Archiv für November 2004

Die „Inflation der Nikolausität“

Donnerstag, 25. November 2004

Gerhard Polt bei der SZ im Interview:

„Weil man sagt ja auch: Kaum ist das Oktoberfest vorbei, fangt die Weihnachtszeit an. Die letzten auf der Wiesn tauchen den Lebkuchen quasi schon ins Bier hinein.“

„Ich werde zum Beispiel auch nie vergessen, wie die Biermösl Blosn, das ist jetzt auch schon wieder ein paar Jahre her …“
… 1983 …
“… da haben sie bei der Adventsmusik vom Rathausturm die ‚Internationale’ runtergespielt. Lustig war, dass das die Leute gar nicht gemerkt haben.“

„Ich ess’ schon, seit ich denken kann, Platzerl! Und werde, wenn’s geht, diese Angewohnheit auch nicht aufgeben.“

Ganz genau: Ich lasse mir von den kranken Auswüchsen der Giergesellschaft doch nicht meinen Advent vermiesen!

Eine Lanze für die Dünnen

Mittwoch, 24. November 2004

Es gibt Große und Kleine, es gibt Dicke und Dünne. Wenn ich heftig gegen die gesellschaftliche und persönliche Diskriminierung von Dicken kämpfe, kann ich genauso wenig zulassen, dass auf den Dünnen herumgehackt wird. Selbst unter meinen engsten Freundinnen gibt es Dünne!

Ich plädiere dafür, zur Zielscheibe der Gehässigkeit bestimmte Verhaltensweisen zu machen (Diäten, Kalorienzählen, Hungern, zwanghafter Ausdauersport, Schönheitsoperationen, Dicken-Mobbing) und nicht ein Aussehen.

Wenn in meinem Einkaufswagen neben drei Tafeln Hachez-Schokolade Berge von Gurken, Paprikaschoten und Ananas liegen, geht man davon aus, dass ich halt gerne Gurken, Paprika und Ananas esse. Einer Dünnen würde bei diesen Einkäufen unterstellt, dass die Schokoladentafeln ihr Jahresbedarf sind, das Gemüse ein kalorienarmes Abendessen wird und die Ananas wegen ihrer angeblich schlankheitsfördernden Enzyme auf der Liste stand. So manche Dünne traut sich nach einem mehrgängigen Menü nicht aufs Klo, weil ihr einmal zu oft bedeutet wurde, dort würde sie ja doch bloß alles wieder rauskotzen. Und gerade extrem Dünne stehen mit ihren Problemen beim Kleidungskauf einsam da, weil sie nach ein paar schneidenden Reaktionen („DEINE Probleme möchte ich haben!“) besser nicht mehr über Kleider der Größe 36 klagen, die an ihnen wie Müllsäcke hängen.

Können wir uns drauf einigen, dass nicht jede Dünne hungert? Oder zwanghaft, verbiestert und missgünstig ist? Dass Dicke nicht die besseren oder gar weiblicheren Frauen sind? Sondern einfach nur die dickeren? Das wäre nett, danke.

Auf meinem Weg in die Arbeit – 8: Mitsänger

Dienstag, 23. November 2004

Der junge Mann saß gleich im ersten Sitz des ICE-Großraumwagens. Er trug zeitgenössische Freizeitkleidung und schien zu schlafen. Noch bevor der Zug losfuhr, hörte ich ihn fetzenweise summen. Ich schielte ums Eck uns sah, dass er verkabelte Ohrstöpsel trug. Der Zug setzte sich in Bewegung. Wenige Minuten später summte der Mann lauter ins frühmorgendlich stille Abteil. Nach einer kurzen Pause sang er, ich schätze den Refrain, eher so für sich, mit nach innen gekehrter Inbrunst. Dann war Ruhe.

Toy story

Sonntag, 21. November 2004

SPIELart, München, Müllerstraße

Pah, Winter,

Sonntag, 21. November 2004

Rosenwinter

nimm dies!

Kurz bevor ich das Todesurteil an mir vollstreckte

Samstag, 20. November 2004

Träume von Leuten, die ich nicht kenne, interessieren mich überhaupt nicht. Ich gebe zu, dass ich von einem Blog sofort weg klicke, wenn ich bemerke, dass ein Text bloß einen Traum wiedergibt. Aber, hey, das hier ist mein Wohnzimmer. Ich erinnere mich selten genug an meine Träume, und praktisch nie sind sie zusammenhängend genug, dass ich sie erzählen kann. Da scheint der Herr Darmvirus – sitzt immer noch als Faust in meinem Bauch – nachgeholfen zu haben.

Ich war gerade in sonnigen Augsburger Altstadtgässchen unterwegs. Eben hatte ich den staubigen Laden verlassen, in dem man mir die Tabletten gegeben hatte, und ging in Richtung meiner schnuckigen Hinterhaus-Wohnung am Elias-Holl-Platz. Man hatte mich zum Tode verurteilt, also musste ich daheim die 60 Tabletten nehmen. Komisch, hatte man in Deutschland die Todesstrafe nicht eigentlich abgeschafft? Da musste ich wohl irgendwas durcheinander gebracht haben. Tabletten gegen Brechreiz waren auch dabei. Sollte ich die vor den anderen Tabletten nehmen oder danach? Vermutlich vorher.

Mittlerweile war ich aus dem Ullrichs-Viertel auf die sommerliche, aber für einen Vormittag ungewöhnlich ruhige Maximilianstraße gebogen.

Komisch auch, dass man von mir erwartete, dass ich allein die Todesstrafe vollzog. War das nicht normalerweise eine öffentliche Veranstaltung? Mit Zeugen und so? Andererseits war es mir eh lieber, wenn ich das für mich allein machen konnte. Fand ich eigentlich sogar recht rücksichtsvoll, wo es mir ja ziemlich peinlich war, dass man mich zum Tode verurteilt hatte.

Was für ein herrlicher Tag. An sich passte es mir nicht in den Kram, dass ich ausgerechnet heute zu Tode kommen sollte. Aber was sein musste, musste sein. Moment, vorher sollte ich allerdings noch ein paar Listen schreiben, ordentlich Übergabe machen. Was zum Beispiel mit dem Hund zu geschehen hatte. Und mit der Wohnung. Kontonummern, Schlüssel, Verträge und all sowas.

Wie sollte ich die Tabletten am besten einnehmen? Sie waren so groß wie Antibiotika-Bomber, da würde ich nie 60 Stück einzeln schaffen. Auch nicht halbiert, da müsste ich ja 120 Mal schlucken. Die Gefahr war zu groß, dass ich nach der Hälfte schon die Besinnung verlieren würde. Also mit dem Mörser zerstampft, in irgend einem leckeren Saft aufgelöst?

Nein, eigentlich war das ein ziemlich blöder Zeitpunkt, das Leben aufhören zu müssen.

Symbolistische Deutungen halte ich für Blödsinn, so einfach ist der Mensch nicht gestrickt. Ich freue mich bereits darüber, dass ich zumindest im Traum etwas dagegen hatte, nicht zu leben.

30. Taken a sick day when I was not ill

Freitag, 19. November 2004

eben nicht

Herr Darmvirus war der Ansicht, der letzte Besuch habe noch nicht sein ganzes Potenzial ausgeschöpft. Nur erfreute er mich diesmal nicht die Nacht hindurch, sondern machte sich beim Aufstehen durch leichte Übelkeit bemerkbar (so konnte ich auch den unvermuteten Schweißausbruch gestern Abend einordnen).

Ich habe noch nie krank gefeiert, tut mir leid. Meine katholischen Eltern brannten mir ihr protestantisches Arbeitsethos derart gründlich ein, dass ich keine Chance habe. Mein Problem ist viel eher herauszufinden, ob ich nun wirklich zu krank bin, um in die Arbeit zu gehen. Instinktiv bin ich das nicht, so lange ich aufrecht stehen kann und niemand bei meinem Anblick zu Schaden kommt (oh ja, mein Instinkt ist ziemlich kaputt). Und in dieser Kondition bin ich dank meiner Rossnatur fast immer.

So hielt ich heute Morgen immer wieder inne und versuchte, meinen Krankheitsgrad zu erfühlen. Glücklicherweise meldete sich rechtzeitig der Mitbewohner: „Genau so schaust du, wenn du krank bist.“ Na gut, ich zog mich wieder aus und legte mich ins Bett, hielt mich wach, bis ich meinem Chef Bescheid sagen konnte.

Und diesmal zeigt der Herr Virus so richtig, was er drauf hat. Alle Achtung. Ich geh dann mal wieder ins Bett.
(Im Moment ertrage ich nicht mal den Gedanken an Gemüsebrühe. Wie kriege ich den sonst mein Salz zurück?)