Leere Ränge beim Eröffnungsspiel

Samstag, 10. Juni 2006 um 8:22

Als ich gestern Abend den Münchener Hauptbahnhof auf südlicher Seite verließ, ärgerte ich mich schon sehr, dass ich meinen Fotoapparat in einer anderen Tasche vergessen hatte: Die türkisch/italienisch/libanesischen Straßencafés hatten Fernseher zwischen die Tische gestellt, jeder Stuhl war besetzt, in der schrägen Abendsonne saßen Menschen jeden Formats, vieler Farben und schauten Fußball. Es war laut, es war fröhlich, es war anders – wunderschön. Genau deswegen kann ich nicht einfach so gegen die WM nölen. Ich habe sieben Jahre in der Einmarschschneise des Oktoberfestes überlebt und kann deshalb kompetend vergleichen:Oktoberfest ist das blanke Grauen, dieses Fußballfest könnte ein Spaß sein.

Daheim schaltete ich auch gleich den Fernseher ein, in erster Linie, um meine Erwartung bestätigt zu sehen: Viele, teilweise ganze Blöcke leere Plätze in der Münchener Arena. Ich arbeite ja in einem deutschen Großunternehmen, und unsere Kunden sitzen zu 75 Prozent im Ausland – die wichtigsten gehen natürlich davon aus, dass wir sie zur WM einladen. So beobachtete ich in den vergangenen Wochen meine Kollegin bei der Organisation solcher Einladungen und bekam dadurch das undurchschaubare und mordsaufwändige Ticketsystem mit. Preise (beim vorgestrigen Versuch, noch schnell zusätzliche Tickets zu bekommen, lag das niedrigste Angebot bei 2000 Euro) und Komplexheit der Eintrittsmodalitäten (u.a. muss jeder Besucher eines Spiels bis spätestens 72 Stunden vor Spielbeginn ein Formular mit allen persönlichen Angaben inklusive Passnummer einreichen) legen den Verdacht nahe, dass die Organisatoren in Kauf nehmen, auf einem großen Anteil der Tickets sitzen zu bleiben, weil sie wohl dennoch auf ihre Kosten kommen.

die Kaltmamsell

4 Kommentare zu „Leere Ränge beim Eröffnungsspiel“

  1. Helga B. meint:

    Es gibt da noch ein anderes Problem: Viele Konzerne bleiben auf Grund der Eintrittsmodalitäten inzwischen auf ihren Tickets sitzen. Und so bleiben die Ränge leer, während tausende so gern ein Ticket gehabt hätten. Aber die Geschäftspolitik der Fifa ist das eine, die Stimmung in München das andere – ich finde es auch sehr schön grad.

  2. L9 meint:

    Mitarbeitern deutscher Firmen ist es ja aufgrund potentieller Übervorteilung/ Korruption verboten, WM-Tickets anzunehmen. Wir in unserer Abteilung haben schon einige mit Bedauern abgelehnt. Aber beim Nachbargriechen ists sehr lustig das WM Geschaue.

  3. Docfaustus meint:

    Aehm diese “leeren” ränge waren Logen und die sehen durch Fernsehkameras auch “vollbesetzt” leer aus …

  4. die Kaltmamsell meint:

    Aehm, die vierte bis zehnte Sitzreihe von Spielfeld aus heißt “Loge”? Und die Zuschauer in den Hartplastiksitzen werden durchsichtig, sobald sich eine Kamera auf sie richtet?

    Lisa, ähnlich Probleme gibt es für die firmeninternen Begleitpersonen der VIP-Gäste: Die Tickets für diese schrammen immer haarscharf am “geldwerten Vorteil” vorbei.

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