Familienalbum – 19: Am Baggersee

Dienstag, 18. Juli 2006 um 11:40

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Große Ferien, und das Wetter ist schön. Noch vor neun hat meine Mutter Schnitzel paniert und gebraten; in Plastikdosen verstaut sie sie im Picknickkorb, neben der Schüssel mit Kartoffelsalat, den Tomaten mit Salzfässchen, Tellern, Besteck, Servietten. In die Kühltasche hat sie zwei große Flaschen selbst angerührten Instant-Zitronentee gepackt, zwei kleine Flaschen Bier, die Sarotti Sommerschokolade mit Waffel- und Pfefferminzfüllung, Pfirsiche und natürlich die Kühlelemente aus dem Gefrierfach. Dazu kommt die stoffene Badetasche, darin Handtücher, Badetücher, Badehosen zum Wechseln, der weite Schlauch aus Vorhangstoff mit Gummizug an einem Ende als Umkleidekabine, die Canastakarten, Spielzeug für meinen kleinen Bruder, die aktuelle Brigitte zum Lesen für Mama, ein bis zwei Bücher aus der Pfarrbibliothek zum Lesen für mich. In einem optimistischen Impuls steckt sie auch ihr Häkelzeug ein – vielleicht wird die Tagesdecke, für die sie seit Jahren kleine Quadrate zum späteren Zusammennähen herstellt, doch noch mal fertig.
Sie weist mich an, kurz auf meinen kleinen Bruder aufzupassen, und trägt die Taschen auf den großen Parkplatz vor dem Wohnblock, auf dem unser Auto steht. Gar nicht erst ausgeladen seit dem letzten Tag am Baggersee, befinden sich im Kofferraum bereits die zusammengeklappte Sonnenliege und die kratzige Decke, die für uns Kinder auf dem Boden ausgebreitet wird.

Wir sind noch vor zehn Uhr draußen am Baggersee und können das Auto auf dem von riesigen Eichen beschatteten Parkplatz ideal abstellen. Auf dem Weg zu unserem Stammplatz begegnen wir noch wenigen unserer Seebekanntschaften, zu meinem Bedauern sind keine potenziellen Spielkameraden da. Noch reicht die Morgenfrische, einen Aufenthalt in der Sonne angenehm zu machen; meine Mutter baut ihre Liege bräunungstauglich auf. Wir ziehen uns aus und vertreiben uns die Zeit mit Planschen, Eincremen, Sonnen, Schwimmen, Umkleiden („dass du doch nicht verkühlst!“), Sandspielen mit den dann doch noch aufgetauchten Spielkameraden, Lesen, Wickeln, Streitschlichten.

Gegen drei kommt mein Vater von der Frühschicht aus der Fabrik angeradelt. Auf der kratzigen Decke gibt es Mittagessen („nein, du hattest schon genug Kartoffelsalat!“). Papa legt sich in der Sonne auf den Bauch, den Kopf im Schatten und hält ein Schläfchen. Nachdem er mit einem Schnauben aufwacht, geht er mit mir ins Wasser; in seiner Begleitung darf ich weit hinaus schwimmen, bis zu einem im Seeboden verankerten Holzkreuz, auf dem sich herrlich spielen lässt. Wieder am Ufer („lass dich noch mal eincremen!“) ist die Auswahl an Spielkameraden noch größer geworden, es kommt eine Runde Canasta zustande.

Noch mal in den Sandkasten, noch mal ins Wasser. Die Schatten der Bäume sind lang geworden, die Sonne wärmt die seekühle Haut nur noch wenig. Die Eltern sind schon am Packen, schnell im Vorhangstoffschlauch umgezogen. Papa hilft noch beim Einladen in den Kofferraum und schwingt sich dann aufs Rad. Daheim gibt es zum Abendbrot Brot, Wurst, Radieschen und Essiggurken.

die Kaltmamsell

6 Kommentare zu „Familienalbum – 19: Am Baggersee“

  1. walkuere meint:

    auf diesem foto sehen sie annika aus der pippi-langstrumpf-serie zum verwechseln ähnlich !
    btw: schöne sommererinnerungen …

  2. ww meint:

    Wickeln? Den kleinen Bruder oder was?
    Ansonsten habe ich sehr vieles aehnlich erlebt – besonders das mit der Sorge vorm Verkuehlen und dem Sonnenbrand (eincremen, schwimmen, abtrocknen, umziehen, eincremen etc.) scheint laender-und zeituebergreifend zu sein.

  3. Legatus meint:

    Hachja, Tagesdecken aus gehäckelten Quadraten. Wieviele hab ich davon gesehen…ansonsten hab ich eine ganze ähnliche Geschichte noch im Oberstübchen stecken. Komisch wie gleich manche Dinge ablaufen.

  4. creezy meint:

    Schokolade mit Waffeln gefüllt – da war doch was …*zum Portemonnaie greif*
    Hey, Schnitzel paniere ich heute auch noch, finden alle immer toll! Tolles Foto, wir hatten beide die gleich Frisur offensichtlich. Sie könnten überhaupt meine Schwester sein, wenn ich das so sehe. Allerdings habe ich selten Schlammcatchen gespielt, ich war immer schon ‘nen Mädchen. ;-)

  5. gaga meint:

    ich bin ja immer sehr verliebt in die verschiedenen langhaarfrisuren der kleinen kaltmamsell und kann nicht leugnen, dass ich mir die auch gerne an der großen kaltmamsell vorstellen mag.

  6. Rebekka. meint:

    Dieser Vorhangschlauch zum Umziehen geht ohne Umwege in mein Langzeitgedächtnis – wenn ich in Zukunft eine Phase mit mehr-am-See-sein oder öfter-draußen-umziehen-müssen haben sollte, nähe ich mir sowas.

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