. Friederike meint:

    Würde ich jetzt den Hitchhiker zum allerersten Mal lesen, würde ich die Beschreibung des Reiseführers als Gegenstand seltsam finden:
    das ist doch einfach ein Smartphone (inzwischen ganz alltäglich)!
    Auch mich haben Hörspiel und Bücher mit ihren genialen Gedankenpurzelbäumen seit den 1980ern sehr geprägt.
    Danke für den herrlichen Begriff „Dysbastelie“!

  6. Stefan Sommer meint:

    Zur Zeit meiner Schriftsetzer-Ausbildung (ab 1991) galt die heute weit verbreitete, umfassende Verwendung von Versalien eher als typographische Unsitte, auch auf Plakaten. Dass das 2008 eingeführte ẞ (seit 2017 Teil der deutschen Rechtschreibung) so schnell um sich greift, finde ich immer noch befremdlich.

  7. Mareibianke meint:

    Dysbastelie! Ich feiere Sie für diese Bezeichnung! Bisher hatte ich es als Bastelallergie bezeichnet… befiel mich im anthrposophischen Kindergarten unserer Ältesten und ging dann nicht mehr weg.

    Mein Buch für erneut lesen ohne Erinnerung an das erste Mal wäre spontan “Wer die Nachtigall stört”

  8. Poupou meint:

    Dysbastelie! Wie großartig!

    Über das Plakat stolperte ich auch, dachte mehrfach ich hätte mich verlesen. Wer wirbt denn ernsthaft für sich mit Mittelmaß?

    Hitchhiker habe ich als jugendliche nach wenigen Seiten wegen langweilig weggelegt. Vielleicht sollte ich das nochmal probieren (wie auch Harry Potter und Herr der Ringe, die ich ebenfalls nicht gelesen habe), vielleicht eröffnet sich dann ein neues Referenzuniversum?

    Ungelesen neu lesen würde ich gerne den Namen der Rose.

    LG
    Poupou

  9. PaulineM meint:

    Auch ich würde mich für Der Name der Rose entscheiden. Beim ersten Lesen habe ich eine Freitagnacht durchgelesen, weil ich am nächsten Morgen durchgehenden Wochenenddienst antreten musste. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich bis Montagmorgen mit der Fortsetzung warten konnte.

  10. Heidi meint:

    Einfach wunderschön, dieser Beinwell!

  11. Joël meint:

    Ich hatte mal vor einigen Jahren Moby Dick als sehr gut gemachte Comic Version, an der Isaac Wens und Sylvain Venayre acht Jahre lang gearbeitet haben. Die gibt es jetzt auch in Deutsch im Kneesebeck Verlag. Nur für den Fall dass Du es doch nochmal versuchen willst. Es ist der dickste Comic den ich je hatte, mit weit über 200 Seiten.

  12. Hauptschulblues meint:

    Solltet ihr Waldmeister brauchen, kann ich welchen aus dem Obstgärtchen per Brief schicken. Er soll ohnehin leicht angewelkt sein.

  13. Sandra meint:

    Hm, ich dachte, der beste Marmorkuchen ist der, der nach dem Rezept auf der Mondamin-Packung gebacken wird…

  14. Christine meint:

    Die Töpfe mit den Kräutern sin doft zu klein für die Wurzeln, um dauerhafter zu überleben. Deshalb gerne den Wurzelballen teilen und in zwei oder mehr Töpfen unterbringen.

    (Lucky me: Ich kenne eine Stelle am Wegesrand mit Waldmeister)

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