Das Geheimnis einer guten Ehe
Samstag, 6. Mai 2006 um 14:38Eine Naturspießerin packt aus
Heute vor zehn Jahren war ich mit dem Mitbewohner auf dem Standesamt (wie das war, steht hier). Und obwohl dieser Verwaltungsakt bei Weitem nicht das Einschneidendste in unserer Beziehung war (der Mitbewohner meint mittlerweile sogar, für mich sei die Verheiratung in erster Linie eine Racheakt an der Institution Ehe gewesen), finde ich dieses Zehnjährige bemerkenswert.
Nun werden meine lieben Leserinnen und Leser sagen: „Oh Kaltmamsell, dann bist du ja nicht nur Expertin im Leben, dem Universum und dem ganzen Rest, und weißt dazu alles besser, als wir auch nur ahnen könnten! Sondern du bist auch die ultimative Instanz in Ehefragen! Bitte, liebe Kaltmamsell“, so werden sie sagen, meine lieben Leserinnen und Leser, „bitte lehre uns, was die Geheimnisse einer guten Ehe sind!“ Nach sekundenkurzem Zögern lasse ich mich breitschlagen. Dass meine Lehre den meisten Frauenzeitschrifttipps und rosaroten Lebenshilfebüchern widerspricht, ist mir klar. Unerlässlich für eine gute Ehe sind (in absteigender Reihenfolge):
1. Treffende Partnerwahl
Wählen Sie einen Menschen, mit dem Sie sich verstehen. Von dem Sie sich verstanden fühlen, den Sie auch dann verstehen, wenn er gegenteiliger Meinung ist. Das bedeutet nicht, dass dieser Mensch keine Überraschungen bietet – er muss Ihnen seine / ihre überraschenden Seiten lediglich verständlich machen können. Das geht idealerweise einher mit einem ähnlichen Wertesystem und kompatiblen Zukunftserwartungen.
Die innere Klage „Er versteht mich nicht“ wird übrigens keineswegs durch den Seufzer „Er ist halt ein Mann“ aufgehoben: Vergessen Sie in diesem Fall das Ganze lieber.
2. Respekt
Ich fürchte, das kann man sich nicht anerziehen: Der gegenseitige Respekt ist da oder er ist nicht da. Eigenheiten und Bedürfnisse des anderen respektieren, ihn für einige davon vielleicht sogar bewundern. Wenn dieser Respekt fehlt, einer den anderen gar verachtet, wird daraus vielleicht Stoff für Filme, aber keine gute Ehe.
3. Höflichkeit
Folgt direkt aus 2. und trägt massiv zum angenehmen Zusammenleben bei. Grüßen, „bitte“ und „danke“ sagen – auch dafür, dass er Sie zum 76. Mal zum Flughafen gefahren hat oder nach Ihrer Rückkehr von der Geschäftsreise trotz eigener Verpflichtungen für einen vollen Kühlschrank gesorgt hat.
4. Eigenständigkeit
Wenn jeder ein eigenes Stück Leben hat, kann er das Leben des anderen damit bereichern. Zudem braucht selbst der zweisamkeitssüchtigste Mensch irgendwann einen Moment für sich. Wenn das aber nach fünf Jahren zum ersten Mal passiert, wirkt es wie Zurückweisung und Kränkung. „Ich kann sehr wohl ohne dich leben – allerdings sehr ungern“, ist schon wieder kein Material für Hollywood-Märchen, aber die Basis für eine gute Ehe.
5. Liebe
Gerne in Verbindung mit Verliebtheit und Leidenschaft, aber ohne das eine mit dem anderen zu verwechseln. Die Belastbarkeit der Liebe, die eine gute Ehe ermöglicht, misst sich nicht an der Intensität eines momentanen Gefühls. Weil manche Menschen aber genau diesem Irrtum erliegen, sehen sie den Schmerz des Verletzt- und Zurückgewiesenwerdens oder die Qualen der Eifersucht als Beweis für die Tiefe ihrer Liebe. Der Kick des Liebesschmerzes kann süchtig machen; nur so erkläre ich mir die zahllosen Partnerschaften, in denen die Beteiligten sich mit wenigen Unterbrechungen verletzen und einander das Leben zur Hölle machen – nur um zu betonen: „Aber ich liebe ihn doch!“ Aber solche Beziehungen würde vermutlich niemand als gute Ehe bezeichnen.
Die Liebe, die ich meine, enthält das Bedürfnis, dem anderen Gutes zu tun und ihm gut zu sein.
Sie finden, das liest sich alles schrecklich langweilig? Dann entscheiden Sie sich halt statt für eine gute Ehe für stürmische Affären und heiße Liebschaften. Das geht ja auch.
die Kaltmamsell12 Kommentare zu „Das Geheimnis einer guten Ehe“
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6. Mai 2006 um 14:53
……aber kommen Sie dann nicht jammern ,dass die nicht gewarnt worden wären, von Frau Kaltmamsell nämlich.Jawollll!
( schön geschrieben und so wahr, das Ganze!)
6. Mai 2006 um 15:22
Hallo Heiratsschwester! Ja, bei mir wars heute vor 18 Jahren!
Was ich noch wichtig finde:
Rhytmus im Alltag – Leute, die keinen gemeinsamen Rhythmus finden, oder aber die unterschiedlichen Rythmen nicht akzeptieren, bleiben häufig auch nicht lange zusammen.
Und gemeinsamer Humor.
6. Mai 2006 um 15:46
Leider habe ich diese Sicht der Dinge nicht mit dem ersten Versuch gewinnen können. Umso mehr kann ich sie jetzt unterschreiben.
6. Mai 2006 um 17:54
Viel Wahres dran und war auch mal wieder ganz gut zum “Auffrischen”, danke schön ;-)
6. Mai 2006 um 20:20
10 Jahre!
Plus ich unterschreibe die Rhytmus Ergänzung ausdrücklich.
7. Mai 2006 um 15:15
kann ich nur zustimmen. bei mir werdens dieses jahr 15 – ich glaub, das ist porzellan-hochzeit.
7. Mai 2006 um 15:20
Da sind wir ja mit unseren 16einhalb Jahren wahre Veteranen. Ich gratuliere schoen und unterstreiche den Humor. Nichts ist besser als ein Partner, ueber dessen Humor man von Herzen lachen kann. Und wenn man der/die Einzige ist!
Was ist allerdings der Haken auch der kluegsten Ratschlaege? Wer sie brauchte, der hoert nicht drauf. Ich hoffe, das ist mit Kaltmamsells Ehe 1×1 anders…
8. Mai 2006 um 20:52
Ich kann alles unterschreiben, insbesondere Lilas Anmerkung über den Humor des anderen, über den man von Herzen lachen kann. Hinzufügen möchte ich ein schönes, irgendwann irgendwo aufgeschnapptes Wort: Liebe ist die Bereitschaft, miteinander alt zu werden.
9. Mai 2006 um 22:00
Ich glaub’ , da ist was dran, Frau Kaltmamsell!
Das sage ich, als Partnerschaftsneuling und Fernbezieherin.
Nur der erste Punkt scheint mir auch der springende zu sein: Obs denn die richtige Wahl war, merkt man erst nur dann, wenn sie’s eben nicht wahr… oder?
10. August 2006 um 15:35
6.
man muss dasselbe wollen.
ich meine, in der essenz. nicht in den unwichtigen dingen.
in die selbe richtung wollen.
unter einer beziehung/ehe dasselbe verstehen.
15. August 2006 um 22:36
Ich stimme zu. Als Mann für Männer füge ich hinzu, was sich bewährt hat, um sanfte, freundliche und saftige Liebe hervorzurufen:
1. Alles laut gut finden, was du an ihr gut findest, und das andere unkommentiert lassen.
2. Unbedingt Einspruch erheben, wenn sie dich vor die Tür setzen will, und den Satz lernen: “Ich wohne hier.”
3. So oft wie möglich die Frage stellen: “Und was wünschst du dir?”
Noch ein paar mehr habe ich hier aufgeschrieben: http://www.gutleben.das-partnerwerk.de/die-geheimnisse-gluecklich-verheirateter-maenner.html
23. Oktober 2009 um 12:11
Werte Frau Kaltmamsell,
obwohl ich in Punkto “Institution Ehe” eine diametral andere Aufassung vertrete als Sie, muss ich dennoch mein größtes Lob für Ihre Aufstellung aussprechen. Ihr ist absolut nichts hinzuzufügen