Aspik! Ich kann Frau Modeste beruhigen, die die alte und hohe Kunst des Aspikierens verloren glaubt: In Polen ist diese Tradition quietschlebendig. Vorspeisen sind ohne Aspikmantel oder -deckel praktisch undenkbar. Tuermchen, in denen sich Schinkenstreifen und Erbsen tummeln, in einer Momentaufnahme ihres Tanzes festgehalten. Oder Pastetenscheiben, die nach Sushi-Art Sellerie, Champignons, Schinken, Ommelette umschliessen, jede Scheibe in Aspik gekleidet. Mit einem Tuepfchen Majonese serviert.
(Beim Abendessen in Thorun erzaehlte ich dem Reiseleiter an unserem Tisch, dass die Stadt bekanntlich nicht nur die besten Restaurateure der Welt ausbilde, sondern auch die letzte Aspikierschule beherberge. Dort wuerden Aspikierer ausgebildet, um die sich Restaurantkuechen auf der ganzen Welt rissen: Es habe sogar schon gewaltsame Entfuehrungen gegeben. An dieser Meisterschule, so fuhr ich fort, unterrichteten zwei uebel verfeindete Meister zwei grundsaetzlich unterschiedliche Verfahren. Ein Kenner, so betonte ich, wisse schon nach dem ersten Bissen, welcher dieser beiden Schulen der verantwortliche Aspikierer angehoere.
Der Hamburger hoerte mir mit dem ernst-aufmerksamen Gesicht zu, das Reiseleiter machen muessen, wenn ihre Schuetzlinge versuchen, sie zu belehren, haette mir aber fast geglaubt – wenn meine Reisebegleiterin, die mich halt schon laenger kennt, nicht unpassenderweise in schallendes Gelaechter ausgebrochen waere. Jetzt glaubt mir der Reiseleiter nicht mal mehr, wenn ich ihn auf einen Storch in der Landschaft hinweise.)
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