Journal Samstag, 13. April 2024 – Pannobile-Besuch in München

Sonntag, 14. April 2024 um 9:43

Nach einer gut und tief durchschlafenen Nacht weckte mich der morgenhelle Himmel – an einem Tag mit schönem Wetter ist es mir ohne geschlossenem Rollladen also mittlerweile schon um halb sieben zu hell zum Weiterschlafen.

Ich knetete erst mal Teig, gestern sollte es nach langer Pause wieder selbstgebackenes Brot geben, ich hatte mich für ein 14 Jahre lang gespeichertes Rezept für Mecklenburger Landbrot entschieden. Und beim Stöbern festgestellt, dass Lutz Geißler seine Online-Rezepte im Plötzblog seit Kurzem kostenpflichtig macht – was er gut begründet, ich empfehle die Lektüre, weil daraus das ganze Dilemma eines gut gemachten Rezeptblogs deutlich wird, das kein klickibunti Werbe- oder PR-Objekt sein soll. Was allerdings für mich persönlich bedeutet, dass all die Links zu seinen Rezepten, die ich mir fürs Ausprobieren gespeichert hatte, unnütz geworden sind.

Zwei längliche Brotlaibe auf Kuchengitter auf schwarzer Kopchplatte.

Ob ich in diesem Leben die Anweisung “halbieren” jemals hinkriege?

Einer der Brotlaibe aufgeschnitten.

Hm, wird nicht mein Lieblingsbrot: Die Kruste war mir ein wenig zu hart, anfangs länger bedampfen? Und der Geschmack ging mir ein bisschen zu sehr Richtung “gesund”.

Während ich meinen Sportrucksack packte, machte sich Herr Kaltmamsell fertig für Frühstücksverabredung und Münchenspaziergang mit zwei anderen bloggenden Lehrern. Bei diesem herrlichen Wetter wollte ich meine Schwimmrunde wieder im Freien drehen und radelte (wieder kurzärmlig) zum Dantebad. Als ich ans Becken kam, war es noch voller als am Samstag der Vorwoche, doch noch vor Ende der ersten 1.000 Meter beruhigte sich der Schwimmverkehr. Ich schwamm mit Vergnügen und nur wenig Kreuzzwicken (Schulter gar kein Problem), legte 300 Meter auf meine üblichen 3.000 drauf. Die neue Schwimmbrille funktionierte hervorragend: Den super Sitz kannte ich ja von diesem Modell, die Verspiegelung schützte mich vorm Geblendetwerden.

Diesmal wäre sogar ein Sonnenbad drin gewesen: Man hatte ein kleines Stück der Liegewiese gemäht und geöffnet.

Beim Heimradeln war auf der Dachauer Straße so viel Radverkehr unterwegs, dass nur Kolonnefahren ging (nur einmal versuchte jemand die Autotechnik des Ausscherens und vorne Einquetschens – um an der nächsten roten Ampel im selben Pulk zu stehen). Zentrumsnah begegneten mir immer wieder Männerchöre in Fußball-Oberteilen, gestern spielte anscheinend Rewe.

Für den gestrigen Sonnentag hatte ich mir Entwintern des Balkons vorgenommen, packte daheim nur kurz die nassen Schwimmsachen aus und startete gleich durch: Balkon saugen, Balkonmöbel mit Grüner Seife und Bürste auf dem Balkon abschrubben (ich hatte leider schon wieder vergessen, dass ich damit die – relativ kürzlich gereinigten – Glasscheiben zum Balkon versaute), Balkonmöbel ins Wohnzimmer schleifen, Balkonboden reinigen (ich habe zu wenig Erfahrung mit dem professionellen Bodenwischer unserer Putzmänner, arbeitete lieber mit Schüssel, Spüli-Wasser und Spülschwamm auf Knien, abschließend mit klarem Wasser und Schwammtuch).

Blick von innen auf einen leeren Balkon mit oranger herabgelassener Markise.

Dauerte mit anderthalb Stunden ein wenig länger als vorhergesehen (unter anderem vergesse ich immer, die Reinigung der Putzwerkzeuge einzukalkulieren). Zwar ist nur noch für Sonntag Balkonwetter angekündigt, aber das ist ja ein ganzer nutzbarer Tag. Ein Rausstellen der Balkonpflanzen erschien mir allerdings noch zu riskant, für die nächste Woche ist ein weiterer Temperatursturz angekündigt.

Um drei aber endlich Frühstück: Mecklenburger Landbrot mit Butter und Honig, Orangen. Während ich aß, kam Herr Kaltmamsell von seinem Ausflug heim. Er half mir, den sauberen Balkon zu möblieren.

Balkon mit Bank und Tisch, auf dem Tisch eine aufgeschlagene Zeitung, dahinter eine Frau mit weißen Haaren und schwarzem Oberteil, die diese Zeitung liest.

Erstes Balkonnutzen durch Zeitunglesen (Foto: Herr Kaltmamsell).

Für den Abend hatten wir Karten: Die Wir2liebenWein hatten Pannobile-Winzer*innen aus dem österreichischen Gols nach München geschafft, unter anderem gab es ein Flying Dinner mit Weinen von ihnen, und für das hatte ich Herrn Kaltmamsell und mich eingebucht (der Newsletter hatte sich schonmal gelohnt!).

Wir spazierten in der Abenddämmerung durchs geschäftige Bahnhofsviertel in die Bambule-Bar (die, wie ich jetzt beim Recherchieren fürs Blog feststelle, irgendwie zum Mural gehört).

Moderner Innenhof, im Vordergrund Holztischlein mit zwei Weißweingläsern, im Hintergrund sitzt ein Mann mit grünem Hemd und grauem Sakko, verschränkten Armen, weiter im Hintergrund stehende und gehende Menschen.

Es war draußen eingedeckt, wie setzten uns an einen Zweier-Tisch – und dann startete ein Abend mit viel Weinlernen durch Probieren und köstlichen Tellerchen.

Vier Weinflaschen mit Etikett

Vier Weinflaschen mit Etikett

Acht der elf probierten Weine. Von den einschenkenden Winzer*innen erkannte ich Claus Preisinger, dessen Weingut ich 2010 mal besucht hatte, der junge Herr, der Heinrich-Weine in der Flasche hatte, war wohl auch vom Weingut. Da wir wirklich immer nur einen Schluck nahmen, waren wir auch nach dem elften nicht betrunken, das mochte ich.

Meine Favoriten:
1. Der Heinrich Petnat Oh when the Saints 2021, gleich als erster im Glas. Bislang waren mir Petnats immer zu vordergründig hefig (wenn nicht sogar “gesund”) schmeckend, doch dieser war fein vielfältig blumig – will ich haben.
2. Gsellmann Traminer, maischevergoren – sowas hatte ich ja noch nie gerochen und geschmeckt, sehr vielschichtig.
3. Rennersistas Waiting for Tom, mein liebster Roter des gestrigen Abends. Eine Cuvée, die richtig spritzig rüberkam (die Rotweine wurde sehr kalt ausgeschenkt), sauerkirschig.

Ein erstes Mal: Der Heinrich Blaufränkisch 2014, vorgestellt als besonders kalter Jahrgang, roch intensiv nach Zündholzkopf.

Jetzt endlich explizit ausdiskutiert, dazu sind solche Pärchenabende ja da: In unserem Rotweingeschmack unterscheiden sich Herr Kaltmamsell und ich deutlich. Während er die typischen Spanier und Übersee-Weine liebt (Holz, Wucht), sind mir die filigranen Österreicher am liebsten. Man muss als Paar ja nicht in allem harmonieren. Und zum Glück trinke ich durchaus auch gerne Mal ein Glas Wucht, es ist keineswegs so, dass ich die nicht mag.

Vier Tellerchen mit Essen

Drei Tellerchen mit Essen

Die Speisen in kleinen Portiönchen waren fast durchgehend Thai-beeinflusst, Ausnahme der Tafelspitz ganz klassisch. Besonders mochte ich die Ceviche und den saftigen Reiskuchen. Wir wurden gut satt. (Der Anblick, den Herr Kaltmamsell am späteren Abend hatte.)

Rückweg durchs jetzt stillere Bahnhofsviertel bei Nacht.

§

Ich stimme Nele Pollatschek oft nicht zu, will aber immer lesen, was sie schreibt: Weil es wohl überlegt ist. In der Wochenend-Süddeutschen schreibt sie über toxische Weiblichkeit (und ein gleichnamiges Buch) und bringt mich zum Nachdenken (€):
“Was ist toxische Weiblichkeit?”

Bei aller Systemkritik kann man sagen: Wer trotz Klimawandel und Verkehrstoter mit 220 Sachen über die Autobahn brettert, verhält sich ein bisschen asozial. Und weil dieses Verhalten eben häufig das Resultat dessen ist, was man in feministischen Kreisen eine “männliche Sozialisierung” nennt – also die Erziehung zum Mann, in der Kindern eingeredet wird, dass ihr Wert als Mensch an bestimmten “männlichen”, draufgängerischen, mitunter gefährlichen Verhaltensweisen hängt – kann man hier von “toxischer” (also giftiger) Männlichkeit sprechen.

(…)

Genauso wahr: Wer trotz Fachkräftemangels medizinisches Personal mit der persönlichen Eitelkeit beschäftigt, wer sich die Nase machen lässt, während Pfleger für die Herz-OP fehlen, wer die Nachfrage kreiert, aus der einige der besten Dermatologen sich auf medizinisch unnötige Eingriffe spezialisieren, sodass Kassenpatientinnen auf Krebsvorsorge warten müssen – besonders Frauen sind von Altersarmut betroffen, können nicht einfach draufzahlen -, verhält sich ein bisschen asozial. Und weil dieses Verhalten häufig das Resultat dessen ist, was man in feministischen Kreisen eine “weibliche Sozialisierung” nennt – also die Erziehung zur Frau, in der Kindern eingeredet wird, dass ihr Wert als Mensch an bestimmten “weiblichen”, dekorativen, mitunter eitlen Verhaltensweisen hängt -, könnte man hier von “toxischer” (also giftiger) Weiblichkeit sprechen. Man tut es nur nicht.

Irgendwie haben sich die sichtbarsten Teile des Gegenwartsfeminismus darauf geeinigt, dass es wichtig sei, die ästhetische Selbstoptimierung weiblich sozialisierter Menschen nicht zu stigmatisieren – also nicht auf die Art über überfüllte Gesichter zu urteilen, wie man über Porschefahrer urteilt.

(…)

Irgendwie ist der Teil des Diskurses, der sich darauf spezialisiert hat, die Stellen zu benennen und zu bekämpfen, an denen die Sozialisierung zum Mann eine giftige Wirkung ausübt, bislang nicht gut darin zu erkennen, wie viel am Weiblich-Sozialisierten tatsächlich sehr giftig ist. Ist ja auch verständlich, man musste ja erst mal die mächtigen Männer entgiften und die Frauen ermächtigen. Nur jetzt, wo man sich in vielen Ländern des Westens einer gleich-ermächtigten Welt nähert, wäre es an der Zeit zu erkennen, welche weiblich-sozialisierten Verhaltensweisen schädlich sind. Damit man am Ende nicht lauter toxischen Kram ermächtigt, nur weil er von Frauen kommt.

die Kaltmamsell

4 Kommentare zu „Journal Samstag, 13. April 2024 – Pannobile-Besuch in München“

  1. Joriste meint:

    das ist ein interessanter Beitrag, über den ich gerne eine Debatte lesen würde um mir eine Meinung zu bilden.
    Mein erste Frage ist, ob wir diese Unterscheidung brauchen, denn eine der Grundsatzprobleme von ‚uns Feministinnen‘ ist doch der Umgang mit den Frauen, die Feminismus nicht für nötig halten und nicht mitmachen.
    Gerne gelesen – liest sich nach einem schönen Tag für Sie.

  2. Barbara meint:

    Die Frage ist, ob es so viele Schönheits OPs gäbe in einer rein weiblichen Welt. Ich glaube, nicht. Aber es gäbe wahrscheinlich genauso viele Raser in einer Welt ohne Frauen.

  3. Maria Beyer meint:

    “Gestern spielte anscheinend Rewe.”

    You made my day und mein Herz lacht laut.

    Mein Speicher mit unnützem Wissen geht sofort an und komplettiert die gestrige Männer-Fußball-Begegnung.

  4. Trulla meint:

    Als alte Feministin, die schon früh für “gleichberechtigt” hielt, Frauen gleiche Rechte auch auf Fehler zuzugestehen wie Männern, erschüttert mich das sogenannte “toxische” Verhalten nicht sonderlich. Fehler machen alle, Geschmäcker sind verschieden. Aber nicht alles ist auch gleichermaßen gesellschaftsschädigend.
    Ich beziehe mich nur auf das hier Gelesene und mehr als die selbst gewählte, des öfteren sogar “Verunstaltung” mancher Frau würde ich die Rolle der Ärzte und des Personals hinterfragen, die ihre gute Ausbildung für fragwürdige Dienste verwenden zur Einkommensmaximierung.

Beifall spenden: (Unterlassen Sie bitte Gesundheitstipps. Ich werde sonst sehr böse.)

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