Englisch mit der Kaltmamsell: Falsche Freunde

Sonntag, 3. April 2005 um 9:29

Dass „Handy“ kein englisches Wort ist und auf Englisch mobile phone (BE) oder cellular phone (AE) heißt, hat sich herumgesprochen. Doch selbst wenn man es in Birmingham mit „I’ve got a new handy from Motorola“ versucht, wird der indigene Gesprächspartner sich schnell aus dem Zusammenhang erschließen, worum es sich handelt.

Andere falsche Freunde können zu Kommunikationsstörungen führen. Mir ist aufgefallen, dass das Wort touchy sich im Deutschen breitmacht. Touchy heißt im Englischen „überempfindlich“, „leicht zu beleidigen“. Weswegen ich auch sehr stutzte, als mich ein neuer Bekannter nach wenigen Treffen als „eher touchy“ bezeichnete: Ich halte mich für eine robuste Natur und dachte, dass es einiges braucht, um mich zum Einschnappen zu bringen. Mit diesem speziellen Herrn war ich nie auch nur in die Nähe einer Auseinandersetzung gekommen.
Mittlerweile habe ich herausgefunden, dass das deutsche Wort „touchy“, gesprochen wie das englische, Menschen bezeichnet, die bei alltäglichen Begegnungen gerne Körperkontakt aufnehmen – ziemlich das Gegenteil von der englischen Wortbedeutung.
Mehrwert dieses Eintrags: Bitte gegenüber Englischsprechern aufpassen mit der Verwendung dieses Wortes.

die Kaltmamsell

13 Kommentare zu „Englisch mit der Kaltmamsell: Falsche Freunde“

  1. nevesita meint:

    Könnte es nicht sein, dass du dich einfach verhört hast? Ich kenne das Adjektiv “tatschig” für Menschen, die anderer gerne im Gespräch antatschen bzw. tätscheln. Ist klanglich ja nicht so weit von touchy entfernt.
    Hm, oder “tatschig” war einfach der Ausgangspunkt für Menschen, die das dann sehr deutsch eingeenglischt haben.

  2. die Kaltmamsell meint:

    Ich bin mir recht sicher, dass ich mich nicht verhört habe, denn seither bin ich dem unenglischen Gebrauch des Wortes mehrfach begegnet. Zuletzt in dieser wunderschönen Geschichte von Herrn ix, in der es heißt:
    “mongoloide sind nicht nur meist unglaublich freundlich, oft auch sehr touchy, sie suchen den körperkontakt und vergewissern sich gegenseitiger sympathie durch körperkontakt.”

  3. ix meint:

    ix hätte wirklich besser „tatschig“ schreiben sollen. andererseits sag ich ja auch „handy“. um die reihe fortzusetzen, sehr beliebt ist auch „duschen“ mit „douche“ zu übersetzen, wenngleich das sehr viel peinlicher als „handy“ wirkt. oder in amerika nach der „toilet“ zu fragen. dort pinkelt man nämlich im badezimmer.

  4. Konstantin meint:

    Touchy heisst eindeutig sensibel, ueberempfindlich, be careful what you say, ganz recht. Wo hingegen Koerperkontakt suchende Menschen eher als touchy-feely bezeichnet werden. Der Begriff wird haeufig der “New Age” Ecke zugeordnet. Touchy-feely as in huggy sweety etc. Tatschig kannte ich nicht. Klingt nicht so schoen, finde ich.

  5. Martin meint:

    Touchy in Bezug auf Personen ist aber eher BE, oder? Aus dem AE (MO und GA) kenne ich nur ein touchy subject, Personen würde man eher als sensitive, highly sensitive oder overly sensitive bezeichnen. Sei’s drum, tatschig heißt es in jedem Fall nicht. Drollig, dieses “tatschig”.

  6. Londo meint:

    Hmm…mir ist “touchy” bisher noch nicht untergekommen. Was mich dagegen immer wieder mal zur Weißglut treibt, ist die falsche Übersetzung des Wortes “billion” (deutsch Milliarde). Das passiert sogar professionellen Übersetzern manchmal. So las ich in den Achtziger Jahren eine Story von Orson Scott Card, in der von einer Weltbevökerung von “5 Billionen Menschen” die Rede war. Dass das nicht plausibel ist, hätte man meiner Ansicht nach merken müssen.

  7. die Kaltmamsell meint:

    Touchy subject für “heikle Angelegenheit” kenne ich auch, sogar aus England.
    Die verschobene Verwendung im Deutschen ist ein schönes Beispiel für Volksetymologie und durchaus sympathisch, finde ich. Die falschen Billionen hingegen sind wirklich verwerflich.

  8. kid37 meint:

    Touchy feminists bitte weghören, jetzt kommt ein Handy-Kalauer:

    Stefan und Erkan sehen ein “Superbunny”.
    Erkan: Boah ey, isch hab Erekson!
    Stefan (zückt sein Mobiltelefon): Brauch isch nich’. Isch hab Nokja.

    Hm. Und wie heißt jetzt duck and cover auf Deutsch?

  9. Kopfkino meint:

    Herr IX’ Kommentar erinnerte mich gerade daran, wie ich nach drei Tagen USA Aufenthalt mit meiner amerikanischen Gastmutter einen Supermarkt aufsuchte, um ein paar Dinge zu besorgen. Ich wollte mir unter anderem eine Rücken-schrubb-Bürste kaufen. Konnte jedoch nichts finden und wusste auch nicht, wie ich meinen Kaufwunsch ausdrücken sollte.
    Da sich meine Begleitung im gegenüber gelegenen Gang befand, brüllte ich in schlechtem Englisch durch den Supermarkt zu ihr herüber “I need a brush. You know what I mean? A brush for when I douche” Sie wurde rot, rannte schnell zu mir, damit ich nicht so laut rufen musste, klärte das ganze aber erst zu Hause auf, indem sie mich fragte, wozu ich denn eine Bürste bräuchte, wenn ich meine Tage hatte.

  10. Wolfgang Thelen meint:

    Liebe Kaltmamsell,

    Du bist ja wohl eher jünger, oder? Alle, die in Deutschland wichtig waren, hatten immer schon ein Funksprechgerät “BOS”. Dann wurde es später wichtig, dass nicht nur der Kranführer über den Industrieanlagen, der Polizist im Streifenwagen und der der Feuerwehrmann mit der Spritze direkt und damit per Funk erreichbar waren, sondern auch Bereitschaftsärzte, Hebammen und Krankenschwestern sollten sich melden.

    Melden eben, sie wussten ja wo. Da hatten alle, die heute graue Strähnen haben und vor zwei Jahrzehnten im medizinischen Bereich angelsächsischer Länder erreichbar sein mussten, einen “handy beeper”. Das wurde dann, ohne Verspätung, auch in Deutschland eingeführt. Hieß “Piepser” für eher praktisch veranlagte Menschen und “Händie” für ambitionierte Schmalspurakademiker ohne humanistische Bildung und nur einer Fremdsprache. Chef- und Oberärtzte hatten damals das große Latinum, also kein Handy, deswegen auch kein angemessenes Wort in ihrer Hochsprache dafür aber immer jemanden mit einem dieser neuen, kleinen Geräte neben sich, wenn sie die “anpiepsen” (durch eine Hilfskraft mit erster und einziger Fremdsprache, nämlich Englisch) ließen. Da hat sich obenrum in unserer Gesellschaft auch nichts geändert (außer beim Latinum, maybe?).

    Soweit zur Geschichte dieses kleinen Gerätes und seiner Benennung in Deutschland heute. Ähnlich sind sie sich alle, die Geschichten über die putzigen Anglizismen, die fröhlich von ziemlich unten bis fast nach oben wandern. Dieses Jahr dürfte es wohl der “Blog” sein.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Wolfgang Thelen

  11. die Kaltmamsell meint:

    Herr Thelen,

    wie alt mögen Sie wohl sein, dass sie Menschen, den Sie für jünger halten, einfach duzen? Auch für Sie eine kleine Übung: Es heißt DAS Blog.

    Mit ebenso freundlichen Grüßen

    die Kaltmamsell

  12. mo meint:

    einspruch.

    touchy wird auch von muttersprachlern in der körperanfassenden variante benutzt

    beispiel hier:

    “Even Peter Tosh respected that and learned not to touch, because Peter was very touchy, he would see you and ohh — hug you up and try to squeeze you.”

    zitat von rita marley (jetzt vielleicht nicht unbedingt oxford english aber immerhin bestimmt keine germannin!)

    mich nervt viel mehr, die falsche aussprache von anglizismen im deutschen sprachgebrauch:

    menschen die in eine “lounge” gehen wollen, aber dann von einem “launch” reden oder
    die etwas für ihren “buddy” tun wollen, und dann ins fitnessstudio rennen…

  13. Irina Palm meint:

    Ein Blick in ein einsprachiges Woerterbuch besagt:

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