Parasiten-Befall
Donnerstag, 4. März 2004 um 8:03Wenn der menschliche Körper sich einen Parasiten einfängt, wehrt er sich.
Zunächst reagiert er mit Unwohlsein; Übelkeit und Schwindel sind verbreitete Symptome.
Dann richtet sich der Körper allmählich auf ein Zusammenleben mit dem Parasiten ein. Der Schmarotzer zieht ihm Energie ab, schwächt ihn. Der Körper muss Mangelerscheinung hinnehmen, fehlende Mineralien können zum Verlust des einen oder anderen Zahnes führen. Bewegung wird immer beschwerlicher, der Kreislauf reagiert mit Schwankungen im Blutdruck, die Gelenke schmerzen. Die gesamt äußere Erscheinung des Körpers leidet: strähnige Haare, fahle Gesichtshaut. Kurz bevor der Zustand unerträglich wird, ist der Parasit auf dem Zenit seiner Schmarotzer-Existenz; er ermöglicht dem Körper, sich mit gewaltigen Krämpfen von ihm zu befreien.
Bei Frauen nennt man das Schwangerschaft.
die Kaltmamsell26 Kommentare zu „Parasiten-Befall“
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4. März 2004 um 10:32
In Zeiten wie diesen (ein Drittel aller dt. Frauen und 40 % der Akademikerinnen bleiben kinderlos *komisch aber auch*) eine unpopuläre, aber originelle Sichtweise.
4. März 2004 um 10:32
Herzlichen Glückwunsch!
4. März 2004 um 10:35
Bösartige Geschwulst mit Neigung zur spontanen Ablösung.
Gnädigste, ich muss mir doch keine Sorgen machen?
4. März 2004 um 11:12
Oh, ich bin abgeschirmt (schnipp!), Risiko 1 Promille. Dazu gratuliere ich mir auch regelmäßig.
4. März 2004 um 12:27
Wozu gratulierst Du Dir regelmäßig?
4. März 2004 um 12:50
Nie mehr eine Schwangerschaft befürchten zu müssen.
4. März 2004 um 13:44
Ach so, ich gehe also von der Vermutung aus, dass Du den Zustand der Schwangerschaft am eigenen Leib erfahren hast, aber nicht besonders genossen hast.
4. März 2004 um 13:52
Muss ich die Lepra gehabt haben, um sie zu fürchten?
4. März 2004 um 14:48
Das schlimme beim Parasitenbefall ist, das der Körper sich darauf einstellt und vormacht, dass das einfach super war. In der Literatur finden sich Fälle mit bis zu sechzehn Wiederholungen, scheint eine gewisse Suchtpotenz zu haben. Zeige- und Mittelfinger zum V hebend.
4. März 2004 um 14:53
Lepra ist eine Krankheit, eine Schwangerschaft ist im ICD 10 (noch) nicht aufgeführt.
4. März 2004 um 17:02
Na gut, dann weniger pointiert und metaphorisch (bei Metaphern liegt das Verbindende von miteinander verglichenen Dingen außerhalb beider Dinge und man muss es sich selbst denken): Muss ich etwas Grauenhaftes durchlebt haben, um es zu fürchten?
4. März 2004 um 18:18
Deshalb werden Schwangere vom Arzt ja auch "krank" geschrieben, wenn sie nicht arbeiten können…
4. März 2004 um 19:36
Was gibt es an einer Schwangerschaft zu fürchten? Ist es die Schwangerschaft selbst oder die Konsequenz davon?
5. März 2004 um 2:24
Normalerweise bin ich der Ansicht,
Menschen ihre Meinung zu lassen.
Mit "Parasiten-Befall" und
"Der perfekte Suizid" ist für mich
die Grenze der Verachtung anderer
so weit überschritten, dass ich auch
die restliche schöne Schreibe
nicht mehr lesen will.
Das habe ich, immerhin, sehr regelmäßig
und mit Freude getan.
Zapp.
5. März 2004 um 8:41
@Hermann "Zapp" Lindl:
Über Suizid offen nachzudenken und zu sprechen ist seit Jahrtausenden ein Teil der Kultur des Menschen. Daher kann ich den angesprochenen Artikel nicht als "verachtend" einstufen. Allerdings auch nicht als tabubrechend.
Zum Artikel "Parasiten-Befall" muss ich Ihnen zustimmen. Und sei es nur deshalb, weil sich jede(r) von uns, auch die von mir sonst hochgeschätzte Autorin, wohl selbst einmal als "parasitäres Wesen" von einer Mutter gelöst hat. Nicht jeder Tabubruch ist ein guter Tabubruch. Das merkt man auch am Stil des Artikels und an den seltsam verunsicherten Kommentaren.
Anmerkung zu "Thuner": die Frau wird nicht "krank geschrieben" (das ist ohnehin nicht möglich), sondern es wird ihr eine Bescheinigung ausgestellt, dass sie befristet arbeitsunfähig ist. Die Bestimmungen zum Mutterschutz verbieten übrigens zu bestimmten Zeiten und unter bestimmten Bedingungen die Arbeit.
SCNR und *nicht* zappend,
Stefan
5. März 2004 um 9:14
Mit Ihrem Vergleich, liebe Frau Kaltmamsell, treffen Sie den Nagel zwar hart, aber punktgenau auf den Kopf!
Den hier anwesenden Herren sei gesagt, dass sich eine Schwangerschaft sehr wohl wie ein Parasitenbefall anfühlen kann, nämlich dann, wenn man die ersten fünf bis sechs Monate im innigen Dialog mit Eimer und Kloschüssel verbringt.
Das Glücksgefühl nachts vom Brechreiz geweckt zu werden, hält sich durchaus in Grenzen.
Und mal ganz davon abgesehen, dass meine "Parasiten" mit Abstand das Beste sind, was mir bisher im Leben passiert ist und dass nicht jede Schwangerschaft zwangsläufig auch eine Orgie sich aneinander reihe(r)nder Unpässlichkeiten sein muss, finde ich eine Verklärung dieses Zustands immer wieder, wie soll ich sagen, lächerlich?
5. März 2004 um 11:05
danke, pepe – endlich ein kompetenter Kommentar zur Sache.
Die erwähnte Verklärung aller Aspekte der Fortpflanzung vor allem aus männlicher Sicht findet sich auch überdurchschnittlich oft in Abtreibuns-Diskussionen.
Zum Thema *schnipp*: Seien wir doch froh, dass bei uns (gröstenteils) nur Leute Kinder kriegen, die das auch wollen – besser für die Kinder, oder?
5. März 2004 um 11:36
ich habe vor kurzem geburtstag gehabt. ein tag, an dem der mutter allgemein wenig gedacht wird. dabei hatte sie die meiste arbeit damit. warum sie die mühen auf sich genommen hat? vielleicht liebe? zumindest nicht der wunsch ein wirtstier für einen parasiten zu geben.
5. März 2004 um 12:25
@pepe & @BeeBee
Wer hat bitte in den Kommentaren die Schwangerschaft oder Aspekte der Fortpflanzung "verklärt"?
fragt
8. März 2004 um 15:24
Stefan: Es gibt auch ein Leben ausserhalb dieses weblogs ;.)
9. März 2004 um 12:43
Sicher. Wie konnte mir das entgehen? :-)
Aber im täglichen Leben sehe ich (auch nach Nachfrage bei meiner Partnerin) keine besondere Besorgnis erregende Verklärung von Schwangerschaft oder Mutterschaft. Kann ja eigentlich auch nicht sein — sonst müssten unsere Geburtenraten wohl anders aussehen.
9. März 2004 um 19:20
Doch, diese Verklärung gibt es.
Vor allem Frauen, die vorher in akademischen Berufen und in verantwortungsvollen Position gearbeitet haben, bleibt oft gar nichts anderes übrig, als ihre Mutterschaft zu verklären.
Ich kenne diese Situation nur zu gut. Nach der Geburt meines ersten Kindes war ich für kurze Zeit arbeitslos – es war die Zeit der Ärzteschwemme und ich war mitten in einem Zeitvertrag schwanger geworden – Sie glauben gar nicht, wie schnell ich da zur windelverklärenden Kinderwagen-Kampfschieberín mutiert bin.
Und auch den Kindern, gerade wenn sie älter werden, tut es nicht immer gut, der einzige Kristallisationspunkt mütterlicher Selbstdefinition zu sein.
Insofern ist diese Verklärung auch besorgniserregend, auch wenn sie sich nicht in einem Anstieg der Geburtenrate widerspiegelt.
9. März 2004 um 22:53
Gut, ich verstehe das. Wir haben zwei Damen im Haus, die Sie bitte nichts fragen sollten, was außerhalb des Themenkreises Küche & Kinder liegt.
Aber dass sie nun ihre Schwangerschaft verklärt haben (um zum Thema des "Parasiten"-Artikels zurückzukommen), denke ich trotzdem nicht. Vielleicht die Mutter-Rolle (okay, es ist meine Schuld, dieses Thema mit hineingezogen zu haben). Ich kann mich mit diesem Artikel einfach nicht anfreunden.
Bei uns war es einfach anders, wir haben zwei Kinder in ziemlich großem Abstand und meine Gattin kann zu diesen Mutti-Themen sehr ironisch werden. Man spricht sie besser nicht darauf an, wenn sie mit unserem Kleinen nach der Arbeit noch vom Kleinkindsport kommt :-)
Vielleicht sollten vorwiegend Eltern zu diesem Thema ihre Meinung auf den Tisch bringen … gern mit einer Portion Sachlichkeit und einer Prise Ironie.
11. März 2004 um 1:33
Geschätzte Brüter,
bedauerlicherweise sind höhere Wesen wie die Kaltmamsell systemimmanent auch zugleich Terminatoren einer genialen Mutation.
Schade, schade, schade!
11. März 2004 um 12:07
Ich sehe aber keinen Grund, warum Genie und Begabung zwangsläufig damit verbunden sein müssen, sich nicht mehr fortpflanzen zu wollen :-)
11. März 2004 um 12:59
Wenn ich wieder blödeln darf: Die Evolution hat möglicherweise weise dafür gesorgt, dass Mutationen (genial oder nicht) sich nicht verbreiten. Das ist bei Mulis so, und bei mutierten Frauen. Bei den Frauen manifestiert sich das halt in militanter Fortpflanzungsverweigerung. Das ist also nichts weiter als ganz natürlich.