Archiv für Mai 2005

Mutig, mutig, Herr Doktor dent.

Dienstag, 3. Mai 2005

Klar war ich sofort fasziniert, als Sie mit einem Maschinchen auf der Nase ins Behandlungzimmer wieselten, das ich am ehesten aus Filmen über paramilitärische Sondertruppen im Nachteinsatz kenne. Weil wir uns schon bei unserer ersten Begegnung vor drei Jahren (mir war eine Füllung aus dem Backenzahn gebröselt) umgehend blendend verstanden, wussten Sie auch, dass ich mich tatsächlich dafür interessiere, wie dieser minifernglasartige Aufsatz funktioniert, den Sie mit Hilfe einer stilistisch in den späten 60-ern angesiedelten Brille vor Augen hatten. Auch, wozu das Kabel ist, bei welchem Kollegen sie sich das abgeschaut haben, in welcher schwindelerregenden Höhe die Beschaffungskosten lagen, welche weiteren Kollegen höllenneidisch sind und welche dentalen Katastrophen sie durch die neue Sehgenauigkeit bereits bei anderen Patienten verhindern konnten.

Aber erstmal sind sie so jung und hübsch schwarzlockig auch wieder nicht, dass ich durch den hellen Triumph, mit dem Sie der mitschreibenden Zahnarzthelferin hinübertrompeteten, alle meine grade mal 21 Jahre alten Amalgam-Füllungen hätten Sprünge, nicht ein wenig beleidigt gewesen wäre.
Richtig mutig war es aber, mir dann nicht nur strahlend zu verkünden, diese Füllungen müssten alle ersetzt werden, sondern mit einem Augenzwinkern zu ergänzen: „Schließlich muss ich das teure Ding irgendwie refinanzieren.“

Sie wissen hoffentlich, dass Sie das bei den meisten Patienten mal besser nicht dazu sagen?

Geht’s ma endlich weg mit eurer Biologie!

Montag, 2. Mai 2005

Diesmal holt sich die Süddeutsche die aktuell modische Populärwissenschaftssau in die Seiten, die durch die Redaktionsbüros getrieben wird:
„Glücklich in einer Beziehung und doch vom Verlangen nach Abenteuern geplagt: Wir sind Getriebene unserer Biologie.“

Nein, ich glaube NICHT, dass alle Menschen Sklaven ihrer Biologie sind. Deutlichster Beweis sind die vielen Menschen, die sich nicht fortpflanzen wollen: Antibiologischer geht’s nicht.

Da danke ich doch mal dem Joschua, der freundlicherweise für mich Bernhard liest und kürzlich zitierte:

Natürlich ist alles ein Milderungsgrund, sage ich. Die Leute können alles angeben als Milderungsgrund, sage ich. [..] Die armen Teufel können sagen vor Gericht, sie seien arm gewesen, die Reichen, reich. Alle mit gleichem Recht. Wie die Dummen, daß sie zeitlebens dumm gewesen sind. Die einen geben an, sie sind zeitlebens benachteiligt gewesen, die andern geben an, zeitlebens bevorzugt. Alles ist ein Milderungsgrund.

Und die Biologie soll jetzt der allermildernste Milderungsgrund für alle sein.

Blume

Montag, 2. Mai 2005

München, 1. Mai 2005

Sonntag, 1. Mai 2005

Des is des Isarflimmern …


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Die Sache mit dem Kapitalismus

Sonntag, 1. Mai 2005

Damals, als in der New Economy Zwölf-Mann-Softwarefirmen auf einmal extrem hohe Aktienkurse an der Börse hatten, kapierte ich das alles nicht und führte es darauf zurück, dass meine Wirtschaftskenntnisse aus wenigen Jahren gymnasialem Unterricht in Wirtschaft und Recht (eine Wochenstunde) bestanden. In den Jahren 2000 / 2001 stellte sich heraus, dass ich das in der Schule dann doch richtig verstanden hatte.

Nur deshalb traue ich mich jetzt, in der Kapitalismusdebatte mitzudenken: Weil mir der Herr Heckl damals vielleicht doch genug und das Richtige beigebracht hat.

Also: Kapitalismus ist, wenn die Produktionmittel wem anders gehören als die eingesetzte Arbeit und wenn der Gewinn, der damit erzielt wird, nur dem zukommt, dem die Produktionsmittel gehören. Richtig?

Bei Wikipedia lautet das so:

Der Kapitalist bekommt durch die Rendite seines Eigenkapitals das Risiko, das er mit dem Einsatz seines Kapitals auf sich genommen hat, sowie den vorläufigen Verzicht auf das investierte Kapital abgegolten (Opportunitätskosten) – in durchaus unterschiedlicher Höhe (diese hängt von seiner Verhandlungsstärke auf dem Arbeitsmarkt ab). Er strebt also nach Maximierung seiner Eigenkapitalrendite.

Wenn aber der Arbeiter und der Angestellte selbst direkt Aktien besitzen oder indirekt, weil sie ein Erbe oder Ähnliches in einen Fonds oder eine Kapitalgesellschaft investiert haben, sind sie ja selbst gleichzeitig Kapitalisten. Dann kommen ihnen doch über eine oder mehrere Ecken ebenfalls die Gewinne zu. Folglich (ist zwar paradox, müsste aber stimmen): Sie machen unbezahlte Überstunden oder verlieren gar ihren Job ans weniger verdienende Ausland, damit sie für ihre Investitionen (private Altersvorsorge oder blanke Gier etc.) etwas bekommen. Das heißt aber, das sie den Finanzkonsortien, die genau dafür sorgen, dass die die geldanlegenden Arbeiter und Angestellten aus dem eingesetzten Geld auch mehr rausbekommen, keinen Vorwurf machen können.

Hehehehehe….!

(Nee, ich selbst habe keine Aktien und keine Investitionen – halt, eine kleine Lebensversicherung -, keine Immobilien und kein Auto. Ich persönlich gedenke mein Alter in einem 12-Quadratmeter-Zimmerchen mit Kochnische und in öffentlichen Büchereien zu verbringen. Weswegen ich sehr für den Erhalt der Kultursubventionen bin.)