Jetzt, wo in Bayern (und Baden-Württemberg und Berlin) die großen Ferien losgehen, haben Sie bei Reisen auf dem Landweg die Wahl zwischen Teufel und Belzebub: Entweder Sie stellen sich mit dem Auto in einen Stau, oder Sie stellen sich mit dem Zug auf ein Gleis / ohne Zug auf einen Bahnsteig. Denn auch die Bahn leidet unter der Hitze: Weichenanlagen und Triebwagen mögen oft nicht so recht, dazu kommen Böschungsbrände, die ganze Streckenabschnitte lahmlegen.
Für das Wohlgefühl mitten in 120 Kilometer Stau vorm Brenner ist der ADAC zuständig. Nachdem die Bahn in keiner ihrer Publikationen auch nur Schwierigkeiten zugibt, geschweige denn Ratschläge anbietet, springe ich mit ein paar Tipps fürs Bahnfahren bei hitzebedingten Unwägbarkeiten ein.
1. Stecken Sie immer ausreichend Lesetoff ein. Das heißt: Nicht nur die Tageszeitung, auch nicht nur das eine Buch, das Sie gerade lesen. Planen Sie ein Druckerzeugnis zur Reserve ein, das Sie für mindestens 90 Minuten unterhält.
2. Packen Sie eine Flasche Wasser ein, auch für kurze Fahrten. Vielleicht auch gleich zwei, wenn Sie als Wasserspenderin lebenslange Dankverpflichtungen auslösen möchten.
3. Nehmen Sie auf Fahrten mit der Regionalbahn einen kleinen Fotoapparat mit. Vielleicht bleibt Ihr Zug im Abendlicht „wegen eines Feuerwehrgroßeinsatzes für unbestimmte Zeit“ in einer besonders pittoresken Gegend stehen. Dann können Sie aus dem geöffneten Fenster fotografieren. Oder das Fenster selbst.
4. Wenn Sie gerne Musik, Hörspiele oder Hörbücher hören, nehmen Sie ein handliches Wiedergabegerät mit Kopfhörern mit. Nicht nur können Sie eventuelle zusätzliche Fahr- und Stehzeiten erbaulich nutzen; die Ohrstöpsel schützen Sie auch davor, die Echauffage einiger Paris-Hilton-Prolls wahrzunehmen.
– Zum Zugführer: „Wir haben seit ZWEI STUNDEN nichts mehr getrunken! Sie könnten wenigstens jemanden mit Wasser kommen lassen. Das THW oder so.“
– Ins Handy (1): „Ja, keine Ahnung, wahrscheinlich noch ewig, bis Mitternacht oder so. Keine Ahnung, Mensch, die sollen halt ein Evakuierungsteam schicken oder so.“
– Ins Handy (2): „Ja, hallo, ich bin’s wieder, wir stehen immer noch.“
– Ins Handy (3): „In Afrika is des anders, dene is wurscht, wenn der Busch brennt.“
Wenn Sie Ihre Musik allerdings am liebsten laut hören, achten Sie darauf, dass Sie nicht in der Nähe dieser Frau zu sitzen kommen:
Diese würde Sie mit einem derart fratzenhaft gekünstelten Lächeln bitten, die Musik leiser zu machen, dass es Sie bis in Ihre Träume verfolgt (zumindest ist es darauf angelegt).
5. Nicht zur Nachahmung empfehle ich meinen gestrigen Versuch, mir die Zeit durch das Anpöbeln hysterischer Fiffis zu vertreiben. Bereits die erste schneidende Seitenbemerkung zu einer brunsdummen, lauten Handyfoniererin brachte mir neben dem Klassiker „blöde Kuh“ Herzrasen vor Aufregung ein. Bevor ich mich vom einfachen Pöbeln gar zu einer richtigen Rauferei hocharbeiten kann, sollte ich erst mal Streiten lernen, und das in einer vertrauten Umgebung.