Schlittschuhlaufen

Sonntag, 30. Januar 2005 um 11:27

Gestern end-lich auf dem Stachus beim Schlittschuhlaufen gewesen. Nicht zu vergleichen mit Central Park oder Gorki Park (geht fast ohne Schmerzen, die Münchner Eisbahn in diese Reihe zu stellen), aber trotzdem mitten in der Stadt und schön bescheuert. Außerdem war gestern die letzte Gelegenheit für diese Saison.

Ich war schon viele Jahre nicht mehr Schlittschuhlaufen gewesen. Während ich im nachmittäglichen Sonnenlicht meine Runden drehte, hing ich Erinnerungen an meine persönliche Schlittschuh-Laufbahn nach.

Das erste Paar Schlittschuhe bekam ich mit vier Jahren zu Weihnachten. Meine Mutter erzählt, dass ich sie gleich am nächsten Tag ausprobieren wollte. Da der „Künettigraben“ meiner Geburtsstadt gefroren war, ging das auch (ich musste erst erwachsen werden um zu lernen, dass nicht etwa ein Signore Künetti der Namensgeber war). Dort hatten ganze Generationen Schlittschuhlaufen gelernt, auch meine Mutter, bis ein Stadtbach durchgeleitet wurde und der Graben nicht mehr zufror. Die Holzbrücke darüber bot mit ihren Pfeilern und Verstrebungen Sitzgelegenheit, um die Schlittschuhe anzuziehen oder sich auszuruhen. Meine Mutter erzählt auch, dass ich nach zehn Minuten bereits genug hatte und wieder nach Hause wollte (diese angeborene Unsportlichkeit war meinen Eltern ein ewiges Kümmernis).
Am schönsten konnte man aber auf dem Baggersee der Stadt schlittschuhlaufen. Er muss in meiner Kindheit regelmäßig dick genug gefroren gewesen sein, denn ich erinnere mich an viele Erlebnisse auf dem See. Der Baggersee ist nicht nur einer, sondern heißt auch so; fast 50 Hektar Eis kann er im Winter bieten. An einigen Ecken waren immer Eisstockschießbahnen freigeschubbert, auf dem Rest liefen wir spazieren.

Einen Winter gab es in den 70ern, in dem es plötzlich viele Tage lang eisig kalt war, ohne dass auch nur eine Schneeflocke fiel. Das Ergebnis war ein spiegelglatt gefrorener Baggersee. Das Eis war so glasklar, dass der ganze See schwarz aussah und wir eingefrorene Fische und Pflanzen erkennen konnten. Meine Mutter, die unter Vertigo leidet und bereits auf Brücken Schwierigkeiten hat, wagte sich keinen Schritt hinaus. Ich wiederum konnte mich gar nicht sattsehen und verbrachte Stunden auf dem Eis.

Einige Jahre später wurde in der Stadt ein Eisstadion gebaut. Das bot nicht nur verlässlich Eis und mit seinem Dach Schutz vor der Witterung, sondern lockte auch mit einem Kiosk. Und an dem gab es „Skiwasser“, kalt oder heiß, rosarot. Vermutlich handelte es sich einfach um Himbeersirup, der entweder mit Mineralwasser oder heißem Wasser aufgegossen wurde, aber ich fand das Getränk sensationell. Zudem spielte im Eisstadion Musik, man traf Gleichaltrige, und in der Mitte der Eisfläche übte immer irgend jemand Eiskunst-Figuren.

Das Schlittschuhlaufen im Kreis auf einer Kunsteisbahn ist zwar alle paar Jahre mal ganz nett (und in Gorki Park würde ich wirklich sehr gerne mal fahren), aber die große Sehnsucht habe ich nach dem Baggersee. In Winterluft unter klarem Himmel mit kräftigen, langen Zügen den See durchmessen, den Blick auf die riesigen Eichen am Ufer genießen, gleichzeitig immer das Eis im Blick, damit nicht ein Ast, eine Schneeverwehung oder ein eingefrorener Gegenstand den Lauf abrupt stoppt.

Ja, hingefallen bin ich gestern auch, gleich zu Beginn. Blaue Flecke über beiden Knien.

die Kaltmamsell

3 Kommentare zu „Schlittschuhlaufen“

  1. zorra meint:

    Halt dich fest: Ich habe gelesen, dass man in Marbella Schlittschuhlaufen kann!

  2. die Kaltmamsell meint:

    Ho! Ich wusste allerdings, dass Granada eine Eishockey-Mannschaft hat (ein früherer Nachbar von mir hat deshalb eine Stelle im dortigen Orchester angenommen).

  3. Claus meint:

    An Skiwasser kann ich mich auch noch erinnern. Das gab es in den diversen Berghütten am Dachstein zu trinken, an denen wir Anfang der 80iger beim Wandern anläßlich des familiären Sommerurlaubs vorbeikamen.

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