Typologie auf der Tanzfläche: Die Damen

Dienstag, 15. Februar 2005 um 8:19

Und dann die Klassifizierung der Damen, die mir der Freund zurück schrieb.

1. Die Feder:
Die Frau, die willig ist und sich führen lässt, leicht über die Tanzfläche schwebt, die die Musik und den Partner als harmonisches Ganzes empfindet, die sich nebenzu mit dem Herrn unterhält, die ihn nicht krampfhaft von ihrem Busen wegdrückt, die den leisesten Druck als Führung versteht, wo der Herr sich selber gar nicht mehr bewusst wird, ob er wirklich führt oder ob das Tanzpaar telepathisch aneinander gekoppelt ist. Ach ja, und die beim Versuch einer Linksdrehung nicht gleich plärrt: „Bitte nicht links; links kann ich nicht!“

2. Der Mehlsack:
Kann durchaus eine zierliche, grazile Figur haben, aber in dem Moment, in dem der Herr sie in den Arm nimmt, hat er das Gefühl, er sei gerade in den Sumo-Ring gestiegen. Sie scheint sich auf einen Nachtmarsch mit Gepäck vorbereitet zu haben, zu diesem Zweck Skistiefel angezogen zu haben. Wenn der Herr sie führen will, braucht er mehr Aufwand als beim Armdrücken. Aus einer kreisrunden Drehung wird ein Quadrat, mit vier sauberen rechten Winkeln. Nicht dass sie sich wirklich wehren würde – sie tanzt ja schließlich gern -, aber sie hat gelernt, dass der Mann führt und sie nix, aber gar nix dazu tun darf.

3. Der Schleifer:
Die schlimmste von allen! Symptomatik: Vom allerersten Tanzschritt an hat der Herr das Gefühl, an einer Hundeleine übers Parkett geschleift zu werden, und weiß überhaupt nicht, wie ihm geschieht, zack links herum, zack rechts herum, zack zurück – und: WAS DAS SCHLIMMSTE IST! – wenn die Frau „andeutet“, sie möchte jetzt gedreht werden. Kommen in zwei psychosozialen Kategorien vor: Die eine (seltene) ist die klassische „Ich habe die Hosen an und bestimme wo’s lang geht, hier wie sonst“; sie hat ihren Mann zu dem gemacht, was er heute ist. Die andere ist die „Ich mein’s nicht böse, ich will ja nur mithelfen, dir entgegenkommen, dich unterstützen, mich zu führen“. Kann sein, dass sie bei ihrem aktuellen Partner eine Führungsschwäche riecht und dann lieber selber die Zügel in die Hand nimmt. Kann aber auch sein, dass ihr Mann ein Weichei ist und sie zur Schleiferin gemacht hat.
Zu guter Letzt gibt es noch die verstärkte Form der Schleiferin – eine, die meint, es käme beim Tanzen auf die Kreisfrequenz, also die Drehungen pro Sekunde an, und den Herrn auf einen Horrortrip mitreißt (von Führen kann hier keine Rede mehr sein), dass dem Herrn die Achterbahn mit acht Loopings als sympathische Alternative erscheinen muss.

die Kaltmamsell

7 Kommentare zu „Typologie auf der Tanzfläche: Die Damen“

  1. der Haltungsturner meint:

    Oh ja :-)
    Wobei ich die Mischform aus Feder, Mehlsack und Schleifer am anstrengensten finde: Die Frau, die sich führen lassen will, durchaus mitmacht und musikalisch ist (ein bisschen Feder), dabei aber wahnsinnig ängstlich und voller Sorge um Kontrollverlust (ein bisschen Mehlsack). Da sie dann auch noch aus der Tanzschulzeit weiß, dass Männer weder Rhythmus noch Gefühl haben, ist sie dauernd versucht, zu führen (ein bisschen Schleifer). Es ist sooo anstrengend, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, den unfähige Vorgänger aufgebaut haben.

    Meine These ist ja, dass – wenn sie denn halbwegs musikalisch ist und keine verbiesterte Aus-Prinzip-Führe-Ich-Emanze – es vor allem an den Männern liegt, wenn tanzen so nervend verläuft. Ich hab Jahre gebraucht, um der Frau, die mir vertraut und mich im normalen Leben führt, auch auf der Tanzfläche Vertrauen beizubringen und die Bereitschaft, sich dieses Mal von mir führen zu lassen.

    Warum gibt es nur so wenige Federn? Oder verkehre ich in den falschen Kreisen?

  2. goetzeclan meint:

    Mit Beharrlichkeit und Einfühlungsvermögen hat mich meine Frau von einem Nicht- zu einem Gelegenheitstänzer gemacht, der keiner der beiden Bauerntrampelvariationen entspricht, ohne jedoch an das Naturtalent heranzureichen. Sie selber ist (nicht nur wegen ihrer 47 kg) eher dem Typ “Feder” zuzuordnen, allerdings eine durchaus fordernde Variante. Sie velangt geführt zu werden, lässt es aber dann auch zu. Viel zu spät habe ich gemerkt, dass Tanzen (unter diesen Bedingungen) wirklich Spass machen kann. Sie müde zu tanzen kann ich mir aber aus dem Kopf schlagen ;-)

  3. H2S meint:

    Danke an deinen Freund für diese Klassifizierung, hab gut gelacht und mich an längst vergangene Zeiten erinnert.
    Mich würde vor allem interessieren, wie die “Federn” ihre Tanzpartner, die sich derart lobend über sie äußern, einschätzen.
    Aus eigener Anschauung weiß ich, daß Männer (und zwar nicht nur die völlig Unbegabten) beim Tanzen nichts mehr irritiert als eine Frau, die sich hundertprozentig führen läßt. (Warum auch nicht? Das Leben funktioniert ja auch nicht so). Die sitzen hinterher mit leicht verstörter Miene rum und klagen: “Ich hab das Gefühl, ganz alleine zu tanzen. :(” und “Mir kommt es vor, als hielte ich nur Luft in den Armen. :((”
    Das führt zwangsläufig dazu, daß jede halbwegs sensible Frau ihr tänzerisches Feingefühl dann dafür einsetzt, _unbemerkt_ zu führen, um am Ende in leuchtende Gesichter sehen zu können: “Wow, ich glaub, ich komm langsam echt weiter, hab ja auch viel Zeit reingesteckt. :)” und “Jetzt hab ich es endlich drauf! :))”
    Natürlich betrachten diese Tänzer Frauen, die sich dabei ein wenig ungeschickt anstellen als “Schleifer”, während sie selbst ja nur ihre “Feder” brauchen, um zu göttlichen Tänzern zu werden. :D

    Davon mal abgesehen: Wie beknackt ist es eigentlich, heute noch eine Frau als gute Tänzerin zu betrachten, wenn sie sich problemlos führen läßt, und einen Mann als guten Tänzer, wenn er perfekt führt?

  4. mo meint:

    der frauentanztypus der fehlt ist der der ängstlichen hyperaktiven: der springmaus.

    kaum aufgefordert strahlt die pure panik aus den augen dieser geschöpfe und ein leises “ich kann aber gar nicht tanzen” kommt der jungen (ja – es sind ausschliesslich junge damen) dame über die nervös zusammengepressten lippen, wenn sie den aufforderungsbemühungen nicht erfolgreich entgegen treten konnte.

    kaum auf der tanzfläche beginnt sich das holde geschöpf wild zu bewegen und all die bewegungsmuster nachzuahmen, die sie bei anderen tanzpaaren schon mal beobachtet hat. das macht ein gemeinsames tanzen natürlich völlig unmöglich und sorgt dafür, dass der mann nur noch versucht, das wilde ding am ausgestreckten arm von sich weg zu halten, um nicht von austretenden füssen getroffen oder von unkonventionellen drehungen völlig überrascht (sprich: schulterdislokation) zu werden.

    bei den männern fehlt übrigens der typus des dichters, der im laufe des tanzes versucht, immer dichter mit seinem opfer zu tanzen… (verzeih. alter otto oder frank zander witz, glaub ich…)

  5. blue sky meint:

    “Wie beknackt ist es eigentlich, heute noch eine Frau als gute Tänzerin zu betrachten, wenn sie sich problemlos führen läßt, und einen Mann als guten Tänzer, wenn er perfekt führt?”

    Tanzen ist keine demokratische Veranstaltung. Eine/r von beiden muss führen, der andere sich führen lassen, sonst wird das nix. Wenn Tänzer und Tänzerin gut sind und harmonieren, stellt sich dann im Ergebnis ein buchstäbliches Gleichgewicht zwischen beiden ein (Kaltmamsells “telepathische Kopplung”), bei der die Frage, wer da wem nachgeben muss, doch völlig irrelevant wird.

    Die Konvention sorgt dafür, dass man das Verhältnis nicht jedes Mal neu aushandeln müsste. Und ich finde es schön, derart spielerisch in eine alte Geschlechterrolle schlüpfen zu dürfen (und die meisten Frauen meines Wissens auch).

    [Gerade richtig Sehnsucht bekommen, mal wieder tanzen zu gehen.]

  6. die Kaltmamsell meint:

    Danke, Himmelblau, es hindert ja niemand ein Tanzpaar dran, die Rollen zu tauschen: Dass die Frau den Part des Herrn tanzt und der Mann den Part der Dame. Wenn die Frau den Herrenpart überhaupt gut genug kennt.

  7. der Haltungsturner meint:

    Dazu kommt noch, dass gut Tanzen aber auch gar nichts (in Worten: Null) mit dem Beherrschen von Schrittfolgen zu tun hat. Im Gegenteil ist harmonisches “Schwofen” ja oft gerade nur möglich, wenn beide gut tanzen können.
    Wer sich nicht führen lassen will (w) bzw. nicht führen will (m), kann ja auch ganz normal rumzappeln, muss sich ja nicht anfassen beim Tanzen. Geht ja auch meistens nebeneinander.
    Obwohl ich selbst durchaus ein paar von den komplexen Figuren beherrsche, nerven mich die Angeber sehr, die (1) nur mit ihrer Partnerin tanzen und (2) alle dreißig Sekunden die anderen umrempeln. Beides ist auch voll gegen die Konvention, deren Anhänger in solchen Zusammenhängen auch ich bin…

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