Archiv für Juli 2006

“I try to keep the gambling to a minimum.”

Montag, 10. Juli 2006

“I try to keep the gambling to a minimum”, sagt Robert Redford als professioneller Pokerspieler Jack in Havana, als er gefragt wird: “So, you are a gambler?”
(aus dem Gedächtnis zitiert)

Eben.

In England, wie in Deutschland, ist Poker als Glückspiel definiert – was meiner Meinung nach eine Beleidigung für jeden erfolgreichen Pokerspieler ist. Weil man in England, wie in Deutschland, wegen dieser Definition nur mit staatlich Autorisierung um Geld Pokern darf (bei uns also in Casinos), bietet sich jetzt eine Gelegenheit, das zu revidieren:
Ein Londoner Gastwirt, Derek Kelly, besteht darauf, dass Pokern mehr mit Können als mit Glück zu tun hat; er bietet Turniere in seinem Lokal an und lässt es auf einen Prozess ankommen:

After a year-long investigation by the Metropolitan Police and the Gambling Commission, Mr Kelly has been charged with breaching the Gaming Act and could face jail if he is found guilty. (…) A central part of Mr Kelly’s defence is expected to be that poker is a game of skill rather than luck and should be viewed like chess or bridge. “I think the Gambling Commission will have great difficulty in finding anyone who will take the stand to say that poker is not a game of skill,” he said.

Im heutigen Independent.

(Eventuelle Kommentare hierzu bitte ich sehr geschickt zu formulieren, damit sie durch den Spamfilter kommen…)

Bloggen in seiner schlimmsten Form

Sonntag, 9. Juli 2006

Habe mir eben mal wieder vom früheren Verfallsdatum die Entscheidung abnehmen lassen, ob ich Joghurt oder Hüttenkäse zum Nachtisch esse. Joghurt.

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Wenn sie so guckt, könnte ich Frau Merkl ja knuddeln. Aber will ich von jemand regiert werden, den ich knuddeln könnte?

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Kaum habe ich sie 22 Jahre ohne Fehl und Tadel, erklärt mein Zahnarzt eine weitere meiner acht Amalgam-Füllungen für ersetzungsbedürftig. Meinen bemüht sachlichen Einwand „die ist noch pfen-nig-gut!“ konterte er damit, dass er mir einen Spiegel in die Hand drückte und minutiös auf gelbe Ränder, Unebenheiten und einen Sprung in der silbrigen Oberfläche hinwies. Der Haken: Ich kriege kein Amalgam mehr, die haltbarste aller Füllungen. Persönlich und fachlich hat mein Zahnarzt nichts gegen Amalgam*, nur entschuldigt er sich, er habe dafür inzwischen so wenige Abnehmer, dass sich die entsprechende Ausstattung seiner Praxis wirtschaftlich nicht lohne. Also kriege ich statt dessen für 80 Euro eine Kunststofffüllung.
(Meine persönliche Verschwörungstheorie dreht sich ja um die Unternehmen, die überhaupt kein Interesse daran haben, dass preiswerte und haltbare Lösungen verwendet werden, weil sie an den Alternativen gut verdienen. In allen Branchen führt technischer Fortschritt zu niedrigeren Preisen – nur in der Medizin nicht? Dazu übrigens ein schöner brandeins-Artikel.)

*Dazu Leseempfehlung: Don Wilson, „The Rise and Fall of Dental Mercury: hazard or scam?” The Sceptic 18 (1) (Australia), Autumn 1998, pp. 46-49. Hier das PDF der gesamten Zeitschrift.

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Gestern eine sehr nahe Verwandte des Mitbewohners besucht, die sehr krank im Klinikum liegt. Es ging ihr so schlecht, dass ich vor lauter Hilflosigkeit nur ständig ihre Hand streichelte. Im Nachhinein wegen möglicher Grenzüberschreitung ein schlechtes Gewissen gehabt, weil die Frau alles andere als eine Schmuserin ist.

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Nackten Oberkörper bei Joggern lehne ich aus Benimm- und Stilgründen vor allem auf belebten Strecken vehement ab. Mit „ts, ts, ts“, hochgezogener linken Augebraue und ganz schmaler Oberlippe. Doch heute überholte mich an der Isar ein eilig laufender, großer junger Mann mit honigblonder Popperfrisur und über einer roten Laufhose golden gebräuntem, haarlos nacktem Oberkörper, auf dem ich knapp unter dem leicht herausstehenden untersten Halswirbel ein herzzerreißendes Haar-Dreieck erspähte. Ich sag Ihnen: Der hatte Glück, dass er so schnell lief, sonst wäre ich umgehend über ihn hergefallen und hätte ihn ins reichlich vorhandene Ufergebüsch gezerrt.

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Nachtrag: Bin vorhin im Lehel Dieter Hildebrandt begegnet. Er sah blendend aus und ging sehr beschwingt. Der bleibt uns hoffentlich noch ein Bisschen.

Pasing, Juli 2006

Freitag, 7. Juli 2006

Pasing.jpg

Auch wenn ich eher auf Zehenspitzen und mit Weggucken um das Wort Heimat schleiche, ist es interessant zu reflektieren, was „Daheim“ für mich ausmacht.

Und dann hatte auch noch Monika Gruber in ihrer Show „Hauptsach’ gsund“ einen Abschnitt darüber. Sie führte das Detail an, daheim sei sie dort, wo die Menschen bei „Auszog’ne“ an etwas zum Essen dächten, und nicht an eine Giesinger Hausfrau, die nackt am Balkon steht.*

Zum einen ist Daheim, wo meine Freunde sind, und die sind recht weit verstreut.
Im oberbayrischen Dialekt bin ich daheim.
Doch ich merke schon auch eine geografische Daheimheit. Der Anblick auf dem Foto löst bei mir solch ein Gefühl aus. Vielleicht mache ich ja eine Foto-Serie daraus.

*(Ich hatte Frau Gruber nur einmal kurz im Fernsehen gesehen und sofort Karten für ihren Tollwood-Auftritt im Juni bestellt: Sie kommt aus exakt demselben Dialekt wie ich. In ihrem aktuellen Programm sind zwar auch einige niedrig fliegende Scherze, doch bei über zwei Stunden Ein-Frau-Show, völlig ohne Props, kann ich das verschmerzen. Wenn die Gruber von einem miesen Date erzählt und zur Erklärung den Mann schauspielert. Wie sie sich in geifernde Rage über eine S-Bahn-Verspätung steigert. Oder wie sie sich das Unterwäsche-Shopping unserer Bundeskanzlerin ausmalt. Großartig. Schreibt die ihr Material eigentlich selbst?)

Qualen

Donnerstag, 6. Juli 2006

Der junge schlaksige Kollege nähert sich in der Kantine mit vollem Tablett dem Tisch, an dem ich mit meiner Lieblingskollegin sitze. Er stellt es ab: ein Schälchen Kartoffelsalat und fünf (5) große Schokoladenmuffins, jeder in einem eigenen Schälchen.

Was für eine Vorlage.

UND MIR IST NICHTS EINGEFALLEN!
Chaaaaaandler!

Landeskunde: Deutschland
in den vergangenen zehn Jahren

Mittwoch, 5. Juli 2006

Ein deutscher Freund von mir ist Mitte der 90er ausgewandert; erst nach England, dann nach USA. Dort hat er jetzt Familie und Arbeit, er kommt selten nach Deutschland. Anlässlich von Robert Gernhardts Tod meinte er: „Jetzt existiert das Deutschland der späten Achtzger und frühen Neunzger wohl endgültig nur mehr in meinem Kopf.“

Das wiederum brachte mich zum Grübeln, was sich seit Mitte der 90er eigentlich in Deutschland alles verändert hat. Der Anfang meiner höchst subjektiven Liste:

– Dunkelschwarze Edelschokolade ist Mode geworden.

– Wir haben die Achterbahnfahrt der New Economy hinter uns. Bleibende Auswirkungen:
1. Aktienhandel ist nichts mehr für echte und deshalb mit Nasenrümpfen zu bedenkede Kapitalisten, sondern wird als normale „Geldanlage“, wenn nicht sogar „Altersvorsorge“ betrachtet.
2. In meinem Blickfeld gibt es immer mehr Kleinstunternehmer und Selbständige – aus Überzeugung.
3. Internet!

– Hosen werden unten weiter.

– Lastwagen müssen auf Autobahnen Maut zahlen.

– Eine rot-grüne Regierung ist gekommen und wieder gegangen.

– Schröder / Fischer sind gekommen und wieder gegangen.

– Ein Großteil von Mädchen und Frauen läuft mit nackiger Leibesmitte herum.

– Es gibt guten Komödiantennachwuchs, immer mehr in amerikanischer Stand-up-Tradition: Django Asül, Michael Mittermeier, Monika Gruber zum Beispiel.
(Sorry, bayrischer Humor steht mir halt am nächsten.)

– Man muss bei jedem Arzt pro Quartal erst Mal zehn Euro zahlen.

– An den Unis sind es nicht mehr die Lehrämtler, die in eine ungewisse berufliche Zukunft schauen, sondern alle anderen.

– Es gibt keine D-Mark mehr.

– Es gibt im deutschen Film MariaMartina Gedeck.

– Katja Riemann ist aus dem deutschen Film praktisch verschwunden. (Ich habe aus Fachkreisen murkeln hören, sie sei als Arbeitnehmerin unerträglich anstrengend geworden und hätte einfach keinen Job mehr bekommen).

– Die Menschen wollen alles immer billiger haben, und möglichst viel davon. Außerdem wollen sie für ihr in Aktien angelegtes Geld ganz viel Gewinn.
Dieselben Menschen schreien dennoch Zeter und Mordio, wenn Produktionsstätten in billigere Länder verlegt werden und Aktiengesellschaften trotz hoher Gewinne Leute entlassen.

– Deutschland trägt weiß verkabelte Ohrstöpsel, in die Musik aus einem i-pod fließt.

– Überall haben Coffeeshop-Ketten eröffnet.

– Unsere Generation kauft Bücher und CDs überwiegend im Internet.

Fällt den geschätzten Leserinnen und Lesern noch was ein? Ist ja edukativ und für einen guten Zweck.

Etikettiert

Dienstag, 4. Juli 2006

Habe eine schöne Unterfütterung meines Arguments gefunden, dass Frauen in den meisten Bereichen der Gesellschaft die Abweichung von der Norm sind, Männer aber die Norm. Mein Beispiel war seinerzeit, dass an einer Kanzlerkandidatin das weibliche Geschlecht eine sehr große Rolle spielt, an ihrem männlichen Gegenkandidaten nicht aber das männliche Geschlecht. Kurz und banal zusammengefasst: Eine Frau wird stärker als Frau gesehen als ein Mann als Mann. (Ja, es gibt ausnehmende Situationen – die aber so auffällig sind, dass sie gerade mal dazu dienen können zu verdeutlichen, wie es für Frauen sonst aussieht.)

Feministing erinnert in einem schönen Posting an die gesellschaftliche und persönliche Etikettierung, der Frauen viel, viel weniger ausweichen können als Männer: „Misters miss the mark“

Women can’t even fill out a form without telling stories about themselves. (…)
We’re marked if we wear a short skirt (floozy!), or if we wear a power suit (ballbuster!), if we wear our hair cropped short (dyke!) or if we get a giant perm (stupid secretary!). She notes that men can be marked by their clothing choices or titles, too. The difference is they have the option of going unmarked. That’s a choice women never have.

Marketingbayrisch

Montag, 3. Juli 2006

Kihwischl ist

a) Bayrisch für die Jungtiere roter Eichhörnchen?

b) derogative Bezeichnung eines unkonzentrierten Schafkopf-Spielers?

c) niederer Dienstrang in der österreichischen Marine?

oder dann halt doch
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