Archiv für Januar 2004
Viva Alice
Montag, 26. Januar 2004Nachdem ich dieses Interview mit Alice Schwarzer gelesen habe, dabei gelacht und geseufzt (via etc.pp.), muss es doch raus:
Wir brauchen den Feminismus. Und wir brauchen Alice. Ich unterdrücke heftig das Bedürfnis genau aufzuführen, in welchen vielen Details meine Ansichten sich von den ihren unterscheiden, denn: Im gesamten deutschsprachigen Raum kenne ich niemanden, der ihre gesellschaftliche Rolle einnehmen könnte. Und DAS ist ein Elend.
Drei Frauenfilme sind es, die mich in letzter Zeit zurück zum Grübeln über das Thema gebracht haben:
– Calendar Girls
– Down With Love
– Mona Lisa Smile.
Unabhängig von ihrer höchst unterschiedlichen Qualität haben mich diese Filme traurig gemacht: Frauen sind so gleich geblieben.
Vielleicht ist das Unwohlsein darüber der Grund für diese Häufung von Frauenfilmen?
Calendar Girls ist ein komplett verschenkter Film. Er ist in die große Falle getappt, vor der alle Filme der Marke „based on a true story“ stehen: Niemand hat sich Gedanken gemacht, was eigentlich erzählt werden soll. Wozu auch, schließlich ist es eine wahre Geschichte. Keiner der Charaktere wird als Mensch fassbar? Aber so war es doch wirklich! Nebensächliches wird für einen Lacher aufgebläht (z.B. Pubertätsschwierigkeiten eines Sohnes), Wichtiges übergangen (z.B. Umgang mit Schönheitsidealen)? Aber es ist doch eine echte Geschichte!
Dem Drehbuch hätte ein großer zeitlicher Abstand zum wahren Hintergrund sehr gut getan. Dann wäre vielleicht wirklich ein weiblicher The Full Monty draus geworden.
Down With Love führt vor, wie ein Doris-Day-Film heute ausgehen müsste (und erinnert mich sehr an das Restauration Drama The Way of the World von William Congreve).
Als Film hat mich die Geschichte sehr amüsiert (und der Soundtrack ist tatsächlich ein Juwel).
Unbenommen ist aber die Voraussetzung für den weiblichen Erfolg in dieser Welt: Blendendes superfeminines Aussehen und ein gerüttelt Maß an Tücke. Das ist seit dem Jahr 1700 nicht anders geworden.
Mona Lisa Smile ist ganz nett. (Sollte wohl ein Dead Poets Society in weiblich werden – no way.) Auch hier ist die Geschichte vorsichtshalber in einer prä-feministischen Zeit angesiedelt, 1953/54. Doch zeitlos sind auch hier die Frauenschicksale: brilliante Köpfe weiblicher Natur, die sich im Grunde nach nichts weiter als Mann, Heim, Kind, Waschmaschine sehnen.
Im Gegensatz zu Alice Schwarzer bin ich mir nicht sicher, dass „die Gesellschaft“ oder „das Patriarchat“ daran schuld ist. Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich nicht einfach einen Hau habe, weil es mich so traurig macht, dass in Deutschland mehr Frauen als Männer Abitur machen und das mit den besseren Noten, dass sie aber diese bewiesenen Fähigkeiten später kaum nutzen.
Im Grunde hadere ich ja schon mit den einfachsten Prämissen, zum Beispiel dass jeder Topf ein Deckelchen sucht. Ist eine ehe-ähnliche Partnerschaft tatsächlich das Ziel jeder Frau? Oder wird uns das seit Jahrhunderten eingeredet? Da es in meinem Leben einen nicht austauschbaren Partner gibt, der meine Lebensqualität entscheidend verbessert, traue ich mich allerdings nicht mehr allzu laut zu krähen.
Und jemandem, der nicht mal den Wunsch nach einem langen Leben nachvollziehen kann, ist möglicherweise eh nicht zu trauen.
Sonntag im Januar…
Sonntag, 25. Januar 2004…und hier schneit’s, als wenn’s Geld dafür gäbe.
München mon amour
Samstag, 24. Januar 2004Dass ich München sehr mag, habe ich ja schon gebeichtet. Zu den Details, denen meine Zuneigung gilt, gehören auch die Zeitungskästen. So lange ich in München gearbeitet habe, war ich allein schon durch meine 15minütige Tramfahrt über die neuesten Skandale informiert: Ich las sie auf den Zeitungskästen.
Die Schlagzeile auf der Vorderseite wird wahrscheinlich von einem Redakteur erfunden, der nur dieses macht. Sie entfernt sich oft geradezu abenteuerlich vom Inhalt des Aufmachers. Die heutige Ausbeute war lediglich Durchschnitt. Kein Vergleich zum Brüller der letzten Jahre:
Atheist
Lehrer versteckte
Kruzifix 5 Jahre
auf Schrank
(Bild vom 12. Januar 2002)
Geist
Freitag, 23. Januar 2004Eines der schönsten Wissenschaftsbücher sind Werner Heisenbergs Erinnerungen: Der Teil und das Ganze. Gespräche im Umkreis der Atomphysik. Die Großen des Fachs, Planck und Einstein, Bohr und Weizsäcker, entwickeln ihre Theorien und stellen sie infrage, entwerfen Versuche und reden sie einander aus, staunen über die Natur und darüber, dass wir sie zu begreifen vermögen.
Um Skifahren geht’s auch, wenn ich mich recht entsinne.
Nett von Jan Ross, dass er mich in dem Zeit-Artikel „Was ist Bildung?“ daran erinnert hat. Und nett von Wolfgang, dass er für mich Zeit liest.
Auf Heisenberg gebracht hat mich seinerzeit mein Griechischlehrer Nusser. Wir waren sein erster Griechisch-Leistungskurs, und er begann den Unterricht immer damit, kurz inne zu halten und die vorhergegangene Stunde oder Diskussion aufzunehmen. Meist durch eine Lektüre-Empfehlung: „Da ist mir eingefallen…“ Damals begann ich, all diese Lesetipps in meinen Mitschriften aufzunehmen, als Randbemerkung, eingekringelt und mit einem dicken L versehen. Ich zehrte noch Jahre nach dem Abitur von diesen Hinweisen bei Bücherkauf und Lektüre. Auf Heisenberg kamen wir, glaube ich, als gerade die griechischen Lyriker dran waren.
Seminararbeit über Blogs
Freitag, 23. Januar 2004In Wien untersuchen zwei Publizistik-Studentinnen das Leben, das Universum und die Rolle, die Blogs darin spielen. Haben einen sauberen Fragebogen dazu gebastelt. Hinklicken, kreuzeln?
via Moving Target
Geschichte mit Kaltmamsell
Donnerstag, 22. Januar 2004Fan-dancing war tierisch in, bevor adrette Damen in wenig Textil sich in Bars zu Musik um Stangen räkelten. Wie auf dieser antiken Illustration zu sehen, entkleideten sich zwar auch damals die Damen, doch statt Stringtanga und Minibikini verwendeten sie riesige Fächer (“fan”), um in ähnlichen Etablissements mit ihrer Nacktheit zu kokettieren. Der Wortbestandteil “dancer” weist darauf hin, dass auch sie das zu Musik taten.