Journal Dienstag, 18. Juni 2024 – Rolltreppenfahren the Munich way

Mittwoch, 19. Juni 2024 um 5:46

Nach guter Nacht beim Rollladenhochziehen erstmal einen Turmfalken wegfliegen sehen – vielleicht hatte er auf der praktischen Straßenlampe gesessen.

Ein herrlicher Sommermorgen, ich ging vergnügt in die Arbeit. Aus Zeitgründen nutzte ich die U-Bahnstation Heimeranplatz als Unterführung – und bekam Gelegenheit zu einem Schnappschuss:

Links Innentreppe, rechts Rolltreppe, darauf stehen ein Dutzend Menschen rechts, niemand steht oder geht links

Münchner Rolltreppen-Etikette.

Im Büro fand sich eine Lösung für ein langwieriges technisches Problem, so richtig mit Tier-2-Support, “Aufschalten” auf meinen Rechner, Kommandozeilenversuche (“das muss ich schnell googlen”).

Vormittag mit Besprechungen, die mich an meinem Mittagscappuccino hinderten.

Mittagessen eingeweichtes Muesli mit Joghurt; die Pfirsiche dazu hatte ich daheim auf dem Dielenschränkchen vergessen. Musste auch so reichen.

Nachmittags nochmal ordentlich was weggeschafft, von draußen kam es durchs gekippte Fenster immer heißer rein. Nach Feierabend suchte ich den Schatten auf dem Weg nach Hause. Einkäufe im Vollcorner fürs Abendessen, weder Herr Kaltmamsell noch ich hatten Energie für Biergartenausflüge.

Daheim nach dem Auspacken erstmal Pilates mit Gabi Fastner, tat wieder sehr gut. Als Nachtmahl machte ich mit den daheim gebliebenen Plattpfirsichen sowie zugekauften Tomaten, mit etwas Zitronenmelisse, Olivenöl, Zitronenbalsamico und Feta einen Salat.

Aufsicht auf eine Glasschüssel voller Stücke Pfirsich und Tomaten, Feta darübergekrümelt

Dazu hatte ich beim Zöttl Wurzelbrot besorgt. Schmeckte sehr gut, aber die Zitronenmelisse lassen wir künftig weg (Seifengeschmack). Nachtisch Schokolade.

Sehr früh ins Bett zum Lesen.

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Wie die meisten Großstadtzentrumsbewohner*innen regelmäßig hat Maximilian Buddenbohm jemandem den Weg weisen können. Das kenne ich natürlich auch, und ich muss schon sehr schwarz gestimmt oder in Eile sein, damit mir das keine Freude bereitet. Zumal ich mich überdurchschnittlich gut auskenne, ich bin ja oft und aufmerksam in München zu Fuß unterwegs.

Je nach Gesamtumständen frage ich auch mal zurück: “Den schnellen oder den schönen Weg?” Und seit mich das vor zehn Jahren in Tel Aviv ungemein freute, erkundige ich mich bei offensichtlichem Touristentum auf Deutsch oder Englisch: “Zum ersten Mal in München?” Wenn dem so ist: “Herzlich willkommen!”

Man muss allerdings auch in Kauf nehmen, dass die Wegsuchenden das als Gesprächsangebot ansehen und eine Unterhaltung beginnen. In deren Verlauf man eventuell Dinge über die gerade noch so sympathisch aussehenden Menschen erfährt, die man nicht über sie wissen wollte. Wie zum Beispiel bei der Münchenbesucherin am Wahlsonntag, die mich auf dem Weg zur Abendschicht aufhielt. “Wir kommen ja aus Heidelberg.” – Ach was, interessant, oh schönes Heidelberg. “Und des is ja so schlimm mit dene afghanische Messerstecher. Und mir ham auch so viele Türken!” Heidelberg? War das nicht Mannheim? Leider bin ich in solchen Situation komplett unsouverän, so auch diesmal: Ich warnte nur mit einem falschen Lächeln, dass sie sich dann besser nicht länger in dieser Bahnhofsgegend aufhalten solle, da wimmle es von Einwanderern aus genau diesen Herkunftsgegenden – und entzog mich dem weiteren Gespräch.

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Vor fünf Jahren wurde in Südspanien ein unberührtes römisches Grab gefunden. Eines der Gefäße, so stellte sich jetzt heraus, enthält 2000 Jahre alten Wein – Weißwein, um genau zu sein:
“Oldest wine ever discovered in liquid form found in urn with Roman remains”.

Probiert hat ihn aber noch niemand.

§

Wieder mal ein besonder schöner Beitrag auf dem instagram-Kanal Women in Street: Málaga.

die Kaltmamsell

11 Kommentare zu „Journal Dienstag, 18. Juni 2024 – Rolltreppenfahren the Munich way“

  1. Neeva meint:

    Oh “schöne” Situation: Im direkten Gespräch verweise ich mit der mir eigenen Diplomatie auf meinen türkischen Nachnamen. (Schwiegerpapa kam damals aus der Türkei hierher.)
    Ansonsten weise ich auf meinen eigenen Migrationshintergrund hin. (1. Generation aus dem Nordosten nach München, 4. Generation aus Schlesien und Ostpreußen). Meistens kommt dann betretenes Rumeiern.
    Ich hab auch schon eine Kollegin (Siebenbürgerin) darauf aufmerksam gemacht, dass sie gerade genau klingt wie die Leute, die sie und ihre Familie nach Rumänien ausweisen wollen würden.

    Aber was macht man, wenn z.B. die MFA lautstark einem anderen Patienten erzählt, dass das Gesundheitssystem in die Knie geht “weil ja jeder ins Land gelassen wird?” Man müsste gegenhalten, aber wie effektiv?

  2. Karin meint:

    Nachdem ich in diversen Radurlauben auch oft von Einheimischen die kürzeste Strecke an der Bundesstrasse entlang zum Zielort geschickt worden bin, habe ich mir auch angewöhnt, zu fragen ob schnelle/kurze oder schöne Strecke gewüscht ist.

  3. Sanne meint:

    Man könnte ja fragen, ob von Fachkräftemangel und überalterter Bevölkerung schon mal was gehört wurde. Und freundlich anfügen, dass man ja nicht hoffe, dass das Gegenüber jemals in eine Situation kommt, wo es auf jedwede Hilfe – vielleicht auch eine afghanische oder syrische Pflegekraft – angewiesen sein wird. Das sprengt dann aber vermutlich den Gesprächsrahmen.

  4. Dietrich Renate meint:

    Der Wein ist ungenießbar setze 1000€

  5. N. Aunyn meint:

    Die Münchener Rolltreppenetikette fehlt mir hier in der Hauptstadt: “Rechts stehen – links gehen” ist doch eigentlich einfach.

  6. Nina meint:

    Genau das wollte ich gerade auch kommentieren. Genau so wie „Erst aussteigen lassen“ beim Einstieg in die Öffis oder mal kurz auszusteigen, wenn jemand aus der vollen U-Bahn aussteigen will und man selbst die Tür blockiert. Ich bringe das bereits meinem Kind bei, wieso können das erwachsene Menschen nicht umsetzen? Es muss Unwillen zur Rücksichtnahme sein. In anderen Städten klappt das offensichtlich auch. Ich habe es wirklich noch nie irgendwo so schlimm erlebt wie bei uns hier in Berlin.

  7. Ruth Perras meint:

    Das Rolltreppen Benehmen auch ganz stark hier in New York vertreten, besonders während der Rush hour.
    Klappt prima, nur muss man Besuch darauf aufmerksam machen. Und das ‚Fremde raus‘ ist auch hier stark vertreten. Ich muss dann immer an Ellis Island denken, wo ein ganzer Raum mit propaganda gegen Einwanderer aus dem vorletzten Jahrhundert illustriert ist. Nichts Neues unter der Sonne. Dabei bin ich selbst auch ein Einwanderer, aber durch mein Herkunftsland und Hautfarbe ohne Probleme akzeptiert,
    Just saying, no lesson.

  8. Sylvia meint:

    Ein schottischer Fußballfan hat sich sogar beim Oberbürgermeister für die proaktive Wegweisungs-Bereitschaft der Münchner*innen bedankt: https://ru.muenchen.de/2024

  9. Ilka meint:

    Ich helfe wegsuchendne Touristen auch gern weiter, habe aber auch schon echt unhöfliche erlebt oder welche die einfach nicht einsehen wollen, dass man in unserer mittelalterlichen Fachwerkstadt nicht überall mit dem Auto hinkommt. Einmal hatte ich ein Pärchen bei dem mich einer der beiden todernst fragte “sind sie sicher” als ich ihnen den Weg erklärte, sein Begleiter sah meinen Gesichtsausdruck und fing so heftig an zu lachen weil ich so verdattert guckte, daran erinner ich mich noch heute. War dann insgesamt sehr lustig, sie wurden wohl auf eine Alternativroute geschickt die auch zum Ziel geführt hätte, die war aber wesentlich umständlicher. Nur wenn man hier geboren und aufgewachsen ist (was das Gegenüber ja natürlich nicht wissen kann) guckt man schon mal doof wenn einem bei einem einfachen Ziel die Frage gestellt wird. Statt schön oder schnell sollte ich vielleicht dann lieber gehen sie lieber rechtsrum oder linksrum fragen.

  10. die Kaltmamsell meint:

    Mein Liebling hier im Klinikviertel, in dem ich wohne, Ilka: “Wissen Sie, wo das Krankenhaus ist?” (Armbewegung im Dreiviertelkreis: “Suchen Sie sich eines aus!”)

  11. Queen All meint:

    Schlimm nur, wenn man nach dem Weg erklären merkt, dass man den Unwissenden zum falschen Ziel geschickt hat. Ist mir vor Jahren passiert, allerdings versehentlich und derjenige war schon weg, als es mir aufgefallen ist. Es sah aber nicht nach einem medizinischen Notfall aus, daher hoffe ich, dass derjenige es mir nicht ganz so übel genommen hat, als er statt vorm Krankenhaus vorm Gefängnis stand

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