Vorfahren und Zugehörigkeit

Sonntag, 1. April 2007 um 12:59

A Girl like me
ist ein kurzer (sieben Minuten) Dokumentarfilm über dunkelhäutige junge Amerikanerinnen und ihre Hautfarbe.

Einerseits hatte ich im Mittelteil Tränen in den Augen – wie sie mir immer nahe sind, wenn jemand sich für nicht richtig, für irgendwie verkehrt hält.

Aber dann wurde dieses tiefe Mitgefühl überlagert durch mein Unverständnis, wenn jemand, der seit vielen Generationen in den USA lebt, sich als „African“ bezeichnet: „Well I’m African“, sagt die eine junge Frau, „I am from Africa“ die andere. Und allein schon wegen ihres Akzentes bezweifle ich das sehr.
Ist es wirklich einfach ein Luxus, den ich mir als unbeteiligte (und sehr hellhäutige) Europäerin leisten kann, dass für mich Afrikaner Menschen sind, die auf dem riesigen afrikanschen Kontinent leben oder lange dort gelebt haben?
Wie starken Ausschlag gibt der Grund einer Migration für die Selbstdefinition der Migrantin? Auf diese Frage komme ich, weil ich als Begründung für die paradoxe Selbstdefinition African gehört habe, die schwarzhäutigen Vorfahren der schwarzhäutigen Amerikaner seien ja nicht freiwillig nach Nordamerika gekommen, sondern als Sklaven und gewungenermaßen (europäische Vorfahren derselben Person zählen meiner Erfahrung nach nicht). Ich würde gerne mit der Tochter eines somalischen Einwanderers in die USA sprechen, deren Vater – sagen wir – zum Studium nach Minnesota gekommen ist und sich aus welchen Gründen auch immer dort niedergelassen hat. Ob sie die dunkelhäutige Nachbarstochter, deren Ururgroßmutter bereits in Minnesota auf die Welt gekommen ist, als African bezeichnet? Oder sich selbst?

Über meinem ergebnislosen Nachdenken schwebt das Schlagwort „Integration“. Ich bin sicher, dass äußerliche Andersheit Zugehörigkeit zu einer Gesellschaft erschwert. In Deutschland braucht es nicht mal zimtfarbene Haut, es reicht meist kleinasiatisches oder nahöstliches Aussehen, um regelmäßig von anderen Einheimischen auf Englisch angesprochen zu werden (mag die Ausgrenzung durch die Frage „Woher kommen Sie“ disputabel sein, in diesem Fall ist sie es nicht). Was muss dann erst passieren, dass jemand mit dunkelbrauner Haut und friseligen schwarzen Haaren eingeschlossen wird? Ohne ihr das Recht auf eine eigene Geschichte mit eigenen Bräuchen zu nehmen, das eine eigene Identität erfordert. Und was muss wohl in den USA passieren, damit alle Amerikaner sich als Amerikaner bezeichnen? Vielleicht ist das ja die falsche Frage, vielleicht identifizieren sich alle mit ihrer jeweiligen Region, und die Dame, die sagte „I am from Africa“ sagt ebenso „I am from Brooklyn“.

Wenn ich zu einem Ergebnis komme, gebe ich Bescheid.

die Kaltmamsell

3 Kommentare zu „Vorfahren und Zugehörigkeit“

  1. Plattenfan meint:

    Hmmm – gute Fragen.
    Ich als Tochter eines Afrikaners kam mir da in Amerika eher Vera… vor, als mir gesagt wurde, ich und die schwarzen Amerikaner stünden uns näher als ich und meine weißen deutschen Freunde – wir “kämen schliesslich alle aus Afrika” (…ach wirklich? Also ich bin in Witten geboren…) –
    und bevor es Missverständnisse gibt – das wurde NICHT von den WASPs behauptet…

  2. A-Heldin meint:

    Vielleicht hilft das beim Nachdenken:

    “That’s something that some of my German friends up here really don’t get. They don’t truly understand that alot of us Americans really associate ourselves from where we are FROM in the states. I mean sure we’re proud to be American but after we say that we are American we like to say what STATE we hail from. It doesn’t always register with the Germans when you do that because they really don’t understand….especially if they have never been to the states before.

    Sometimes they’ll ask me about California, New York or some other high profile state and they always seem to be confused when I tell them that I haven’t a clue about those places or the people. It’s mainly the people and way of life that they ask me about and I have NO IDEA how those people are. I stereotype them just as much as any foreign person would. It’s all Greek to me too…hahaha.”

  3. mutant meint:

    haha, ja, geht mir hier auch so.
    ich komme aus bremen und konnte lange nicht mal sagen, wo rheinland-pfalz zb liegt oder welche staedte es dort gibt (kaiserslautern? nee, sowas wie worms, oder?).
    norddeutschland im grossen und ganzen hat meine sympathien, aber sonst?
    koennte auch alles oesterreich sein. oder bayern ;-)

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