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10.6.2004 7:44 PM CET
Brighton 2004
Meine Anglophilie gründet sich in erster Linie auf Sprache. Die Engländer haben eine so schöne und verwenden sie dann auch noch so angenehm. Zum Beispiel auf diesem Warnschild auf dem Palace Pier in Brighton: Erst weisen sie auf die Gefahr hin, dann auf das Verbot. Auf der Verkaufstheke eines Zeitungsladens in der Innenstadt klebte ein handgeschriebener Zettel „Please do not ask for change for the phone box“. Mehr bebilderte Gründe für meine eben erneuerte Liebe zu Großbritannien hier:
Ein ganzes Viertel von Brighton ist durchzogen mit den North Laines (nicht zu verwechseln mit den Lanes), lauter kleine bis kleinste Läden und Cafés. Meist verkaufen die Inhaber selbst gefertigte Dinge.
Hier eine alternative Apotheke: Herbal Medicine. Brighton ist immer noch eine Hippie-Stadt, allerdings eher für Hippies mit sehr viel Geld.
Ein Laden, der ausschließlich Seife vom Block verkauft.
Das ist die Ansicht, die ich in Brighton am genauesten kenne. Man hat sie, wenn man am besten Comic-Laden der Stadt lehnt. In dem der Mitbewohner bei jedem Brighton-Besuch für lange Zeit verschwindet.
Das Wahrzeichen von Brighton ist das Palace Pier, ein Vergnügungspark auf einem Steg über dem Meer. Karussells, Spielautomaten, Chip-Shops, Würstchenbuden und kostenlose Liegestühle. Wenn das Wetter auch nur einigermaßen mitspielt, ist hier mords was los.
Die berühmteste lokale Süßigkeit gibt es auf dem Pier natürlich auch zu kaufen: Brighton Rock, dicke Zuckerstangen in allen möglichen Geschmacksrichtungen.
Sehr schön ist es auch am Strand. Ich fand den englischen Sommer immer ideal: viel Sonne, aber nie zu heiß. Ja, es ist wahrscheinlich, dass es hin und wieder regnet. Oder auch nicht, wie diesmal.
Bis in den Abend sitzen die Menschen am Strand. Und hier wie auch in London fällt mir bei jedem Besuch auf, dass sich in England die Menschen verschiedener Herkunft mischen. In den Gruppen ist oft das gesamte ehemalige Commonwealth vertreten. Die flanierende Pärchen haben sichtlich verschiedene ethnische Hintergründe, man sieht ältere Paare verschiedener Hautfarben zusammen beim Brotzeiten, ein Teenager mit tief ins Gesicht gezogenem Kopftuch geht kichernd und eng umschlungen mit einer leicht geschürzten blonden Altersgenossin die Strandpromenade entlang. Die Briten haben eben durch das Commonwealth eine längere Einwanderergeschichte als Deutschland; die deutsche Zukunft stelle ich mir ähnlich vor.
Aber selbstverständlich ist „Fish&Chips“ weiterhin ein Standard, mittlerweile auch in edel. Hier die Variante in einem Restaurant, das sich in einem ehemaligen Bankgebäude befindet (heißt auch The Bank): eine ganze Scholle paniert und frittiert, dadurch bleibt sie, wie auch der sonstige „Fish“ in „Fish&Chips“, schön saftig.
England ist rundum quirky, und genau das liebe ich so. Zum Beispiel die Steckdosen, die nicht nur drei statt unserer zwei Eingänge haben, sondern auch noch allesamt Schalter. (Das Leopardenmuster ist lediglich die individuell quirky Reflexion des Sofas in unserem Hotelzimmer).
Oder vieles an den Supermärkten, hier eine typische Milchtheke. Ich hätte gerne noch viel mehr Fotos im Supermarkt gemacht (die Würste! das Fleisch! die Gewürzpasten! das Gemüse! die Sandwichs!), habe mich aber nicht getraut.
Obwohl ich nun schon einige Male in Brighton war, der Mitbewohner sogar hier studiert hat, gab es auch diesmal eine überraschende Entdeckung: eine ziemlich versteckte Synagoge. Hm, von der hatte ich noch in keinem Stadtführer gelesen. Jetzt wunderte ich mich aber nicht mehr über die Ecke im Supermarkt mit kosher food.
Ein letzter Blick auf das, was bis vor wenigen Jahren das heimliche Wahrzeichen Brightons war: das West Pier. Nachdem ein Trust endlich das Geld und die Erlaubnis für eine Renovierung beisammen hatte, zerstörte erst ein Sturm den vorderen Teil, dann ein Brandanschlag den hinteren. Alle Hinweisschilder, die in den letzten Jahren den Fortschritt der Renovierungspläne dokumentierten, sind abgenommen. Die Website lässt lediglich darauf schließen, dass der Trust völlig von vorne anfangen muss.
Kommentare: 7 Kommentare Wunderbar, vielen Dank!
Aus meinen "early teen-years", weiß ich, daß auch das deutsche Steckdosen-System drei "Kontakte" hat. AFAIR kann man durch Anschluß eines elektrischen Verbrauchers an Phase und Erde Strom fließen lassen, was zwar zwar bei einer 20 Watt-Lampe noch funktioniert, aber bei einem Staubsauger zum Auslösen des sog. "FI-Schalters" (diesen Namen habe ich mir gemerkt) und zum Stromausfall im ganzen Haus führt. Dieser läßt sich durch einen vor Wut schnaubenden Vater erst nach einer geschlagenen halben Stunde wieder aktivieren - das (von oben angeordnete) Ende meiner Versuchsreihe mit Phase und Erde...
Hach ... *schmacht* ... Elektrorasierer mit kontinentalem Stecker lassen sich auch in Großbritannien betreiben, wenn man mit einem langen, spitzen Gegenstand in dem obersten Steckdosenloch herumpokelt, um die Schutzklappen der beiden unteren Löcher zu öffnen. Risiko und Nebenwirkung: Pokelt man im falschen Loch herum, liegt man unrasiert und elektrisiert, vielleicht sogar reglos, neben der Steckdose. Never ever try this at home, kids.
Wunderschön! Vielen Dank!
Schön. Genau so habe ich es in Erinnerung. Danke.
Brighton bin ich auch einmal gewesen - back in 1977 - und da möchte ich gerne wieder einmal hingehen. Vielen Dank für den schönen Bericht und die nette Erwähnung der Steckdosen. Hier noch zwei Sachen zum Thema: Der *dritte Kontakt* gibt es eigentlich überall auf der Welt, nur nicht in Deutschland. Da ist dieser nämlich durch die zwei Metalllamellen am Rand der Dose ersetzt. Wird ein Gerät in die Dose gesteckt, wird darüber das metallene Gehäuse mit Erde verbunden, so dass man auch bei defekten Geräten nicht vom Strom erschlagen wird. Es gibt aber noch zwei echt ultimative Steckdosenerlebnisse in England: erstens: die Stecker der Geräte sind so riesig, weil sich darin auch noch eine *Sicherung* verbirgt. zweitens: wenn man ein Gerät kauft ist in der Regel *kein Stecker* dran. Denn muss man sich selbst besorgen und da hin montieren.
William Gibson schreibt in "Pattern Recognition" über das UK:
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