Archiv für Dezember 2004

Auf meinem Weg in die Arbeit – 12:
Wie sich einmal die Straßenbahn verfuhr

Freitag, 10. Dezember 2004

Eine der Annehmlichkeiten des öffentlichen Nahverkehrs ist, dass ich mich nicht um die Route kümmern muss: Es reicht, wenn ich darauf achte, die richtige Straßenbahnlinie zu nehmen, dann werde ich zu meinem Zielort gebracht – wie auf Schienen.

Anders heute. Direkt vor dem Hauptbahnhof bog die Straßenbahn unvermutet nach rechts ab. Ich blickte von meiner Zeitung hoch zum Display und vergewisserte mich, dass ich in der richtigen Linie saß. Da sprang schon ein Herr auf und fragte erschrocken: „Das ist schon die 18, oder?“ Das konnte ich ihm mit Hinweis auf das Display bestätigen.

Bahnhof ist Bahnhof, ich machte mich ans Aussteigen. Inzwischen beugte der erschrockene Herr sich in die Fahrerkabine, tauchte nach kurzem Austausch wieder auf und berichtete: „Der hat sich verfahren.“ Ich war schon halb draußen, als ich die Ansage hörte: „Sehr geehrte Fahrgäste, es handelt sich um ein Versehen, bitte ….“
Dann hatte mein vermaledeites Pflichbewusstsein mich bereits außer Hörweite getrieben. Und jetzt weiß ich weder, wie der Straßenbahnfahrer sich da rausgeredet hat, noch wie er das Problem löste. Wenden geht ja auf Gleisen nicht. Er hätte fast 100 Meter rückwärts fahren müssen, um an die Abzweigung zu kommen.
Bitte, liebe SZ-Lokalredaktion, klär mich doch in Deiner morgigen Lokalspitze über Details auf!

Abturner Aussprache

Donnerstag, 9. Dezember 2004

Herrn sebas verging es, als die Dame „Orosche“ sagte, wohl mit
nasalem zweiten O.

Wie spricht man im Deutschen das Wort „Orange“ aus?

Ich sage „Oransche“, mit leicht angerolltem R. Die Farbe wieder heißt bei mir „oransch“. Ist das oberbayerisch?

Auf meinem Weg in die Arbeit – 11: Zischquäk

Donnerstag, 9. Dezember 2004

Zum ersten Mal einen ICE-Passagier gebeten, die Musik in seinen Kopfhörern leiser zu stellen. Interessanterweise hörte er eine Musikart, die ich nicht automatisch mit ohrenbetäubender Lautstärke verbinde: Free Jazz. Und so drangen über die zwei Sitzreihen zwischen dem jungen Mann und mir vor allem Becken- und Snare-Gezisch (Besen!) sowie wild quäkendes Tenorsaxophon. Hat mich innerhalb von Sekunden wahnsinnig gemacht.

Dennoch fühlte mich gleich im Anschluss furchtbar zickig und kleinlich.

The Brits and Us

Mittwoch, 8. Dezember 2004

Endlich mal etwas Vernünftiges zum schrägen und scheinbar unverbesserlichen Verhältnis, das die Briten zu Deutschland und seinen Bewohnern haben: „Stop making fun of the Hun“ im Guardian, von Catherine Mayer, der Vorsitzenden der Foreign Press Association in London.

“Nearly 60 years after Germany laid down arms, Brits appear reluctant to leave the trenches…”

Aber auch:
“The latest cheerleader for Deutschland is John Cleese. In Basil Fawlty he created a character that exposed little Englander xenophobia and, in particular, Germanophobia. Yet Basil’s imprecation ‘Don’t mention the war!’ was almost instantly adopted with hilarity by the tendency it was meant to satirise. Now Cleese is spearheading an essay competition run by the German student exchange service to write about positive experiences of Germany. The competition, inevitably, is called ‘But don’t mention the war’.”

Nebenbei erfahren wir das Bildungsniveau von Focus-Redakteuren.

Via Verres’ Kommentar bei Lila

Bekenntnisse eines ehemaligen Sport-Junkies

Dienstag, 7. Dezember 2004

Did you feel anxious if you couldn’t take exercise you had planned to do?
Aber hallo. Vor allem an den Feiertagen, an denen mein Fitness-Studio geschlossen hatte. Und ich dachte, das sei normal, denn schließlich war ich im Studio von Frauen umgeben, die ständig wiederholten: “Wenn ich nicht jeden Tag meinen Sport bekomme, fühle ich mich einfach nicht wohl.”

Did you ever exercise when you knew you were ill or injured?
Selbstverständlich. Bei schwerer Erkältung muss man doch nur darauf achten, den Puls deutlich unter 120 zu lassen; für eine frisch genähte Wunde muss man allerdings Ersatz-Verband einstecken, die blutet gerne mal bei heftiger Bewegung. Auch das hielt ich lediglich für einen Beweis meiner Freude am Sport.

Was your main reason for exercising to control your weight and change the way you look?
Eines war kein Selbstbetrug: Aerobics machte mir sehr viel Spaß. Aber warum bin ich dann vor dem Turnen für 30 Minuten auf den Stepper gestiegen? Und, wenn vorhanden, nochmal 20 Minuten ans Rudergerät gegangen? Weil wir ja alle wissen, dass die Fettverbrennung erst einsetzt, wenn der Puls mehr als 20 Minuten erhöht ist. Rückblickend: Kleidergröße 36-38 konnte ich zehn Jahre lang praktisch nur durch eisernes Ausdauersporteln halten.

Did you exercise to help control the way you feel, especially if you are angry or sad?
Nein.

Did you often take exercise instead of dieting to compensate for eating too much?
Klar. Abends steht ein mehrgängiges Menü in einem edlen Restaurant an? An zwei Tagen zusätzlich zum Aerobics-Hüpfen jeweils 45 Minuten auf dem Stepper. Plus jeweils die Mahlzeit danach ausfallen lassen.

Der Independent schreibt über Stressorexics: “Growing numbers of British adults are threatening their health with a dangerous combination of weight-watching and compulsive exercise.”
Grässliches Wort, bekannte Erscheinung. Wer drei oder mehr der Fragen oben mit Ja beantwortet, so schreibt der Independent, sei nah am Krankhaften. Ich habe die Fragen in die Vergangenheit gestellt, weil ich seit gut zwei Jahren weg davon bin. Zuletzt machte ich noch eine Ausbildung zur Aerobic-Trainerin und bekam einen Pulsmesser geschenkt, dann hatte ich schlagartig keine Lust mehr. Überhaupt nicht.

Doch erst jetzt kommt mir mein jahrelanges Sporttreiben zwanghaft vor. Da lese ich als Fallbeispiel im Independent-Artikel: “I was going to the gym for up to two hours a day”, und denke mir: Und? Das war für mich normal. Zwar machte ich in fast jeder Woche einen Tag Pause (Radfahren in die Arbeit oder zum Einkaufen zählte ich nicht), dafür nahm ich ein paar Mal an einem „Aerobics-Marathon“ teil und hopste da fünf bis sieben Stunden durch. Zudem ging ich regelmäßig Laufen und manchmal Schwimmen.

Irgendwann hatte ich eigenartige Muskelschmerzen, die der Arzt mit Magnesium- und Eiweiß-Mangel erklärte. Von da an nahm ich Pülverchen und Tabletten, um so viel Sport treiben zu können. Nur: Da ich das in einer Umgebung tat, für die das selbstverständlich war, kam mir selbst das nicht seltsam vor.

Hoffentlich finde ich irgendwann einen Weg, mir den reinen Spaß an der Bewegung zurück zu holen, denn den vermisse ich wirklich.

Auf meinem Weg in die Arbeit – 10: Tasche mit IQ

Montag, 6. Dezember 2004

Das junge Mädchen sagt in akzentfreiem Deutsch in ihr Handy:
„Nee, ich sitz in Straßenbahn. Ich bin gleich Königsplatz.“

Der Aufdruck auf ihrerSchultertasche:
E = m · c2

You ain’t seen nothing yet

Sonntag, 5. Dezember 2004

Weil nämlich: In Manhattan ist es seit einiger Zeit total trendy zu stricken. Also, jetzt nicht Sex and the City-trendy. Sondern eher so ich-arbeite-bei-einer-non-profit-Schwulenorganisation- oder ich-bin-Musical-Schreiber- trendy.

Und als ich uffish-Chris mit dieser Mütze sah (bisschen runterscrollen) und sofort auch so eine haben wollte, wusste ich: Endlich ein Trend, bei dem ich mit kann.

Also besorgte ich mir das Buch Hip to knit und legte los – in meiner Jugend war nicht ohne Grund Knittax mein Mittelname (natürlich mit gesprochenem K).

Wenn schon Mütze, dann bitte komplett bescheuert: