Archiv für März 2006

On beauty

Freitag, 24. März 2006

Just because you are blind, and unable to see my beauty doesn’t mean it does not exist.

Das Blog von Margaret Cho (amerikanische Komikerin / Künstlerin / Bürgerrechtsaktivistin) ist sowieso lesenswert. Ihr wütender Text “Beautiful” geht mir gar nicht mehr aus dem Kopf.

My father told me that I was not a pretty girl and that I would need to develop a good personality in order to have people like me.

I am so beautiful, sometimes people weep when they see me. And it has nothing to do with what I look like really, it is just that I gave myself the power to say that I am beautiful, and if I could do that, maybe there is hope for them too.

Da will ich auch hin, bitte.

Blick zurück zurechtgerückt

Donnerstag, 23. März 2006

Den heutigen Urlaubstag habe ich dazu genutzt, mir nach vielen, vielen Jahren mal wieder meine Geburts- und Großwerdstadt anzuschauen (sonst fahre ich immer nur gezielt zu meinem Elternhaus am Stadtrand). Das Provinznest ist noch kleiner, geduckter und enger als ich es eh schon in Erinnerung hatte. Überrascht hat mich jedoch, in welch schlechtem Zustand viele Häuser der ohnehin übersichtlichen Altstadt sind: Viele Bauten verfallen einfach, zahlreiche haben nach ihrer Grundsanierung Anfang der 80er dringend eine Auffrischung nötig. Dabei wird gleichzeitig an vielen Stellen abgerissen, gebaut, aufgerissen und gebaggert – in einigen Ecken fand ich mich überhaupt nicht mehr zurecht. Ich habe vorsichtshalber eine Menge Fotos von Gebäuden und Ansichten gemacht, die für meine ersten 20 Lebensjahre Bedeutung hatten, auch wenn sie heute ganz anders aussehen.
Wir sehen uns in zehn Jahren wieder.

Mit der ersten Aufnahme erjagte ich gleich ein wunderbares Deppenleerzeichen.

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Zeige mir deinen renommiertesten Fotoladen, und ich sage dir, welche Bewohner die Stadt hat.

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Ein Moment echter Rührung: Diesen Hutladen gibt’s noch! Da drin hat mir ein Freund zum Geburtstag meinen ersten Hut gekauft, einen schwarzen Gangsterhut.

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Ausgehtipp für morgen: Bloglesung Nr. 2

Donnerstag, 23. März 2006

Diesmal mit Musik: Die zweite Münchner Bloglesung am morgigen Freitag, 21 Uhr, im Twisted Bavarian, Tengstraße 20. Zum einen gibt es passende Musik zu unseren Texten (ich werde etwas Unveröffentlichtes übers Dicksein vorlesen und einen Querschnitt meiner Reihe “Auf meinem Weg in die Arbeit”), zum anderen werden drei Blogger ein Ständlein singen und musizieren, zum noch ganz anderen wird im Anschluss an die Lesung DJane Steffi aufspielen.
Das Lokal atmet Schwabinger Nachkriegs-Künstlergeschichte; ich würde mich freuen, wenn morgen viele zurückschnauften.

Tagebuch: Tag der langen Sätze

Montag, 20. März 2006

Urlaubsmontag, ich laufe in eindeutiger Frühlingssonne durch Klischeeschwabing zur Muckibude und fühle mich so scheißwohl, dass ich jedem Entgegenkommenden ins Gesicht grunzen möchte.
Nach dem Gewichteheben wie seit Wochen geplant zum Café Puck, Riesenhunger im Bauch. Es bleibt mir erspart, nach all der Vorfreude von der Umsetzung meiner Urlaubsträume enttäuscht zu werden, weil ich zum einen Richtung Café einen Zickzackkurs nehme, der mir viele Entdeckungen bietet (Jugendstilhäuser, winzige Läden, Stadtvillen, lustige Hunde, Parks, Konditoreien im Stil vergangener Epochen). Zum anderen kommt dieser Frühlingseinbruch völlig überraschend: Die Vorhersagen hatten Minusgrade bis Ende der Woche prognostiziert.
GRUUUUUNZ!

Im Café Puck lese ich begleitet von Käseomelette, Blaubeerjoghurtdrink und Milchkaffee in Jan Weilers Maria, ihm schmeckt’s nicht, wobei das Leben zur perfekten Inszenierung des Tages eine italienische Konversation an den Nebentisch setzt: ein älterer, hagerer Herr italienischer Natur (für mich der Prototyp eines Italieners, weil meine angeheiratete italienische Familie ausschließlich diesen Männertyp aufweist und weil ich hin und wieder Italiener am Pokertisch sitzen hatte, die alle klein, hager sowie Kettenraucher waren und am liebsten um sehr hohe Einsätze spielten) und eine blonde Münchnerin, deren heftigen deutschen Akzent beim Italienischsprechen sogar ich Italienischignorantin raushöre. (Could this sentence BE any longer?)

Danach Spaziergang und glückliche Vermeidung von Einkäufen (hatte mir an sich den Kauf eines bestimmten Paares Stiefel vorgenommen, aber was kann denn ich dafür, wenn es in meiner Größe nicht vorrätig ist), im sonnendurchfluteten Wohnzimmer das Buch ausgelesen und nachdenklich geworden.

Viele Dinge, mit denen Jan Weiler ob ihrer Absurdität punkten will, rufen bei mir lediglich Achselzucken hervor: Ich habe halt auch italienische Verwandtschaft unweit von Neapel und kenne das alles. Na und? Das Clan-Verhalten (in meinem Fall sogar ein von Lampedusa zugewanderter Clan, was bekanntlich noch schlimmer ist als von Sizilien), das ständige Drängen zu essen (was mir „die“ italienische Gastfreundschaft immer suspekt gemacht hat, denn es geht eindeutig nicht darum, dem Gast etwas Gutes zu tun), die auch durch Satire nicht mehr zu toppende Geschmacklosigkeit von Bekleidung und Einrichtung (wie italienisches Design international zu einem derart guten Ruf gekommen ist, bleibt mir rätselhaft; vermutlich muss man es korrekt als Mailänder Design bezeichnen. Sobald meine italienischen Kusinen ausrufen „Che bello!“ bin ich auf den Anblick einer Monstrosität gefasst.), das Gehacke innerhalb der Verwandtschaft (irgendwann raffe ich mich auf wiederzugeben, wie meine nach Italien ausgewanderte Tante ihre späte zweite Hochzeit im vergangenen Jahr schildert, indem sie einerseits klarzustellen versucht, dass es eine großartige Feier war, andererseits bemüht ist, sich über möglichst viele Beteiligten aufzuregen).
Sehr schön fand ich allerdings Jan Weilers Schilderung von Antonios Gastarbeiterjahren. Ich werde mir ab sofort ausmalen, wie es wäre, wenn mein spanischer Gastarbeitervater meinen Mann beiseite zöge und ihm von seinen ersten Jahren in Deutschland erzählte. Mir gegenüber hat er immer höchstens Bruchstücke rausgelassen; vielleicht fördert das Rentenalter ja seine Erzähllust.

Am Sendlinger Tor (und in der Sonnenstraße) gibt es noch handgemalte Kinoplakate.

Ha. Ha. Ha.

Montag, 20. März 2006

Noch beim Lesen des tatsächlich grandiosen Interviews mit Rudi Carell im freitäglichen SZ-Magazin fiel mir ein, warum ich die Shows der Generation Frankenfeld/Carell schon als Kind doof fand (und damals durfte ich so wenig fernsehen, dass ich bereit war, sogar die Sportschau sehenswert zu finden): das Aufgesetzte der auswendig gelernten „spontanen“ Dialoge.

Die als „Sketche“ deklarierten Szenen fand ich im Gegensatz dazu mehr oder weniger lustig, aber nicht peinlich. Doch fast jedesmal, wenn ein neuer Prominenter auf die Fernsehbühne zu Carell kam, führten Sie einen Dialog, der selbst für ein Kind ganz offensichtlich vorher geübt worden war – und taten so, als wären ihnen die Scherze eben erst eingefallen. Das war mir peinlich. Dass man das solche Auftritte gut schauspielern und timen kann (Timing war etwas, was gerade Herr Carell nicht hatte), dass das vorherige Üben nichts ausmacht, stellte ich erst als Erwachsene beim Gucken amerikanischer Shows fest (vielleicht erinnert sich jemand an die Oscar-Präsentation von Lily Tomlin und Meryl Streep vor zwei Wochen?). Und es war genau die Abwesenheit dieser auswendig gelernten Dialoge, die mich in den 80ern für Joachim Fuchsbergers Heut’ abend begeisterte, weil der oft schlagfertige Austausch dort so anders war.

Ganz wunderbar subtil veralbert hat die Carell-Art deutscher Nachkriegs-Shows – wobei die Nachkriegszeit in so manchen Volksmusik-Sendungen bis heute lebendig gehalten wird – Vico von Bülow („Ein Klavier, ein Klavier!“), unter anderem mit Der 60. Geburtstag. Es ist ja nicht so, als hätte die deutsche Fernsehkultur nicht auch Qualität und Profis zu bieten.

Italienischer Besuch im Münchner Bahnhof

Samstag, 18. März 2006

Gestern in der Reizbar, nächsten Freitag im Twisted Bavarian

Freitag, 17. März 2006

Es war sehr schön gestern. Alle Sitzplätze der Reizbar waren genutzt (sehr angenehmes Publikum), und niemand musste stehen oder sich drängeln. Das Zuhören hat mir viel Freude bereitet: Frau Klugscheißers Lebenslauf anhand von Aversionsentwicklung, Don Alphonsos jugendlicher Gesichtsverlust durch die Geschmacksentgleisung seiner Schwester (gut für das Mädel, dass der Ehrenmord damals in Deutschland noch nicht erfunden war), Jürgen Albertsens doppelbödig menschelnde Erzählungen, und an Lyssas Shropshireschafe kann ich mich eh nicht satt hören. Auch das Vorlesen freute mich: Das Publikum lachte! An sich spiele ich mit dem Gedanken, nächsten Freitag im Twisted Bavarian komplett unlustige Texte vorzulesen, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich es aushalte, kein Gelächter zu bekommen.

Das mit dem Urlaub habe ich seit gestern hingekriegt, an ausgiebigem Schlaf muss ich noch sehr arbeiten. Aber ich habe gerade so wunderbaren Besuch, da ist alle mit Schlaf verbrachte Zeit Vergeudung.