Archiv für August 2004

Kindergarten

Freitag, 6. August 2004

Spiegel und Axel Springer machen gemeinsame Sache und kehren zur alten Rechtschreibung zurück. Die neuen Kampfgefährten nennen sie ab sofort “klassisch”.

Die Vorspeisenplatte behält die dpa-Variante der neuen Rechtschreibung bei.

Nachtrag: TITANICK kehrt zurück zur ganz, ganz alten Rechtschreybung

Fotos

Donnerstag, 5. August 2004

Ausführlich bei MAGNUM durch die Bilder von Henri Cartier-Bresson geklickt. Atemberaubend. Granta veröffentlicht immer wieder Strecken von MAGNUM-Fotografen, und jede ruft in mir die schmerzhafte Sehnsucht hervor, so fotographieren zu können. Ging mir bei Fotografen wie Helmut Newton nie so, obwohl ich seine Arbeit sehr mag.
Aber ich will sowas können, und sowas und sowas und sowas und sowas und sowas und sowas und sowas und sowas und sowas – Fotos machen, die Dutzende Geschichten erzählen, die so viel Information transportieren, dass ich selbst die Gerüche der Szenerie zu kennen glaube.

Neben dem mannigfaltigen Handwerk fehlt mir dazu die Selbstvergessenheit. Immer wenn ich eine Szene mit Menschen fotografieren möchte, bemerke ich mich selbst. Ich müsste mich sichtbar machen und in den Vordergrund schieben. Aus Verlegenheit unterdrücke ich dann den Wunsch.

Wie machen das Berufsfotografen? Heben sie einfach die lächelnd die Kamera: „Darf ich?“ Nein, die meisten Menschen auf Henri Cartier-Bressons Bilder sehen aus, als bemerkten sie gar nicht, dass sie fotografiert werden. Schaffen es die Profis, sich selbst so wenig wichtig zu nehmen, dass sie einfach nicht verlegen werden?

Nachtrag: Möglicherweise liegt’s an anderen Umständen.

Cartier-Bresson was fortunate to make his reputation at what might be called photography’s decisive moment. The development before the war of the 35mm Leica camera freed photographers from the large-format cameras and tripods that had previously hampered their movement. He was able to take his camera on to the streets where, on the whole, he was welcomed.

This was photography’s age of innocence. The camera was not yet seen as political. If I did now what he used to do, roving the streets taking pictures, I would be arrested. When he pointed the camera at people, they were willing to be photographed. Now they would want to know what you were taking it for and where it was going to be used. Taking photographs then was seen as positive.

(Eamonn McCabe im gestrigen Guardian, via elektrosmog)

You are: Jean-Luc Picard

Donnerstag, 5. August 2004

Which Fantasy/SciFi Character Are You?

Which Fantasy/SciFi Character Are You?

An accomplished diplomat who can virtually do no wrong, you sometimes know it is best to rely on the council of others while holding the reins.
There are some words which I have known since I was a schoolboy. “With the first link, the chain is forged. The first speech censored, the first thought forbidden, the first freedom denied, chains us all irrevocably.” These words were uttered by Judge Aaron Satie — as a wisdom, and warning. The first time any man’s freedom is trodden on, we’re all damaged.

Oh ja! Aber leider ganz daneben.
(via Jens)

Blog-Regel

Mittwoch, 4. August 2004

Bislang habe ich mich ja nicht eingemischt. Nachdem ich allerdings hier und hier schwere Kommentar-Unfälle beobachtet habe, stelle ich erstmals eine Blog-Regel auf:
Kommentiere nie in einem Blog, das du zum ersten Mal liest.

Und wenn ich groß bin…

Mittwoch, 4. August 2004

… werde ich Lebenszyklusmanager.

(Fundort Mitarbeiterzeitschrift: “Dipl.-Ing. (FH) Peter Faltner (33) übernahm zum 1. April 2004 die Verantwortung für das Lebenszyklusmanagement im Produktbereich XY-Maschinen.”)

Und jetzt lass ich meine Phantasie von der Leine, auf dass sie mir den ganzen Tag Bilder vom Alltag eines solchen Berufsstandes liefere.

Feminismus lateral

Dienstag, 3. August 2004

Der gestrige Independent schreibt über eine Folge der Benachteiligung von Frauen, auf die ich nie von selbst gekommen wäre:
The medical timebomb: ‘too many women doctors’

Eine Professor Carol Black, Präsidentin des Royal College of Physicians („Britain’s most influential royal medical college”) warnt darin: “The medical profession is in danger of losing its power and influence because too many women are scaling its ranks.”

Die Argumentation: Über 60 Prozent der jungen Mediziner sind bereits Frauen, bald wird es auch insgesamt mehr weibliche Ärzte geben als männliche. Jede Branche, die von Frauen dominiert wird, hat geringes gesellschaftiches Ansehen und damit geringen Einfluss. Das drohe dann auch der Medizin: “Years ago, teaching was a male dominated profession – and look what happened to teaching. I don’t think they feel they are a powerful profession any more. Look at nursing, too.”

Dabei betont Professor Black, die Kompetenz und die Fertigkeiten von Frauen würden keineswegs in Frage gestellt. Sie beobachte lediglich: “In Russia, medicine is an almost entirely female profession. They are paid less and they are almost ignored by government. They have lost influence as a body that had competency, skills and a professional ethic. They have become just another part of the workforce. It is a case of downgrading professionalism.”

Hm, darüber muss ich erst mal nachdenken.

Granta und Film

Dienstag, 3. August 2004

granta86_film

Als im Juli die aktuelle Ausgabe Granta („A Paperback Magazine of New Writing”) eintraf, freute ich mich zunächst über das Thema: Film. Leider stellte sich dieses Heft als eines der schwächeren heraus. Das Tagebuch von John Fowles zur Verfilmung von The French Lieutenant’s Woman – ach, das hatte ich von John Irving besser (My Movie Business). Gaby Wood, die beschreibt, wie sie sich als Biografin von Lana Turner fühlt – Schauspieler-Leben haben doch eh kaum was mit der Kunstform Film zu tun. Schon interessanter: Thomas Keneally, der erzählt, wie ihn die Geschichte zu Schindler’s List gefunden hat („The Handbag Studio“, steht auch online). Oder Andrew O’Hagan, der die Hölle schildert, durch die er zwei Jahre lang als Filmkritiker gegangen ist.

Ein Essay aber hat mir so richtig gut gefallen, netterweise ist es online nachzulesen: Adam Mars-Jones, „Quiet, Please“. Er beginnt:

I miss silence in the movies. Not silent movies—the films so called were anything but, since they relied on live music from a piano pit or an orchestra to convey mood, momentum and sound effects. What I miss in films is silence, not only as a neutral medium, or even for its powers of contrast, but for the things from which music is debarred. There are things that only silence can express.
Music in films can be as carefully chosen from sequence to sequence as wines to match the courses of a banquet—or it can be sloshed about as casually as syrup or custard over institutional pudding. Film music can be stained glass or wallpaper. The classic directors in the past who are most associated with appreciating the power of music also had a complementary understanding of silence. Music best retains its power by being rationed.