Ein wenig Schwärmen
Freitag, 21. April 2006 um 11:11Wenn frisch Verliebte schon nerven, die von der / dem Angebetenen schwärmen – wie schlimm sind dann lang Verheiratete bei ähnlicher Tätigkeit? Vermutlich am Rand der Ekligkeit. Zarte Gemüter sollten also besser hier aufhören zu lesen.
Als ich gestern spät abends aus der Arbeit kam, war die Wohnung leer. Darauf war ich vorbereitet, der Mitbewohner hatte von einer Verabredung erzählt. Aber:
– In der Küche stand auf der Arbeitsfläche die frisch gefüllt Käsedose (bei Zimmertemperatur, damit der Käse nicht zu kalt ist), auf ihr ein Zettel mit liebem Gruß.
– Daneben eine Schale Ruccola und dunkelrote Winzigtomaten – falls ich mir einen Salat machen möchte.
– Sternförmig um das Ganze herumdrapiert sieben verschiedene Schokoladentafeln mit Kakaogehalt über 70 Prozent, von denen ich nur zwei Sorten kannte.
– Blumen überall: im Wohnzimmer eine Art explodierter Tulpen, im Bad ganz viele gelbe Tulpen und in meinem Schlafzimmer Narzissen.
Kein Stress und Ärger des Tages können verhindern, dass mich ein solcher Empfang glücklich macht und ich erst mal ganz heftig und ganz lange lächeln muss. (Wobei die wirkliche Überraschung die Blumen waren: Liebevoll drapiertes Essen oder eine frische warme Mahlzeit bekomme ich beim Heimkommen immer wieder.)
Oder als ich mal heimkam und Filmmusik im Wohnzimmer ertönte (Chocolat nämlich). Ich wunderte mich, denn der Mitbewohner macht sich rein gar nichts aus Filmmusik, und guckte fragend: „Ich hab dir schon mal deine Musik angemacht“, erklärte er.
Ein anderes Mal wartete die liebe Geste abends bereits vor der Wohnungstür: Am Türknauf hing eine Karte im Format der „Do not disturb“-Anhänger von Hotelzimmern, die sich als schön gestaltete Speisekarte herausstellte. Darauf waren mehr als zehn Gerichte aufgelistet, die sich aus den vorhandenen, meist frisch besorgten Zutaten im Hause herstellen ließen, daneben Ankreuzelkästchen. Sortiert waren die Speisen in „Sofort“ und „Dauert ein bisschen“.
Das sind nur die Dinge, die mir sofort und ohne Nachdenken einfallen. Und wissen Sie was? Bei all diesem bin ich nicht austauschbar. Es geht nur um mich ganz konkret. Ich weiß, dass dieser ganz konkrete Mann anderen Menschen gegenüber nicht so aufmerksam ist. Er strengt sich extra an, nur wegen mir, immer wieder aufs Neue. Wie soll ich da nicht schwärmen?
die Kaltmamsell20 Kommentare zu „Ein wenig Schwärmen“
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21. April 2006 um 11:26
Schön! Ich kenne diese kleine große Freude auch und bin schon beim Lesen ganz gerührt.
21. April 2006 um 12:12
Hm, ich glaube dieses Posting sollte man man ein paar Männern zum Lesen geben, so als Anregung… Sehr schön!
21. April 2006 um 12:14
Was für ein besonderer Mann ,
und was für eine beonderere Frau :-))
21. April 2006 um 12:47
Ja, das sind sie, die ganz besonderen Männer. Ich erinnere mich gerne an Päckchen, deren Inhalt ich ganz beiläufig Tage zuvor erwähnte oder selbstgebastelte Geschenke. Manchmal reicht auch nur ein Wort, das aus keinem anderen Mund eine ähnliche Reaktion bei mir hervorrufen würde *schmacht*
21. April 2006 um 12:47
Wenn Menschen solch schönen Schwärmereien als eklig empfinden, dann haben sie entweder nicht die Fähigkeit sich mit dem/der Schwärmenden zu freuen, sind schlichtweg neidisch oder gefühlskalt.
Ich finde es einfach toll, einen Partner zu haben, der einen zum Lächeln bringen kann und den man (nicht nur aufgrund dieser Aufmerksamkeiten) voll und ganz lieben kann.
21. April 2006 um 13:17
Wie gut ich Schwärmerei ertrage, ist eine Frage des Marktanteils. Der Markt ist gesättigt mit Schwärmereien von frisch Verliebten, bei lang Verheirateten würde ich eher von Marktlücke sprechen. Also überhaupt nicht eklig. Die Abwesenheit von Koketterie und Beiläufigkeit machen den Beitrag besonders schön.
21. April 2006 um 13:45
müssen es immer “lang Verheiratete” sein? Langzeitbeziehungen ohne Trauschein tun es ja auch …
21. April 2006 um 14:10
No na, Verheiratetsein ist für mich keine Frage des Trauscheins.
21. April 2006 um 16:55
Lehrer.
Bei meinem 10-12-Stundentag würde ich Probleme haben, eine Speisekarte zu gestalten. Ausser ich gebe die Arbeit an meine Mitarbeiter ab, genauso wie das Einkaufen. Nur das ist ja auch nicht Sinn der Sache, oder.
21. April 2006 um 17:13
@tim:
Neidhammel. Es muss ja nicht genau das sein. Der Gedanke ist, was uns so rührt.
Frau Kaltmamsell, da haben sie aber wirklich einen guten Griff getan. Ich bin ganz gerührt.
21. April 2006 um 22:07
Da wird mir ja ganz unzynisch warm ums Herz beim Lesen. Ja ist es möglich, daß nicht alle Frauen Opferklagen anstimmen, und daß also doch nicht alle Männer gefühlsarme Rohlinge sind? Ein Hoch auf die Langzeit-Liebe! Mut dazu!
Äh, und die Namen von den Schokoladensorten… die hätte ich auch gern… nur so aus theoretischem Interesse.
21. April 2006 um 23:39
Zeitmangel ist keine Entschuldigung, Her Tim, für nix, für garnix ;-)
22. April 2006 um 11:01
Bisschen enttäuscht bin ich von Ihrer Unaustauschbarkeit. Ich wollte mich schon mal zum Wellnessabend anmelden… ;-)
22. April 2006 um 12:00
“Verheiratetsein ist für mich keine Frage des Trauscheins …” Der Meinung bin ich nämlich auch ;o)
22. April 2006 um 15:28
Das ist eine Quelle der Lebensfreude für beide. Herzliche Gratulation, Ihr Lebenskünstler!
22. April 2006 um 18:22
*seufz*
Sehr schön.
Schön für Sie, aber auch schön für IHN, wenn er Sie damit so glücklich machen kann. Das ist beides nicht selbstverständlich.
23. April 2006 um 8:22
*hach!* ich gönn’s dir von ganzem herzen!
23. April 2006 um 17:42
Selbst mein so kaltes, unromantisches Zynikerherz ist gerührt…. Wie wunder-, wunderschön, wenn man merkt, wie wichtig man jemandem ist… *seufz*
23. April 2006 um 21:10
Und schon sitze ich mit dämlich-gerührtem Lächeln vor dem Rechner. Man dankt.
26. April 2006 um 12:37
Das ist wunderschön und überhaupt nicht kitschig ! Feste genießen !!!