Feminismus in Deutschland aktuell
Donnerstag, 24. August 2006 um 16:50Eine Biologin nimmt in der Zeit den immer beliebteren sexistischen Biologismus auseinander. Unter anderem:
Zum Beispiel berichtet die Studie des Ehepaars Shaywitz 1995 in der Wissenschaftszeitschrift Nature von 19 Männern mit linksseitiger und von 11 Frauen mit beidseitiger Aktivierung des Gehirns bei der Erkennung von Reimen. Sie wird bis heute als Beleg für geschlechtsspezifische Sprachverarbeitung zitiert.
Dagegen fanden Julie Frost und ihre Kolleginnen bei 50 Männern und 50 Frauen keine Geschlechterunterschiede in der Hirnaktivierung bei Sprachleistungen; sie veröffentlichten ihre Ergebnisse 1999 im neurologischen Fachjournal Brain. Eine Gesamtanalyse der computertomografischen Geschlechterstudien bei Sprachleistungen von Iris Sommer, fünf Jahre später in Brain erschienen, fand ebenfalls keine durchgängigen Differenzen. Die Variabilität innerhalb der Frauen- und Männergruppen ist höher, als die Unterschiede zwischen ihnen sind.
Ganzer Artikel.
(Namen und Daten dieser Studien muss ich endlich auswendig lernen. Wenn schon mein Humor beim Thema “mei, Männer / Frauen sind halt von Natur aus so” mittlerweile praktisch nicht mehr nachweisbar ist, sollte ich wenigstens mit nachprüfbaren Fakten argumentieren können.)
Der Text ist einer von 15, in denen Frauen eine Bilanz des Feminismus in Deutschland ziehen.
Alle Texte.
14 Kommentare zu „Feminismus in Deutschland aktuell“
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24. August 2006 um 17:28
Interessante Texte. Danke für den Link!
25. August 2006 um 8:35
Bin mal auf die Kommentare HIER gespannt…
25. August 2006 um 9:00
Warum sind Frauen dann so schlecht im Kartenlesen? Und Männer im Erinnern an den Hochzeitstag? :-P
Diesen Mythos der geschlechterabhängigen Hirnfunktion verbuche ich in der gleichen Kategorie wie z.B. die Versuche, menschliche “Rassen” auch genetisch zu determinieren – das geht nämlich nicht, einfach weil es keine Unterschiede gibt.
Das gab (gibt) den Rassisten immer wieder zu schaffen, wenn man ihnen deutlich macht, dass es nach genetischen und biologischen Mäßstäben gar keine Rassen unter dem Homo sapiens sapiens gibt.
Ein weiterer Science-Mythos: Spinat ist gesund! :D
25. August 2006 um 9:04
Spinat ist gesund. Er enthält nur nicht soviel Eisen, wie es ihm lange Zeit fälschicherweise angedichtet wurde.
Es gibt auch Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Nur sind die nicht so trivial wie das Kartenlesen oder die links-rechts-oben-unten-Hirmnleistung.
25. August 2006 um 10:40
ich sehe unterschiede in der erziehung und halte mich selber, die ich das beste aus beiden welten mitbekommen habe, für ein gutes beispiel: mein vater hat mich unter anderem gelehrt, mit werkzeug umzugehen, hat mich immer wieder auf die bedeutung einer guten (aus)bildung hingewiesen und ist bis heute ein gesellschaftskritischer mensch, dessen unbequeme fragen ich so manchem politiker gerne stellen würde. meine mutter hingegen brachte mir bei, wie man einen haushalt führt, gut wirtschaftet und eine familie managt. lässt man die tatsache außer acht, dass ich eine frau bin, könnte man anhand meiner fähigkeiten im beruflichen sowie privaten bereich nicht definieren, zu welchem geschlecht ich gehöre …
25. August 2006 um 11:53
Ich wollte jetzt nichts gegen Spinat gesagt haben (ich finde ihn sogar recht lecker), mir ging es nur um den “Eisenmythos” wie Tim schon gesagt hat; nur dass hier keine Misverständnisse aufkommen. :)
25. August 2006 um 12:04
Nach meinem letzten Test bin ich ein Mann, sogar ein Supermann. So schnell geht das!
Dieser Artikel bestätigt meine Beobachtungen. Das ganze Weibchengetue ist anerzogen.Ich habe eine Weile an einer reinen Fraueneinrichtung gearbeitet, da fiel das Aufgesetzte eben aus, weil es nichts brachte ohne Jungs. Dafür gab es Rangeleien und Machtgetue wie in einem reinen Männerladen.
25. August 2006 um 13:08
Bemerkenswert auch der Satz: “Umgekehrt können sich Gruppenunterschiede in den Strukturen des Gehirns aufgrund ähnlicher Erfahrungen in einer geschlechtlich aufgeteilten Welt entwickeln.“
25. August 2006 um 13:09
Croco: Nicht alles, fürchte ich. Wer mal ein kleines Mädchen erlebt hat, deren ganzes 3jähriges Herz an rosa Kleidchen und Sandalen hängt, obwohl Mama nicht mal einen Rock besitzt und hart für geschlechtsneutrale Erziehung gekämpft hat … eine selbstauslösende Minibarbie kann schon ganz schön bitter sein für die Mutter :-)
25. August 2006 um 13:34
Ich kann mich noch lebhaft erinnern , damals, als ich Datentechnik studierte an der TU Wien. Wir hatten statistische Datenverarbeitung und Daten von 2000 Probanden vorliegen, Frauen, und Männer unterschiedlicher Altersgruppen. Auszuwerten waren Fähigkeiten, die auf Basis von Tests ermittelt wurden. Es ging um Sprache, Mathematisch-logisches Denken, räumliches Vorstellungsvermögen – solche Sachen.
Ergebnis: Frauen waren logisch besser, Männer sprachlich. Der Statistikprof wude bleich, fing zu stottern an und meinte schlußendlich: das waren keine repräsentativen Daten.
25. August 2006 um 13:53
@melody
“selbstauslösende Minibarbie” ist genial ! *lol*
wobei ich festgestellt habe, dass hier durchaus die umwelt eine nicht zu unterschätzende rolle spielt, denn wenn die püppchenhafte rosagekleidete freundin bewunderung auf sich zieht, will man selbst natürlich auch, dass einem diese aufmerksamkeit zuteil wird. die fernsehwerbung tut ihr übriges dazu, indem sie intensiv die geschlechterklischees fördert und wie vor 100 jahren mädchen mit puppen und jungen mit autos und anderem technikgerät agieren lässt, und schon haben wir die alten schemata, die uns in die erziehung unserer kinder pfuschen. wenn man allerdings in dieser phase barbies verbietet, geht der schuss übrigens nach hinten los – am besten, man spricht mit dem kind kritisch, jedoch nicht verächtlich über die barbie-affinität, dann geht diese phase vorüber wie so vieles andere in der kindlichen entwicklung.
25. August 2006 um 16:22
Warum sollte es nicht auch kleine Mädchen mit Rosa- und Glitzerfetisch geben? Auch.
(Erinnert mich an das Unglück meiner extrem stilbewussten Mutter, als ihr kleines Töchterchen begeistert und gebannt vor den glitzernden Acryl-Glitzerschuhen der 70er stand. Was selbiges Töchterchen nicht daran hinderte, Fußball zu spielen, auf Bäume zu klettern, sich mit den bösen Buben zu hauen.)
(Erinnert mich zudem an meine Kusine, die ihrer Tochter zum 3. Geburtstag ein Kinderschminkköfferchen schenkte. Für das sich das Geburtstagskind wenig interessierte, sodass sich auf der Geburtstagsfeier erst mal meine Kusine un ihre Freundinnen damit beschäftigten.)
25. August 2006 um 18:23
Geschlechtsneutrale Erziehung ist Quark und kann zu schweren Identitätsproblemen führen. (Bsp.: fast alle Frauen mit Eßstörungen haben mindestens einen Elternteil, der sich in seiner Geschlechterrolle sehr unsicher verhalten hat). Frauen und Männer unterscheiden sich nun einmal. Weshalb nicht Mädchen sich schick anziehen lassen und den Umgang mit Hammer und Bohrer beibringen? Weshalb nicht Jungs kochen lehren und im Fußballverein anmelden? (Und umgekehrt natürlich.)
Solange man ihnen genug Selbstbewusstsein auf den Weg gibt, dass sie tun dürfen was sie möchten, ohne sich durch “Das macht ein Mädchen/Junge aber nicht”, “Jungs/Mädchen können das besser” und ähnliche Hemmschuhe eingeschränkt zu fühlen, ist doch alles paletti.
(Herrje, dass man das 2006 in diesem Land noch diskutieren muss…)
26. August 2006 um 22:46
Wir brauchen keinen neuen Feminismus. Ich weiss nicht einmal, ob wir einen “ismus” dafür brauchen.
Was wir aber brauchen, ist ein Instrument, dass uns den 8.Artikel(“1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
2 Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der
Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform,
der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen
einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.” Schweizer Bundesverfassung, Art 8, Abs 1, 2 – Man ersetze “Gesetz” durch “Gesellschaft”) endlich vom Verstand ins Herzen umschreibt.
Mlle Différentielle