Agentur versus Industrie
Montag, 1. März 2004Ob ich je bereut habe, vor zwei Jahren der Agenturwelt den Rücken gekehrt zu haben?
Einerseits: Ja, täglich. Die Industriewelt, der ich mich statt dessen zugewendet habe, beheimatet keine solchen Spinner, wie sie sich in Agenturen ansiedeln, gleich Moos an der Wetterseite von Bäumen. Spinner, wie sie Anke beschreibt, die um den Namen ihres ungeborenen Kindes pitchen lassen. Spinner, wie ich sie am Wochenende auf zwei Festen von Ex-Kolleginnen, jetzt Freundinnen wiedergetroffen habe. Die zum Beispiel einem gemeinsamen Freund zum Geburtstag eine Tupperparty schenken. Die mit mir täglich Trailer nahender Filmgenüsse auf dem Rechner ansehen, selbst wenn sie als Bildschirmhintergrund einen Fußballspieler des FC Bayern München eingerichtet haben.
Hier in der Industrie gehen die Leute entweder im Ernst auf solche Tupperparties oder wissen nicht mal, was das ist. Und so habe ich in den knapp zwei Jahren hier noch niemanden zum Spielen gefunden. (Der Herr auf der Suche nach dem Schraubenzieher spinnt noch am ehesten. Aber einer unter 2.000 Kollegen?)
Andererseits: Nein, nie. Ich bin einfach draufgegangen, damals. Nicht wegen der Spinner, sondern wegen der Möglichkeit, Spitzenleistung zu bringen. Weil in den inhabergeführten PR-Agenturen meiner Vergangenheit alles darauf angelegt war, dass ich mir Freiräume schaffen konnte und so richtig klotzen – notfalls an der Geschäftsleitung vorbei, solange der Umsatz meines Teams stimmte. Ich bin darauf gepolt, solche Möglichkeiten zu nutzen und meine gesamte Energie reinzustecken. Bis Job sich mit Leben deckt.
Hier in der Industrie sind die Strukturen fest und behäbig. Und ich bin vor mir selbst geschützt.