Urlaubsmontag, ich laufe in eindeutiger Frühlingssonne durch Klischeeschwabing zur Muckibude und fühle mich so scheißwohl, dass ich jedem Entgegenkommenden ins Gesicht grunzen möchte.
Nach dem Gewichteheben wie seit Wochen geplant zum Café Puck, Riesenhunger im Bauch. Es bleibt mir erspart, nach all der Vorfreude von der Umsetzung meiner Urlaubsträume enttäuscht zu werden, weil ich zum einen Richtung Café einen Zickzackkurs nehme, der mir viele Entdeckungen bietet (Jugendstilhäuser, winzige Läden, Stadtvillen, lustige Hunde, Parks, Konditoreien im Stil vergangener Epochen). Zum anderen kommt dieser Frühlingseinbruch völlig überraschend: Die Vorhersagen hatten Minusgrade bis Ende der Woche prognostiziert.
GRUUUUUNZ!
Im Café Puck lese ich begleitet von Käseomelette, Blaubeerjoghurtdrink und Milchkaffee in Jan Weilers Maria, ihm schmeckt’s nicht, wobei das Leben zur perfekten Inszenierung des Tages eine italienische Konversation an den Nebentisch setzt: ein älterer, hagerer Herr italienischer Natur (für mich der Prototyp eines Italieners, weil meine angeheiratete italienische Familie ausschließlich diesen Männertyp aufweist und weil ich hin und wieder Italiener am Pokertisch sitzen hatte, die alle klein, hager sowie Kettenraucher waren und am liebsten um sehr hohe Einsätze spielten) und eine blonde Münchnerin, deren heftigen deutschen Akzent beim Italienischsprechen sogar ich Italienischignorantin raushöre. (Could this sentence BE any longer?)
Danach Spaziergang und glückliche Vermeidung von Einkäufen (hatte mir an sich den Kauf eines bestimmten Paares Stiefel vorgenommen, aber was kann denn ich dafür, wenn es in meiner Größe nicht vorrätig ist), im sonnendurchfluteten Wohnzimmer das Buch ausgelesen und nachdenklich geworden.
Viele Dinge, mit denen Jan Weiler ob ihrer Absurdität punkten will, rufen bei mir lediglich Achselzucken hervor: Ich habe halt auch italienische Verwandtschaft unweit von Neapel und kenne das alles. Na und? Das Clan-Verhalten (in meinem Fall sogar ein von Lampedusa zugewanderter Clan, was bekanntlich noch schlimmer ist als von Sizilien), das ständige Drängen zu essen (was mir „die“ italienische Gastfreundschaft immer suspekt gemacht hat, denn es geht eindeutig nicht darum, dem Gast etwas Gutes zu tun), die auch durch Satire nicht mehr zu toppende Geschmacklosigkeit von Bekleidung und Einrichtung (wie italienisches Design international zu einem derart guten Ruf gekommen ist, bleibt mir rätselhaft; vermutlich muss man es korrekt als Mailänder Design bezeichnen. Sobald meine italienischen Kusinen ausrufen „Che bello!“ bin ich auf den Anblick einer Monstrosität gefasst.), das Gehacke innerhalb der Verwandtschaft (irgendwann raffe ich mich auf wiederzugeben, wie meine nach Italien ausgewanderte Tante ihre späte zweite Hochzeit im vergangenen Jahr schildert, indem sie einerseits klarzustellen versucht, dass es eine großartige Feier war, andererseits bemüht ist, sich über möglichst viele Beteiligten aufzuregen).
Sehr schön fand ich allerdings Jan Weilers Schilderung von Antonios Gastarbeiterjahren. Ich werde mir ab sofort ausmalen, wie es wäre, wenn mein spanischer Gastarbeitervater meinen Mann beiseite zöge und ihm von seinen ersten Jahren in Deutschland erzählte. Mir gegenüber hat er immer höchstens Bruchstücke rausgelassen; vielleicht fördert das Rentenalter ja seine Erzähllust.
Am Sendlinger Tor (und in der Sonnenstraße) gibt es noch handgemalte Kinoplakate.