Aus dem Leben eines Jurymitglieds
Sonntag, 7. Oktober 2007 um 14:00Ein bescheuert hübscher Oktobersonntag, und ich arbeite die fast 500 Vorschläge für den Best-of-the-Blogs-Award der Deutschen Welle ab, um daraus Nominierungen in den einzelnen Kategorien zu machen. Dieses Jahr kann ich zumindest nicht mehr behaupten, ich hätte den Aufwand dieser Juryrerei unterschätzt: Ich wusste, worauf ich mich einlasse. Unter anderem auf viele, viele Stunden Weblogs lesen, Podcasts hören, Vodcasts gucken. Der Lohn der Mühe (neben dem vorrangigen Nutzen, monatelang stolzgeschwellt durch die Gegend laufen zu können, weil ich Jurymitglied der BoBs-Awards bin – was niemanden beeindruckt, weil so gut wie niemand auch nur weiß, dass oder wo ich blogge… Ich muss kurz rüber zum Mitbewohner gehen und mir sagen lassen, dass er stolz auf mich ist. Danke, jetzt geht’s wieder.), der Lohn der Mühe ist das eine oder andere Juwel, das ich bislang in Blogistan übersehen hatte und das ohne Umwege in meinen Bookmarks landet.
Nun werden sich meine lieben Leser und Leserinnen natürlich fragen: Wie kriegt sie es nur organisiert, Hunderte Blogs zu lesen, zu hören, zu sehen, und sich ihre Gedanken dazu zu merken? Aber das verrate ich doch gerne: Tabellen, das Geheimnis liegt in Tabellen. Jede Zeile ist ein Vorschlag, nach dem Sichten kennzeichne ich ihn farbig: Grün für eine potenzielle Nominierung, gelb für weiter beobachten, rot für aus dem Rennen (weil seit Monaten tot, offline, kein Blog, oder bis zur Gesichtslähmung langweilig). In der letzten Tabellenspalte begründe ich für mich die Farbwahl.
Wenn ich einmal durch bin, fange ich wieder von vorne an und mache aus den gelb Markierten entweder rote oder grüne. Dann schaue ich nochmal die grünen durch und erstelle die Shortlist, die ich an die Deutsche Welle übermittle. Wenn das nicht höllenspannend klingt, weiß ich auch nicht.
Durch eigenen Blogeintrag wieder 15 Minuten vor meinen Jurypflichten gedrückt.
die Kaltmamsell5 Kommentare zu „Aus dem Leben eines Jurymitglieds“
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7. Oktober 2007 um 14:25
Frau Kaltmamsell, ich bin sehr stolz auf Sie!
Ich war auch neulich auf der Seite und habe mich beinahe
6 Stunden30 Minuten durch einen Bruchteil der Vorschläge gelesen (und fand einige vermutlich selbst nominierte mehr so kommerzielle Blogs arg peinlich) und dachte da so bei mir, in der Jury will ich nicht sein …Also, wenn ich könnte würde ich in ca. 1 Stunde mal einen Latte und ein Stück feines Küchlein still an den Schreibtisch stellen und leise entschwinden.
7. Oktober 2007 um 22:24
Sehr schöne Klammern, vor allem die erste.
Ich möchte am liebsten ein Klammerblog (weil ich eine Schwäche für Klammern habe) oder auch ein Klammerbuch (weil “wenn Frauen zu sehr klammern” in der Ratgeberlandschaft schmerzlich fehlt) entdecken (oder schreiben).
8. Oktober 2007 um 8:12
@Tanja: Ich träume auch von einem solchen Buch (vor allem verschachtelte Klammern werden bekanntlich unterschätzt (man darf nie vergessen, alle Klammernpaare in der richtigen Reihenfolge wieder zu schließen)).
8. Oktober 2007 um 10:59
Tanja, manchmal ist mir unheimlich, wie schnell Du mich durchschaust. Diese Klammerei ist oft ein aufgesetzter Bescheidenheitsmanierismus, der mich eigentlich nervt, den ich aber unbedingt ausprobieren musste.
(Es gibt nicht viele Menschen, mit denen ich mich über die Semiotik von Zeichensetzung austauschen kann.)
Ähnlich aber gut: Information oder Pointen in Nebensätzen zu verstecken und damit ihre Wirkung zu verstärken, ist eine Technik, die ich an John Irving besonders liebe.
8. Oktober 2007 um 12:37
Im Ballermann-, Dirndl- und Lederhosenartikel haben Sie den Stil mit den Klammern schon schön weitergeführt ;-)