Crash (L.A. Crash)

Montag, 29. August 2005 um 9:35

Warum hat mich Crash nur so traurig gemacht? Zum einen sicher, weil mir das hervorragende Drehbuch, die Regie (beides Paul Haggis) und die erstklassigen Schauspieler die Qualen der Filmfiguren sehr nahe gebracht haben.
Die Ehefrau, die hilflos den tatschenden Händen eines zornigen Polizisten ausgeliefert ist.
Der Polizist, der seine eigene hilflose Wut über das Leid seines Vaters in rassistische Aggression umwandelt.
Der Ladenbesitzer, der über seinem Misstrauen gegenüber jedem Außenstehenden zum Mörder wird.
Der Polizist, der zusehen muss, wie sich seine Mutter und sein Bruder zugrunde richten und der sich trotzdem für sie verantwortlich fühlt.
Der Handwerker, der um seiner Familie willen Demütigungen und Willkür aushält, in eine Wolke von Traurigkeit gehüllt.
Die Polizistin, die die Missachtung ihres Geliebten erträgt und sich bei jeder neuen Verletzung um Verständnis bemüht.

Hilflosigkeit, Rassismus und Aggression sind die Elemente, die die Episoden von Crash verbinden. Und so machte mich zum anderen traurig, wie müßig jede Hoffnung auf ein Verschwinden dieser gesellschaftlichen Mechanismen ist. Mir fiel später Spike Lees Do the right thing ein, der ebenfalls diese Hoffnungslosigkeit hinterlässt.

Gleichzeitig ein ganz wundervoller und intensiver Film mit perfektem Erzählrhythmus, der so viel Los-Angeles-Alltag verwendet, wie es Mainstream-Hollywood zulässt. Die Beklemmung ist wohl dosiert: Der Film zeigt Gewalt genau auf die Art, die mir Angst macht: Szenen voll Furcht und Aggression, kurz vor der Eskalation, und dann zieht einer auch noch einen Revolver – das ist der Punkt, an dem ich die Spannung nicht mehr ertrage und hinter dem Sitz des Vordermannes verschwinde. Choreographiert abgeschlagene Gliedmaßen in Sin City haben diesen Effekt eben nicht; die Gewalt dort ist rein physisch, es ist keine Spannung damit verbunden, im Grunde gar keine Emotion.

(Hinweis für Memmen wie mich: Gewalttaten sind in diesem Film nie explizit zu sehen, sondern immer nur indirekt, z. B. ein tödlicher Schuss als Mündungsfeuer in der Dunkelheit. Ihr müsst also nicht weggucken.)

die Kaltmamsell

3 Kommentare zu „Crash (L.A. Crash)“

  1. Julika Hartmann meint:

    Ich war mit Schwesterherz drin, sie lebte ja jahrelang in LA, ich dachte die ganze Zeit: ist ja nur ein Film, so blöd kann niemand sein (abgesehen davon, dass ich das eigentlich immer denke). Und sie sagte die ganze Zeit: es ist noch viel schlimmer.

  2. die Kaltmamsell meint:

    Oj, ich hatte es geahnt. Zumindest führen solche Erkenntnisse dazu, dass ich mich in Deutschland auf der Insel der Seligen wähne.
    (Deine Schwester kriegt Dich sogar ins Kino?)

  3. Mitleserin meint:

    Seit Monaten bin ich stille Mitleserin. Nun aber! Selten sind Filme die so mit den Erwartungen der Zuschauer spielen wie dieser, oder? Man wähnt die Hälfte der Figuren schon erschossen, verbrannt, verunfallt, nur um dann ganz kurz aufzuatmen, wenn wieder ein Haken geschlagen wird. Während ich lediglich durchgeschwitzt war und mich erschöpft fühlte, brach eine schwangere Freundin im Verlauf des Abends bei der Diskussion einiger Szenen, noch mehrmals in Tränen aus. Einhellige Gruppenmeinung: Muss man sehen!

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