Eine Lanze für die Dünnen

Mittwoch, 24. November 2004 um 15:53

Es gibt Große und Kleine, es gibt Dicke und Dünne. Wenn ich heftig gegen die gesellschaftliche und persönliche Diskriminierung von Dicken kämpfe, kann ich genauso wenig zulassen, dass auf den Dünnen herumgehackt wird. Selbst unter meinen engsten Freundinnen gibt es Dünne!

Ich plädiere dafür, zur Zielscheibe der Gehässigkeit bestimmte Verhaltensweisen zu machen (Diäten, Kalorienzählen, Hungern, zwanghafter Ausdauersport, Schönheitsoperationen, Dicken-Mobbing) und nicht ein Aussehen.

Wenn in meinem Einkaufswagen neben drei Tafeln Hachez-Schokolade Berge von Gurken, Paprikaschoten und Ananas liegen, geht man davon aus, dass ich halt gerne Gurken, Paprika und Ananas esse. Einer Dünnen würde bei diesen Einkäufen unterstellt, dass die Schokoladentafeln ihr Jahresbedarf sind, das Gemüse ein kalorienarmes Abendessen wird und die Ananas wegen ihrer angeblich schlankheitsfördernden Enzyme auf der Liste stand. So manche Dünne traut sich nach einem mehrgängigen Menü nicht aufs Klo, weil ihr einmal zu oft bedeutet wurde, dort würde sie ja doch bloß alles wieder rauskotzen. Und gerade extrem Dünne stehen mit ihren Problemen beim Kleidungskauf einsam da, weil sie nach ein paar schneidenden Reaktionen („DEINE Probleme möchte ich haben!“) besser nicht mehr über Kleider der Größe 36 klagen, die an ihnen wie Müllsäcke hängen.

Können wir uns drauf einigen, dass nicht jede Dünne hungert? Oder zwanghaft, verbiestert und missgünstig ist? Dass Dicke nicht die besseren oder gar weiblicheren Frauen sind? Sondern einfach nur die dickeren? Das wäre nett, danke.

die Kaltmamsell

18 Kommentare zu „Eine Lanze für die Dünnen“

  1. anker meint:

    Es wäre wahrscheinlich auch zu einfach, Menschen in erster Linie mal als Menschen zu sehen. Nicht als dicke, dünne, lange, kurze Menschen, sondern einfach nur als Menschen.

    Trotzdem verstehe ich gut, dass diese Vorurteilsdiskussion so emotional aufgeladen ist, wird man doch permanent direkt und indirekt nicht nur medial mit dem Thema Aussehen (und damit Figur) konfrontiert und dazu genötigt, sich irgendwo einzuordnen, kategorisieren zu lassen. Aunasuweichlich Und furchtbar.

    Wer bestimmt den hier über die Maßstäbe? Die Masse? Sicher nicht. Sie scheint mir eher eine Art ausführendes Organ zu sein. Die Werbe/Mode/Film/Musikindustrie? Möglich. Aber da muss doch mehr dahinter stecken, oder?

  2. anker meint:

    Öhm. Das soll “Unausweichlich. Und furchtbar.” heißen, da oben. Tippen ist eine Kunst…

  3. agentin meint:

    Diese Worte sind mir aus der Seele gesprochen. Ich weiß zwar nicht warum, aber ich gehöre zu den Dünnen. Auch dünne Leute mögen Essen! Und zwar gern und viel; und mit allen, ob dick oder dünn oder blond, kann man ja schließlich nix für. Drum les ich auch gern in der Vorspeisenplatte.

  4. Lisa Neun meint:

    :-)
    Ganz ehrlich: mir persönlich ist das ja sowas von superegal ob jemand dick – dünn – whatever ist. Meine beste Freundin ist ein richtiges Vollblutweib, dick, rockig, tätowiert. Und die scheisst sich da garnichts. Ich denke die würd nicht mehr sie selber sein, wenn sie dünn wäre. Wenn die plötzlich dünn wäre, ich hätt den Schock fürs Leben. Ausserdem kann man richtig gut feiern mit ihr, ohne dass man ein Wort über doofe Diäten oder sonst einen Schmarrn reden muss. Sehr angenehm.
    Ich würd sie aber auch trozdem mögen wenn sie dünn wäre. Allerdings nur, wenn sie dann noch soviel Bier vertragen würd :).

  5. Anonymous meint:

    Dünne? Was’n das?

    Dünne? Ach ja, das sind immer die, die Dicken so wunderbare Ratschläge geben wolle. So wie “nimm doch mal ab”, “mußt du wirklich so dick sein?”, “achte doch mal etwas auf dich”, “das muß jetzt nicht sein”.

    Dünne? Ach ja, das sind die, die einem schon mal spontan “fette Sa*” hinterher rufen. Die es absolut geil fanden Westernhagens “Dicke” zu gröhlen.

    Dünne? Ach ja, das sind die, die in unserer Gesellschaft die Maßstäbe setzen. Die bestimmen, daß Dicken nicht in coole Locations gehören, daß Kleidung in Geschäften nur in “Kindergrößen” verfügbar ist (und die wenigen passenden Teile grottenhäßlich sind), daß Dicke weder dynamisch, kreativ, führungsstark, fähig oder was auch immer sind.

    Dünne? Ach ja, das sind die, die sich Probleme herbeireden wenn sie sonst keine Sorgen mehr haben.

  6. Lisa Neun meint:

    Und dann hab ich noch eine andere Freundin, die ist so richtig super-etwashibbelig-cool-groß-dünn. Da würde ich denke, wenn die dick wäre, ney. Würd auch nicht passen.

    Ach Mensch, was sind das für Probleme, irgendwie!?

  7. marion meint:

    ich war beides schon, und es hat mich nicht wirklich verändert, naja doch, als ich dünn war fühlte ich mich besser und beweglicher, will da wieder zurück: essen und dünn sein. Ob das geht? Muss am Alter liegen :-)

    Aber als ich dünner war trotz Riesenappetit wurde ich oft angehasst von verzweifelt dickeren. Ich hab mich damals einfach mehr bewegt auch.

  8. van meint:

    warum ist das eigentlich so wichtig, was andere über einen denken? & warum ist immer das wichtiger, was die denken, die sich ablehnend äussern, als das, was die sagen, die einen mögen? warum kann man nicht einfach beigehen & diese leute mitleidig betrachten & deren meinung ignorieren bzw. einfach mal schauen, warum sowas nun ausgerechnet von ihnen kommt? “Anonymus” macht es ja nun wirklich einfach – zu verstehen, was ich damit meine……

  9. Mike meint:

    Sie machen es sich da recht einfach Herr/Frau Anonymous. Ich hatte in meiner Jugend ebenfalls extrem unter meinem Gewicht oder eher dem fast nicht vorhanden sein zu leiden. Damals knappe 60 kg bei 1,74m. Mein damaliges Spiegelbild empfand ich nicht besonders ästhetisch.

    Das Problem ist, daß einen da nicht wirklich einer ernst nimmt, nichtmal Ärzte. Bei Übergewicht wäre ich auf Diät gesetzt worden, in dem Fall kam ein lapidares: Stoffwechsel, legt sich wenn sie älter werden. So mit 25-26 hat es sich dann auch gelegt, war aber vorher trotzdem keine schöne Zeit.

    In meiner Verzweiflung habe ich damals sogar mal eine Zeit lang dieses Futtermittel für Bodybuilder zu mir genommen, in der Hoffnung ich würde wenigstens damit ein wenig Gewicht zunehmen.

  10. Lu meint:

    ich bin auch dünn, nicht mehr ganz so dünn wie früher, aber eben dünn. früher dachten die leute auch immer, ich würde die fünf knödel, welche ich mühelos essen konnte, relativ schnell wieder von mir geben, was aber nicht so war. eine hyperaktive schilddrüse war der motor, und mir wars wurscht was die leute gedacht haben. ich denke, das muss jeder mit sich selbst abmachen, und die anderen in ruhe lassen. ich denk ja auch nicht, dass alle “dicken” ja so gemütlich und lustig sind :)
    scheiß auf klischees, die sind nur zum schreiben da.

  11. Lu meint:

    ich korrigiere, mache aus dünn schlank. das wort trifft es dann doch nicht mehr. haha. :)

  12. a.more.s meint:

    Obwohl Ihr Anliegen ja grundsätzlich sicher unbestritten ist – so ganz komm’ ich da trotzdem nicht mit, verehrteste Frau Kaltmamsell: Einerseits sprechen Sie sich gegen die Diskriminierung von bestimmten Menschen aus, um andererseits und praktisch im gleichen Atemzug zu einem Plädoyer für die Diskriminierung bestimmter Verhaltensweisen anzusetzen – diese Gehässigkeiten bitteschön nicht, aber jene sind durchaus ok… autsch!… und der verhängnisvolle Tanz dreht sich munter weiter im ewiggleichen Kreis.
    Ich glaube, etwas vom Sinnvollsten, das man in diesem Leben tun kann ist, sich mit jenen wunderbaren Menschen zu umgeben, die im Gegenüber ebenfalls und ausschliesslich den Menschen sehen wollen bzw. sehen können und nicht irgendwelche Nationalitäten, Religionszugehörigkeiten, Aussehens-Kategorien. Das kann ja dann ein ganz erträgliches Leben absetzen so; würde sogar behaupten: Damit hätte man schon verdammt viel erreicht in seinem Leben, solche Menschen kennengelernt zu haben – das Problem ist nur: Dauert ja! Diese unausgereiften “Wesen”, die da vor Jahren geboren wurden – die Bezeichnung “Mensch” verdienen sie erst mal überhaupt nicht, Menschen werden die erst mit der Zeit, und auch das nicht mit absoluter Sicherheit, manche erst sehr sehr spät, möglicherweise erst kurz vor dem letzten Atemzug, viele schaffens nicht mal da… Bitte, investieren Sie Ihre wertvollen Energien nicht in arg lebensverkürzende, stark herzinfarktprovozierende Kampfhandlungen, die einfach nicht zu gewinnen sind, auch wenn das durchaus erstrebenswert wäre – bleiben Sie uns lieber hier lange, lange erhalten! Gebe zwar ungern Ratschläge, und Ihnen schon gar nicht, aber der schien mir unbedingt notwendig… :)

  13. a.more.s meint:

    Übrigens: “…Menschen werden die erst mit der Zeit…”
    Tönt so ausschliesslich – mich durchaus eingeschlossen…

  14. Irene meint:

    Ich bin zu dünn und vielleicht auch verbiestert, jedenfalls nehm ich’s Ihnen weiterhin krumm, dass Sie den Ausdruck “Waschbrettdecolletee” in der Blogosphäre rumgespammt haben.

  15. a.more.s meint:

    @ Irene: Nachdem ich mit Hilfe der kaltmamsell’schen Suchfunktion vergeblich nach diesem Ausdruck geforscht habe – bleibt das jetzt an mir hängen? Oder verwechseln Sie mich vielleicht?

  16. die Kaltmamsell meint:

    Neinnein, Herr a.more.s, Irene meinte mich.

  17. tinka meint:

    ich war richtig magersüchtig. ich werde meine essstörung nie loswerden, dass weiss ich. ich bin 1,75 gross und wiege jetzt 75 kilo. ich fühle mich fett. gestern erst waren wir auf einer party. ein guter kumpel hat seine neue ische mitgebracht. sie ist dünn. kleidergrösse 38. ich bin neidisch. ich hasse sie deswegen. ich weiss,dass ist krank. ich wäre gerne dünn. beweglich, leicht und dünn. ich fühle mich minderwertig einer dünnen gegenüber. ich hasse diese gesellschaft. ich hasse es, dass in jeder werbung und in jedem film der star, die begehrte hübsche immer DÜNN ist!!!! das brennt sich ins gehirn und macht das selbstbewusstsein kaputt.

  18. die Kaltmamsell meint:

    Liebe Tinka, Sie haben das Thema dieses Postings offensichtlich nicht verstanden: Hier geht es zur Abwechslung NICHT um Frauen mit Essstörungen oder Dicke. Zum Thema Diätterror habe ich an anderer Stelle oft geschrieben, hier sämtliche Folgen:
    (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11)

    Hilfe bei Essstörungen und bei gestörter Selbstwahrnehmung finden Sie in jeder Stadt. Nach dem, was Sie da schreiben, rate ich Ihnen dringend dazu.

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