Spanischer Café

Donnerstag, 18. März 2004 um 14:56

Drüben bei der Meisterköchin wird über Kaffee, Caffé und Espresso fachgesimpelt. Wieder und wieder tauchen als Gralshüter stilvollen Koffein-Konsums die Italiener auf. Ich bin viel zu selten in Italien um verifizieren zu können, ob die Welschen tatsächlich eher Hand an sich legen würden, als nach 12 Uhr einen caffé latte zu trinken oder je eine entkoffeinierte Variante zu bestellen. Allerdings hege ich den Verdacht, dass auch in dieser Hinsicht italienische Auswanderer und Italophile die eigentlichen Gralshüter sind. Probieren Sie einfach mal in einem Münchener Ristorante nach dem Essen einen Cappuccino zu bestellen. Das böse Zischeln von den Nebentischen und der eisige Hauch im Raum müssten bis weit über die Donau hinaus reichen. Als echter Gaudibursch sprechen Sie die Bestellung am besten „Kaputzino“ und ergänzen: „Mit Sahne bitte.“

Garantiert stillos sind da die Spanier. Der spanische Espresso, also der café, schmeckt anders als der italienische. Ich mag ihn, und da er praktisch nicht exportiert wird, setze ich ihn immer packerlweise auf die Bestellliste von Spanienreisenden. Und damit machen die Spanier Sachen! Ich habe in Bars noch nach Sonnenuntergang Gäste café con leche bestellen sehen. Und trinken! Wenn sie über 40 sind, bestellen echte Spanier gerne und sogar öffentlich descafeinado. Einfach so. Ohne dass ihnen die Staatsbürgerschaft aberkannt wird. Auch an Cappuccino haben sie inzwischen Gefallen gefunden.

Espresso-Maschinen in Privatwohnungen sind wohl sehr selten – mit eigenen Augen habe ich noch nie eine gesehen. Daheim hat man eine cafetera, also diese Alu-Kanne zum Zusammenschrauben. Und wenn vom Frühstück café übrig bleibt, wird er später gerne in der Mikrowelle aufgewärmt.

Aber das sind ja auch dieselben Spanier, die keine Probleme mit Eiswürfeln im Rotwein haben. Die, im Fall der mit mir verwandten Spanier, die Minze, den Thymian und den Rosmarin vor der Mauer ihres Landhauses als mala hierba (Unkraut) verachten und lieber getrocknete Kräuter im Supermarkt kaufen. Oder mit einer Pfanne von 20 cm Durchmesser Fleisch für 15 Personen braten, dafür allerdings Rouladenfleisch verwenden.

Äh – hatte ich schon mal das Lieblingsspiel unter Einwanderern zweiter Generation erwähnt?
Meine Verwandten in Spanien / Italien / Kroatien / der Türkei etc. sind schlimmer als deine.

die Kaltmamsell

7 Kommentare zu „Spanischer Café“

  1. marion meint:

    Oh ja, spanischer Cafe. Ich liebe den auch. Meine Lager sind hoffentlich immer voll davon. Und auch voll von z.B. Kaffee aus der DomRep oder wo ich gerade mal Urlaub machen kann. Am besten schmeckt mir der Cafe carioca von den glücklichen Inseln. Da muss ich unbedingt wieder hin ;-).

  2. sandra meint:

    das ist eine prima geschichte. nieder mit den kaffeenazis.
    (con leche con baileys. auch nicht schlecht.)

  3. die Kaltmamsell meint:

    Danke für den Hinweise, Sandra. Die Spanier sind ja auch, was aromatisierende Beigaben in den Café betrifft, an Skrupellosigkeit nur noch von US-Amerikanern zu übertreffen. Hauptsache es ist alkoholisch (am heftigsten finde ich Orujo…).

  4. typ.o meint:

    herzhaft gelacht!

    omas "das macht man nicht" ist nichts gegen die do and don’t’s (hihi, so nicht, aber egal) der prosecco szene… (aber auch woanders erlebt: hab mir mal den spaß gemacht, im weißen oberhemd zum antifa – treffen ins autonome zentrum zu gehen… bloß gut, daß mich ein paar gekannt haben :-)

  5. Bernd meint:

    Spanischer Kaffee ist der Hit! Wer ihn mag, der braucht kein Kaffeelatte oder Kaptuttschino!Allerdings findet man im Internet noch keine Lieferanten der Inselsorten! Wie schade. Das wäre ein bißchen Sommerfeeling im kalten Winter!

    Oder weiß jemand, wo man die bestellen kann?

  6. die Kaltmamsell meint:

    Bernd, versuchen Sie es doch mal hier:
    http://www.genuss-aus-spanien.info/kaffee.htm
    Ich habe da schon mal bestellt und gute Erfahrungen gemacht.

  7. pierre meint:

    Gelöscht von Kaltmamsell: Hier mache nur ich Werbung.

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