Bond ohne James
Freitag, 24. November 2006 um 18:40Ich habe bisher alle Bond-Darsteller mitgespielt. Der einzig wahre ist selbstverständlich Sean Connery (nein, dazu darf nicht halt jeder seine eigene Meinung haben!). Aber ich habe Roger Moore akzeptiert, obwohl sein teigiger Körper mich immer Schweißfüße bei ihm vermuten hat lassen, obwohl ich ihm den Lebemann abnahm, das Athletentum nicht im geringsten. (Meine spanische Tante Luci schwärmte für ihn und sprach seinen Namen konsequent spanisch „Rocher More“ aus.)
Den Herrn Lazenby kenne ich nur aus dem Augenwinkel, doch er sieht britisch, elegant, clever und sportlich aus, kann zudem gute Umgangsformen simulieren – gekauft. Timothy Dalton habe ich ebenfalls gutwillig hingenommen: Ein James Bond mit augenscheinlich chronischen Magenschmerzen, von mir aus. Als Romanleserin bin ich in suspension of disbelief geübt.
Beim Wechsel zu Pierce Brosnan kam endlich wieder echte Freude auf: Der hatte nicht nur keine Magenschmerzen, sondern zudem eine unzerstörbare Fönfrisur und genaus das Quäntchen Lässigkeit, das ein Bond unbedingt braucht.
Aber jetzt? Daniel Craig? DANIEL CRAIG? Dieser Automechaniker-Typ? Ein weißrussischer Automechaniker soll so tun, als kenne er sich mit Brandys und Weinen aus, mit Frauen, Bartok und Stochastik? Neeeee, das hab ich ihm nicht eine Sekunde abgenommen.
Casino Royal ist trotzdem ein sehr schöner Bond-Film geworden, allein schon wegen der vielen Poker-Szenen (für meinen Geschmack hätte die Kamera allerdings gerne länger auf den offenen Karten bleiben können, so zum Mitdenken). Großer Respekt fürs Drehbuch, weil nicht ein Royal Flush dabei war (wenn sonst in Filmen gepokert wird, hat der Gewinner immer einen Royal Flush). Wenn Sie Bond-Filme mögen, schaun Sie Ihn sich an: Es ist unglaublich, was diesmal wieder alles kaputt gemacht wird; der Showdown war mir ein hörbares „Boah!“ wert (sorry, netter alter Herr neben mir).
Nachtrag: Für die Grönerin haben sie offensichtlich extra einen ganz anderen Bond-Film gedreht und nur ihr gezeigt. Vor allem haben sie eigens für sie einen anderen Hauptdarsteller verwendet. (Unsterbliche Bloggerinnen-Fehden gingen schon wegen weit weniger Wichtigem in die Geschichte ein.)
die Kaltmamsell12 Kommentare zu „Bond ohne James“
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24. November 2006 um 23:24
Ian Fleming hat seinen Bond mal als “blunt instrument” bezeichnet. Und da ist Craig – für mich – sehr nahe dran. Selbstverständlich waren die anderen Bonds “kultivierter”, aber – habe ich heute irgendwo gelesen – jedes Jahrzehnt bekommt den Bond, den es verdient. Craig paßt. Ich freu mich schon auf den nächsten!
25. November 2006 um 9:15
Ach, da kann doch jeder seine eigene Meinung haben.
25. November 2006 um 11:34
Das mit dem weißrussischen Automechaniker stimmt…..aber für Engländer ist vielleicht gerade das exotisch was für uns Alltag ist?
25. November 2006 um 20:27
Ach ein bißchen leid tut mir der Kerl ja fast, bekam schon während der Dreharbeiten immer eins auf die Mütze wegen Weichei usw. und nun soll er nicht ein echter Bond sein…hm, ich werd’s mir demnächst mal ansehen und mal schauen, ob’s stimmt. Also das mit dem weißrussischen Automechaniker.
26. November 2006 um 17:01
Irgendwie muss ich wohl in die Gröner-Fassung des Films geraten sein. Wer weiß, vielleicht verbindet uns auch nur eine Vorliebe für osteuropäische Autoschrauber. Sie, liebe Frau Kaltmamsell, sind offenbar von derartigen Wahrnehmungsstörungen verschont geblieben und konnten sich daher auf die Handlung konzentrieren. Vielleicht wissen Sie daher, was bei der letzten Hand preflop geschehen ist. Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, wüßte aber zu gern, wieso Bond mit diesen Karten überhaupt den Flop gesehen hat.
26. November 2006 um 17:06
Jetzt wissen wir wenigstens, dass wir uns nie wegen eines Kerls streiten würden :-)
27. November 2006 um 9:07
Ich hab anscheinend auch die Gröner-Version gesehen. Freitagabend ist zwar an sich für Cinema-Sneak reserviert, aber wenn ein Bond anläuft, wird dieser Sneak kurzerhand durch Bond ersetzt. Erschwerte Bedingungen für eine eingefleischte Bond-Ignorantin wie mich… Und was soll ich sagen? Ich fand’s wider allen Erwartungen richtig klasse. Sean Connery war ein Original, die dazwischen nicht der Rede wert (Pierce Brosnan ging ja mal gar nicht), aber Daniel Craig? Der darf wegen mir gerne bleiben ;)
28. November 2006 um 12:05
Naja, also der neue Bond hat schon seinen Charme. Vielleicht ist es Zufall, dass nach Jahren mal wieder das Klischee des zupackenden Automechanikers…ähm… Mannes zelebriert wird, der sich -ggf. auf dem zweiten Bildungsweg ;)- das nötige Wissen angeeignet hat und damit ggf. auch mehr Mühe hatte, als ein Brosnan-Bond-Klischee.
Passt irgendwie zu den in näherer vergangenheit zunehmend zu beaobachtenden Idealtypen des Clusters “Reicher, aber einfacher Kerl”. Andere nehmen das als “Geldproleten” wahr – wie z.B. die Rapper (im Klischee): wenig Bildung, dicke Autos, noch dickere Goldketten & Amulette, scharfe aber zu Statisten degradierte Bräute – und stolz auf diese Kombo.
29. November 2006 um 13:40
Automechaniker? Hat man denn nicht seinerzeit auch Connery erst mal als Dockarbeiter und Milchmann bezeichnet?
Warum diskutiert eigentlich keiner die wirklich wichtigen Fragen – z. B., warum der Film in der Jetztzeit spielt, aber handlungsmaessig ein Serien-Prequel ist? Warum er die grausigste Vortitelsequenz aller Zeiten hat? Wieso steht Richard Branson bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen rum (oder habe ich den wirklich halluziniert)? Weshalb ist der Titelsong so unbedeutend, dass er es nicht mal auf die Filmmusik-CD geschafft hat? Wie kann der Film damit durchkommen, einerseits sehr ernst, persoenlich und zurueckgenommen zu sein und dann wiederum so grossartige Lachnummern wie die Selbstdefibrillierung und das sinkende Haus abzuziehen? Und das alles einschliesslich einer Folterszene aus dem Buch, die ich 30 Jahre lang fuer unverfilmbar gehalten habe?
Ich habe mich sehr amuesiert; bin mir aber nicht ganz klar darueber, warum…
29. November 2006 um 13:51
Weil’s mir gerade noch einfaellt – hat die Kaltmamsell denn sehr gelacht in der Szene, als Bond sich mitten im Pokern einen Drink bestellt und drei der Mitspieler mitziehen (“me too, but keep the fruit”), bis der Boesewicht irritiert fragen muss, ob jetzt jeder zufrieden ist und sie endlich Poker spielen koennen…?
30. November 2006 um 6:33
Ha, Herr Gonzo, sehr gelacht hat sie, und “bröhhhh” vor sich hin gemacht.
Die Titelsequenz (gibt’s eigentlich eine Sammlung auf DVD zu kaufen?) fand ich aber schon schön, spiegelt sie doch mal wieder hundertprozentig die zeitgenössische Grafik- und Designmode; die Mädels habe ich darin allerdings schon vermisst.
Das Continuity-Durcheinand schlucke ich problemlos, den Branson habe ich auch in die Kamera lächeln sehen, John Cleese und die zugehörige Gadget-Szene vermisst, das sinkende Haus fand ich großartig, dem Connery haben die doch seinerzeit nur den schottischen Akzent (= Arbeiterschicht) verübelt, es gab einen Titelsong?
1. Dezember 2006 um 17:34
Le Chriffre war nicht irritiert, sondern genervt, weil er vermeintlich schnell an seine 150 Millionen wollte. Oder?