Archiv für Juli 2004

Senium trainiert für Olympia

Sonntag, 18. Juli 2004

Also eigentlich bin ich ja ein toleranter Mensch.
Nein wirklich!
Ich mache vieles mit, echt wahr.
Und dass heute morgen auf meiner sonntäglichen Laufrunde ein Pferd neben mir her joggte, das finde ich eigentlich auch gar nicht so schlimm…
…gewöhnungsbedürftig vielleicht, aber nicht schlimm, nein!

(langsam crescendierend)
Aber dass auf diesem Pferd ein Kind thront, und dieses Kind sich dann auch noch berufen fühlt, mit huldvollem Blick altklug-hämische Kommentare bezüglich meines Trainingszustands auf mich niederprasseln zu lassen…

(ff)
…sagen Sie selbst…

(fff)
…DAS GEHT DOCH EINDEUTIG ZU WEIT!

(subito piano)
Geht es doch… oder nicht?

Blogsitting

Samstag, 17. Juli 2004

Liebe Kaltmamsell,

es ist mir eine große, eine außerordentliche, nein, eine GIGANTISCHE Ehre, hier bei Dir die Urlaubsvertretung übernehmen zu dürfen.

Urlaubsvertretungen habe ich schon häufig gemacht, also Praxisvertretungen.
Da ist es mir dann auch schon mal passiert, dass ich in eine Praxis kam, in der ich mit Geräten konfrontiert war, die ich im ganzen Leben noch nie gesehen, geschweige denn bedient hatte.
Nur gab es da immer Parameter, die ich kannte.
Parameter, die sich nicht ändern, egal wie das Untersuchungszimmer aussieht.
Patienten bleiben Patienten und Anatomie, Physiologie und Pathologie sind auch recht verlässlich.

DAS hier ist ist irgendwie GANZ anders.
Hier sind mir nicht nur die Geräte fremd, nein: SO etwas habe ich noch NIE gemacht!

Und deshalb fühle ich mich ein wenig wie die 13-jährige Babysitterin, die eine Windel bisher nur von weitem gesehen hat…
…auch ein bisschen so wie jemand, der in der Urlaubszeit eine wunderbare, schön eingerichtete Wohnung hüten darf und der jetzt Angst hat, ein Glas zu zerbrechen, oder den Kirschsaft auf dem Teppich zu verschütten…
…und dann dieses Lampenfieber!
(((Glauben Sie mir, ein solches Lampenfieber hatte ich nicht mehr, seit ich auf der Bühne der Schul-Aula versuchte ein Gedicht aufzusagen, mit schlotternden Knien und zittrigem Stimmchen, herrje!)))

(tritt an die Rampe)
Verehrtes Publikum,

ich freue mich darauf, Sie in der nächsten Woche hier unterhalten zu dürfen.
Und auch wenn ich nicht weiß, wie mir das gelingen wird – eines kann ich Ihnen versichern:
Ich werde versuchen, mein Bestes zu geben.

Ihre blogsittende Vorspeisenplatten-Aushilfsserviererin
(verbeugt sich tief)

Und Dir liebe Kaltmamsell wünsche ich einen schönen Urlaub…komm nur ja gesund wieder…ich werde mich anständig benehmen…versprochen!
Und den Schlüssel, den lege ich dann nachher unter die Fußmatte, ja, okay?
Hach ist das alles AUFREGEND!

Tapetenwechsel

Samstag, 17. Juli 2004

HBF_1

Nachdem ich mich in den letzten beiden Texten als recht kalte und gehässige Person entlarvt habe (was ich auch in Echt bin), jetzt mal eine Woche Tapetenwechsel.

Ich bin verreist und überlasse die Vorspeisenplatte einer Gastbloggerin, die ihre Geschichten bislang in Blog-Kommentaren versteckt hat. Begrüßen Sie
die wunderbare,
die einmalige,
die bezaubernde
pepa!!!!!

Wo ich dunkelhaarig bin, ist sie blond. Wo ich Literatur studiert habe, macht sie Medizin. Wo ich dick bin, ist sie zierlich.Wo ich Kinder meide, liebt sie Kinder und hat zwei.

Sein’S mer fei nett zu der Dame, sonst poste ich nach meiner Rückkehr den ausführlichen Text über die verschiedenen Sorten Pickel, die ich seit meinem dreizehnten Lebensjahr an mir beobachtet habe.

Kindermund

Freitag, 16. Juli 2004

Es war kurz vor meinem achten Geburtstag. Die Familie Kaltmamsell befand sich auf dem Rückweg von einem sechswöchigen Spanienurlaub und machte in einer französischen Autobahn-Raststätte Halt. Mein Blick fiel auf meinen gut einjährigen kleinen Bruder. Er stand mit angewiderter Mine vor mir, die Windeln so vollgeschissen, dass sich deutlich braune Ränder an seiner Hose bildeten. Und ich hub an, überliefert zu sprechen:
„Also, ICH will mal keine Kinder haben.“
Eben.

Was nu aber auch wirklich echt ehrlich mal Zeit wurde

Donnerstag, 15. Juli 2004

Preiszeitungen 2004.

Aber ich seh’s schon kommen: Da hängen sich ja dann doch bloß wieder all diese Jugendlichen rein und nominieren blockweise ihre Schülerzeitungen.

Antike Perry-Mason-Cover (12)

Mittwoch, 14. Juli 2004

Diary

Tatjana Gsell?

Wirtschaftsfrust

Dienstag, 13. Juli 2004

Heute auf der 3 der SZ den Artikel über private Käufer gelesen? „Geizrepublik Deutschland“? Auch so frustriert gewesen? Ich will einfach nicht glauben, dass ich zu einer Minderheit gehöre, wenn ich hier eine direkte Verbindung zum Streben nach längeren Arbeitszeiten sehe.

Die Quintessenz: Der Preis ist bei vertretbarer Qualität das stärkste Verkaufsargument für deutsche Konsumenten. Auch wenn es in dem SZ-Artikel in erster Linie um das Verschwinden von kleinen Geschäften ging – diese Kaufhaltung bedeutet, dass sich nur die billisten Produkte auf dem Markt halten können. Damit sie für den Hersteller Profit abwerfen können, müssen sie billiger produziert als verkauft werden. Bei den meisten Produkten ist der größte Anteil der Herstellungskosten der Preis der Arbeit, bei Dienstleistungen fast ganz. Damit ein deutsches Unternehmen Profit abwerfen kann, müssen die Arbeitskosten runter, also die Löhne. Das wird derzeit durch eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit bei gleicher Bezahlung angestrebt – ergibt nämlich sinkende Stückkosten.

Und bitteschön bei „Unternehmensprofit“ nicht an den großkapitalistischen Fabrikbesitzer denken, mit Stresemann, Melone und Zigarre. Statt dessen an Aktionäre, die eine Gegenleistung für das viele Geld sehen wollen, das sie ins Unternehmen gesteckt haben. Hier bitteschön erst mal den Kleinaktionär einsetzen, für den das selbstverständlich ist; schließlich hat er durch Aktienkauf „Geld angelegt“, er will also mehr zurück, als er gezahlt hat. Das geht nur durch Unternehmensgewinn. Genau so kalkulieren auch Großaktionäre.

Doch warum sollte jemand mehr als den geringst möglichen Preis für ein Produkt zahlen wollen? Wir erinnern uns: „Ich bin doch nicht blöd!“ Für sein Geld will jeder möglichst viel haben. Am deutlichsten sind die Auswirkungen bei Lebensmitteln: Möglichst billiges Fleisch geht nur bei grausamer Massentierhaltung, möglichst billiges Gemüse nur durch Monokultur und durch die Ausbeutung illegaler Einwanderer.

Auch das möglichst beste Handy muss möglichst billig sein. Wie kann sich da jemand über die aktuellen Veränderungen im Siemens-Konzern wundern? Erst vergangenen Sonntag musste ich mir das Lamento eines alten IG-Metallers anhören – der selbst Siemens-Aktien besitzt und selbstverständlich eine jährliche Rendite dafür sehen möchte.

Die faule Stelle ganz unten, auf die all diese Missstände zurückzuführen sind, ist: Für sein Geld will jeder möglichst viel haben. Oder einfach: Jeder will möglichst viel haben. Und mein Frust resultiert aus der Gewissheit, dass das ein unveränderliches Charakertistikum der menschlichen Art ist.