Dr. Ursula Enderle in Freitag: “Vollständig in Feindesland”
Eine informative und angenehm nüchterne Betrachtung eines Berufsstandes, den jeder zu kennen glaubt: Lehrer. Ohne polemische Einzelfälle und fast ohne Witze.
Wir haben es inzwischen mit Lehrergenerationen zu tun, die selbst nicht autoritär ausgerichtet sind, und sich schwer damit tun, Leistungen von Schülern einzufordern. Sie müssen sehr lange, über Jahre hin üben, die entsprechende Einstellung – in der Lehrerausbildung kurz “die Lehrerrolle” – zu verinnerlichen und in Handlungsroutinen umzusetzen.
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Die Arbeit, die Lehrer in durchschnittlicher Güte für ihr Gehalt zu leisten haben, zeichnet sich vor allem durch ein kaum glaubliches Maß an Selbstständigkeit aus. Menschen, die sich mehr Vorschriften wünschen, um im didaktischen oder pädagogischen Umgang mit ihren Schülern stärker entlastet zu sein, scheitern in diesem Beruf sehr schnell. Ein Lehrer hält sich umso besser in seinem Beruf, je geschäftiger er den gegebenen rechtlichen und unterrichtlichen Rahmen stetig mit herzhaften Entscheidungen auffüllt. Die Entscheidungsnotwendigkeiten reichen vom diskreten Kopfnicken für gute Beiträge über die rasche Erziehungsmaßnahme bis zur behäbigen Jahresplanung. Die Entscheidungsdichte im Unterricht ist mit derjenigen der Fluglotsentätigkeit vergleichbar, weil Schüler selbst in Konfliktsituationen nicht ohne Orientierung bleiben dürfen.
Über einen Kommentar im Lehrerzimmer.