Lokales

Sonntag, 9. Mai 2004 um 8:29

Neun Monate meines Zeitungsvolontariats verbrachte ich Mitte der 80er in der kleinen Lokalredaktion eines waschechten Kaffs in Oberbayern. Die Artikel, Themen, Bilder, die in solchen Lokalausgaben erscheinen, sind ja gerne Ziel verächtlicher Kritik. Was der Leser, meist Abonnent, gar nicht erst mitbekommt, ist das Material, das es nicht einmal auf die fünfte Lokalseite schafft. Zwar wäre ohne Freie Mitarbeiter keine Lokalzeitung möglich, aber die meisten dieser Mitarbeiter, die für die Berichte aus Vereinen, Pfarreien, abgelegenen Dörfern sorgen, sind keine Journalisten, und viele bleiben resistent gegen jeden journalistischen Tipp. Was diese Herren damals ablieferten (das Schreiben für die Zeitung brachte Prestige und Ehre, deshalb war es fest in männlicher Hand), war oft schönste Realsatire.

Es ärgert mich heute sehr, dass ich fast nichts von diesem Material aufbewahrt habe. Ich war mir damals einfach sicher gewesen, dass ich die Manuskripte und Bilder bald nicht mehr lustig finden würde. Dabei wären sie schon physisch aufhebenswert gewesen, die Artikel, die noch mit Schreibmaschine auf rot liniertem Manuskriptpapier geschrieben waren, oft mit Anweisungen an die Redaktion verbunden („So ungekürzt und mit allen Bildern veröffentlichen, weil ich eigens zu dem Termin hingefahren bin!!!“)

Jetzt habe ich in einer meiner Kisten ein rares Exemplar gefunden: Ein lang gedienter Mitarbeiter hatte eine Sensation entdeckt und fand, dass die Welt davon unterrichtet werden sollte. In Bild und Text.

Lokal

Lokaltext

die Kaltmamsell

5 Kommentare zu „Lokales“

  1. kathleen meint:

    Wunderbar! Eine wirkliche Perle des Journalismus.
    :)

  2. Don Alphonso meint:

    Ja, so kennt man das Blatt, das immer zur 4-Spalten-Höchstform auflief, wenn ein seniler Altnazi im Kriegerverein von einem hirnlosen Neufaschisten abgelöst wurde.

  3. Gerhard meint:

    Soll ich Dir mal ein Abo vom Mallorca-Magazin stiften?

    Zitate von einer Doppelseite MM mit 4 grossen Bildern:
    Vor mehr als einem Jahr… sich bereits gut etabliert… lange über den Namen für das Lokal nachgedacht… …Die Gaststätte "Bei Sabine und Klaus"… …rheinische Spezialitäten… …die umfangreiche Speisekarte…
    …richtiger Bohnenkaffee und Brötchen…

    Dafür muss man beim MM nicht mal was zahlen.

    Saludos G.

  4. Wolfgang meint:

    Ähh, was ich mich nur frage, ist, warum ihr das damals nicht abgedruckt habt. Ich mein, das ist doch mal ne echte News, oder was. Vor allem, dass es Polen sind, könnte doch der wichtigen journalistischen Aufgabe der Völkerverständigung dienen.
    ok, das Foto könnte besser sein, aber als er näher ran wollte, waren die wohl schon abgestürzt.

  5. opak meint:

    Polden, lieber Wolfgang, Polden!

    ;-) opak

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