Nachtrag vom 11. Juni 2011: Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel vom Februar 2004 stammt. Das Restaurant hat sich seither stark verändert, es wurde unter anderem mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Weder Speisen noch Ambiente sind heute mit meinem damaligen Erlebnis zu vergleichen.
Das größte Rätsel an diesem Restaurant ist, dass es überlebt. Das hochklassige August in Augsburg existiert bereits mehr als elf Jahre. Doch als Geheimtipp ist es weiterhin so geheim, dass ich die etwa zwölf Tische noch nie ausgebucht gesehen habe. Zudem bin ich hier nie Geschäftsessern begegnet. Dazu kommen eine ausgefeilte Küche, Zutaten alle aus einheimischem ökologischen Anbau und lediglich angemessene Preise – der Laden müsste schon längst pleite sein. Einziges Promotion-Material sind die Visitenkarten (nein, keine Website). Irgendwann habe ich beschlossen, dass die Besitzer (anscheinend der Koch und die Oberkellnerin) vermögend sind und das Restaurant zum Spaß betreiben.
Hingabe und Freude an der Sache stecken in jedem Detail. Das Lokal liegt im Augsburger Domviertel an der schmalen aber viel befahrenen Frauentorstraße. Die gläserne Front, das eingeschossige Gebäude und die Schlichtheit des Raumes schauen ganz danach aus, als sei das mal ein kleiner Supermarkt gewesen. An den hohen Wänden hängt Großformatiges in Öl, immer mal wieder etwas Anderes. In der Mitte des Raumes steht ein riesiger Holztisch, auf dem die Bedienungen das selbst gebackene Brot schneiden und am späteren Abend den Käse auslegen. Letztes Jahr war das Restaurant einige Wochen geschlossen, ein Schild kündigte an „Der August steigt aufs Dach!“. So wird seit vergangenem Juli bei schönem Wetter auf der neuen Dachterrasse serviert.
In zwei vergangenen Jahren gab es sommers die Aktion „Essen im Gewächshaus“: Für ein paar Wochen zog das August in ein Gewächshaus des befreundeten Biogärtners um, gelegen in einem Augsburger Vorort. Der Gärtner empfing die Gäste des Abends (mit Anmeldung und verhältnismäßig festem Beginn) und führte sie erst mal ein bisschen durchs Gelände: durch uralte Gewächshäuser, in denen wir Kürbisblüten und Babygurken naschen durften, Bächlein entlang zu den Versuchsfeldern, auf denen alte Gemüsesorten nachgezüchtet werden.
Gedeckt war damals – wie der Titel der Veranstaltung ja angekündigt hatte – in einem der Gewächshäuser: Zwischen rankenden Gurken- und Tomatenpflanzen waren Holzbretter gelegt, darauf standen die etwa zehn Tische mit Stühlen. Das feste Menü bestand hauptsächlich aus vielen Gemüsegängen, dazu wurden immer wieder Rosmarin- und Basilikumkrapfen serviert. Sehr lebhaft im Gedächtnis sind mir zwei Gerichte geblieben: Ein gegrillter Gemüsespieß auf einem Rosmarin-Zweig und ein Kuchen mit zwanzig Kräutern, die wir tatsächlich fast alle identifizieren konnten.
So ein Gewächshaus hat keine künstliche Beleuchtung, also zündeten die Kellnerinnen bei Einbruch der Dunkelheit zahllose Teelichter an, die von der Decke hingen und auf den Tischen standen. Gleichzeitig bot das Glasdach einen umwerfenden Blick auf den Himmel.
Gestern hatte die Karte zum Aschermittwoch das Motto „Erde und Himmel“. Meist gibt es im August ohnehin nur feste Menüs, zwei zur Auswahl und mit vier bis sechs Gängen, deren Preis zwischen 45 und 70 Euro liegt.
Gestern sah das so aus:
Als „Gruß aus der Küche“ gab es erst mal:
1. ein Stapelchen: Keks, Kürbisscheibe, Kressecreme, Algengelee mit Zitronengras aromatisiert (lustig zu kauen, wenig Geschmack)
2. ein Kartoffelwürfel mit Kuhle, darin Stockfischsuppe, mit Parmesankeks (lecker).
Dann ging das eigentliche Menü los:
1. Zart geräucherte Taubenbrust mit Petersilienwurzelpüree und Bordeaux-Soße (superklasse)
2. Topinambour-Tarte mit jungem Spinat und Pastinaken (darauf hatte ich mich besonders gefreut – ich habe gerade eine Topinambour-Phase: sehr lecker)
3. Jakobsmuscheln mit Öl von schwarzen Oliven und Schwarzwurzel (gut!)
4. Lotte mit Pudding vom Senfkohl und Himbeerjus (schöne Kombination)
5. Geschmortes Ochsenbackerl und gebratener Lendenwürfel (dunkles Fleisch und dann auch noch geschmort – sehr gut!)
5.a) Als Zwischenzwischengang eine Runde lustigen Käse
6. Olivenölbiskuit mit Schokoladen-Schwarze-Olivenpüree, Mangoscheiben und Mandarinen-Sellerie-Likör (kam mit der Anweisung des Kochs, die Mango mit dem schwarzen Püree zu kombinieren, den Biskuit mit dem im Gläschen servierten Likör – die Kombination schwarze Oliven und Schokolade war genial!)
Dazu erst mal als Aperitif ein Glas Cremant, der eine schöne Sherry-Note hatte, dann eine Flasche weißen Bordeaux. Beim Wein verlasse ich mich am liebsten auf die Empfehlung der Oberkellnerin: Die zierliche und eher schüchterne Frau sorgt zusammen mit einer wechselnden weiteren Kellnerin an ihrer Seite für Service, wie ich ihn am liebsten habe: sehr aufmerksam und kompetent, aber fast unsichtbar.