Gemischte kluge Worte
Montag, 9. Juli 2007 um 11:25Wieder mal Lesenswertes unten auf der Seite 2 der Süddeutschen Zeitung, in der Rubrik „Außenansicht“ (diese Rubrik nicht grundsätzlich kostenlos verfügbar zu machen, ist allerdings unklug). Zwei zugewanderte Deutsche äußern sich klug zum Wandel, den die Krise des Islam den Bildern in deutschen Köpfen abverlangt: „Wir fordern Integration, verordnen aber eine Wurzelbehandlung.“
Wir führen eine Scheindebatte, und zwar über den Umweg der Religion. (…) So wird der Türke islamisiert und soll mit anderen Glaubensbrüdern, mit denen er weder Sprache noch Alltag noch Ritual teilt, gemein gemacht werden – obwohl er doch hier in Deutschland lebt, fernab des gefürchteten Einflusses aus Ankara. Und dies, obwohl dieser Einfluss, wenn es ihn denn überhaupt gibt, unserer offenen Gesellschaft, unserem Säkularismus weitaus mehr entspräche als der Einfluss der imaginären Glaubensbrüder. Durch unsere Furcht beschwören wir aber eine solche Muslimbruderschaft erst herbei, eine Muslimbruderschaft made in germany sozusagen.
Ich sollte meine Kampagne für das T-Shirt „Gastarbeiterkind“ reaktivieren – um alle die Einwanderer zweiter Generation sichtbar zu machen, die wir unauffälliger Teil unserer Gesellschaft sind, und gerade deshalb nicht als Beispiele wahrgenommen werden.
§
Salon schreibt über eine neue Jane-Austen-Welle, die die vorgeblichen Ideale der schlitzohrigen Romanautorin aus dem englischen Regency als Lösung für die alleinstehende Frau von heute anpreist.
Part of what differentiates this round of Austen consumption from dozens of past infatuations is the degree to which the satiric acid of Austen’s work seems to have been drained and replaced with 100-proof, widely accessible romance.
(…)
…this year’s wave of books and biopics is tinged with something different. Instead of acknowledging the enduring pleasures of Austen’s satire, or demonstrating how smoothly her centuries-old observations apply to contemporary society, this round of fanaticism is more interested in going back in time — or perhaps simply backward — to play dress-up in empire-waisted gowns with suitably dashing suitors to swoon over.
(…)
In the mad dash to find their Darcys (and to invent one for their favorite author) some readers and fans have forgotten that Austen regarded mushy female infatuation as side-splittingly funny. Though she wrote in the Romantic period, and though her plots conform to those of classic romance, Austen’s work was not Romantic in style. Her heroines are not so much breathless and overcome by their emotions as they are practical and genuine. Elizabeth is never ga-ga over Darcy; when “Sense and Sensibility’s” Marianne Dashwood goes all nutsy for dashing Willoughby, she is punished for her rain-soaked silliness with a cold that nearly kills her. And Austen’s “Northanger Abbey” is a sendup of the popular Gothic novels with which her contemporaries were so obsessed.
(…)
One of the great pleasures of female life in the 21st century, especially if you’re of the class to which Austen belonged and into which she sunk her sharp teeth, is the possibility of earning your own living, of not having to land a man to survive financially, of no longer having to wear your need for a husband on your sleeve … or tote bag or bumper.
§
Dann noch zwei Postings des bis zur Unheimlichkeit klugen Scott Adams:
1. „My compliments to you“
Über die Macht von Lob
2. Über Hypnose und was er daraus über die menschliche Wahrnehmung gelernt hat:
die KaltmamsellThe power of hypnosis, for me, was in understanding how easily people can confuse the imagined with the real. You can’t hypnotize someone to kill himself, because he would reject that suggestion. But religion can convince someone to kill himself by creating an imaginary afterlife with plentiful virgins for martyrs. So on a scale of dangerous imaginary things, hypnosis is somewhere closer to advertising, well below peer pressure, nowhere near religion.
4 Kommentare zu „Gemischte kluge Worte“
Sie möchten gerne einen Kommentar hinterlassen, scheuen aber die Mühe einer Formulierung? Dann nutzen Sie doch den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein, Sternchen darüber und darunter kennzeichnen den Text als KOMMENTAROMAT-generiert. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken.
9. Juli 2007 um 18:14
„Über die Macht von Lob” – da musste ich erst an diese Führungskräfteseminar denken, in dem es hieß, dass man Gleichgestellte nicht loben sollte, weil dies als Herrschaftsinstrument verstanden wird – Eltern loben Kinder, Lehrer Schüler und deswegen Manager nicht Manager, weil das dann eigentich beleidigend ist. Klingt nach Deutscher Schäferhundschule.
Aber dann geht es bei Scott Adams genau ums Gegenteil – Dale Carnegie. Dilbert scheint auf rührende Weise autobiografisch zu sein.
10. Juli 2007 um 0:34
(Apropos Kampagne: Viele Grüße von der Möwe.)
10. Juli 2007 um 8:32
Oh wie wundervoll, blue sky, Dank und viele Grüße an die Möwe zurück!
10. Juli 2007 um 10:24
Hm, wäre “Fremdarbeiterkind” der passendere T-Shirtaufdruck für mich? Die Einladung an meinen Vater erging schließlich zu einer Zeit, als es mit der Gastlichkeit slawischen “Untermenschen” gegenüber hierzulande nicht zum besten bestellt war. Aber ich weiß nicht, ob ich dieses Fass wirklich aufmachen möchte. Ich fremdle manchmal auch ohne ein solches Shirt mehr als genug…