Auf meinem Weg in die Arbeit (35): Bahnsprech revisited
Dienstag, 11. April 2006 um 9:12Kann ja mal passieren, im tiefen Winter, dass die Bahn Schluckauf hat. Schön ist, dass Frau Bahn vor ein paar Jahren eingesehen hat, wie viel beruhigender es sich auf die Gemüter ihrer Kunden auswirkt, wenn sie über die Ursache der Störung informiert werden. Hinderlich ist dabei allerdings, wenn diese Information in Hardcore-Bahnsprech vermittelt wird.
Heute in der berühmten Herrgottsfrüh lief der leere ICE, der mich gen Norden bringen sollte, verspätet in den Münchener Bahnhof ein (dieses Einlaufen eines leeren Zuges nennt die Bahn „Bereitstellung“, so viel wusste ich). Unterwegs unterrichtete mich der Zugchef mit putzigem ungarischen Akzent, über die Ursache der Verzögerung:
„Verspätete Bereitstellung einer Ersatzgarnitur.“
Sakratie! Meine blühende, aber komplett alberne Fantasie wusste gar nicht, wo sie mit der visuellen Umsetzung dieser Erklärung anfangen sollte! Bei einer Parallele zur Biergartengarnitur, die aus einem langen Klapptisch und zwei Klappbänken besteht? Das könnte bedeuten, dass böse Buben die Klappsitze des Gepäckhalbwagens herausgerissen hatten und unter extremem Zeitdruck neue eingebaut werden mussten.
Oder dann doch eine Erklärung aus der kulinarischen Ecke? War am Ende dem Speisewagen die Kräuselpetersilie zur Dekoration des Kartoffelsalats ausgegangen? Beim Anblick der tief verschneiten Landschaft wundert es mich kein Stück, dass es schwierig sein kann, dafür Ersatzgarnitur aufzutreiben.
Oder nennt die Bahn alles am Zug, was nicht Lokomotive („Triebwagen“) ist, „Garnitur“? Aus Ingenieurszynismus?
(Nur zur Erinnerung: Wir schreiben den 11. April 2006.)
die Kaltmamsell6 Kommentare zu „Auf meinem Weg in die Arbeit (35): Bahnsprech revisited“
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11. April 2006 um 9:30
Ich hab hier ein (Kalender-)Foto auf dem Schreibtisch vom 10.04.2005. Da ist deutlich mehr Schnee drauf zu sehen, das ist also gar nicht soooo ungewöhnlich.
OK, das Foto ist aus dem Allgäu, das mag für die mehreren Zentimeter sprechen, aber *Schnee* hatte es letztes Jahr um die Zeit auch …
11. April 2006 um 10:03
In jeder Branche und in jedem Beruf läuft man als dort Arbeitende(r) Gefahr, Insider-Terminologie und Fachbegriffe irgendwann auch in Kontexten zu verwenden, wo man vielleicht eher zu allgemeinverständlichen Hilfs-Worten greifen müßte. Aber sowas sagt sich in der Rückschau immer leicht, in der Hitze des Gefechts (bzw. der Kälte des ausklingenenden Winters) rutscht jedem/jeder mal ein zur Selbstverständlichkeit gewordenes Fachwort aus dem Mund… Das soll nix entschuldigen, aber a bisserl erklären…
Vielleicht noch ein paar Sätze zur Aufklärung: Rein technisch werden Reisezüge »bereitgestellt«, wenn sie vorher abgestellt waren, also nicht bereits mit Reisenden besetzt von woanders her ankommen. Eine »Garnitur« ist ein Verbund aus Reisezugwagen, die man mit einem »Triebfahrzeug« (vulgo »Lok(omotive)«) zu einem »Zug« komplettiert (müßte bei andersrummer Fahrtrichtung streng genommen und netterweise »Schub« heißen, tut es aber nicht). Aus wirtschaftlichen Gründen sterben »lokbespannte« Züge freilich langsam aus, denn »Triebzüge« (bei denen nicht nur das den Rest ziehend Fahrzeuge, sondern alle Einheiten angetrieben sind) sind flexibler, sparsamer, oberbauschonender, mehr Reisende fassend und anderes mehr. Eine Lokomotive ist übrigens mitnichten ein »Triebwagen«, denn ein solcher würde Reisende aufnehmen können. Ein alter Schienenbus hningegen wäre ein solcher…
Zu Kommunikations- und Kundendienst-Aspekten
11. April 2006 um 11:21
Zum ersten Absatz von “zonebattler” sei noch hinzugefügt, dass jahrelang verwendete Begriffe eben mitunter nicht mehr als “Fachbegriff” erkannt, sondern als (bei Fahrgästen) bekannt vorausgesetzt werden. “(Zug-)garnitur” fällt hier sicherlich darunter.
11. April 2006 um 14:03
nur zur Erinnerung: und Sie haben sich noch vor ein paar Tagen Sorgen um Ihre Frisur gemacht? Liebe Kaltmamsell: Mützenwetter.
11. April 2006 um 16:27
Ich glaube es ist eine Zuggarnitur :)
Schön, mal wieder winterliches München zu sehen. Das ist so, wie ich München kenne. Der Winter 2004/2005 war ja auch sehr winterlich!
11. April 2006 um 16:40
passt ja auch irgendwie zu deinem namen…
aber dieser wintereinbruch – ich hörte davon in den nachrichten, hier ist es eher sonnig – hat mich selbst überrascht. vor allem diese strikte aufteilung: süden schnee, norden sonne.