Jetzt ist auch noch
Freitag, 5. Oktober 2007 um 17:31Walter Kempowski gestorben.
Sein Tadellöser & Wolff hat meinen Sprachschatz dauerhaft bereichert (die Verfilmungen konnte ich bis heute vermeiden), seit mein kluger Deutschlehrer, Herr Köhler, den Roman kurz nach Veröffentlichung zu unserer Elftklass-Schullektüre machte.
Wir müssen schon komische Schüler gewesen sein, dass das Besprechen eines Buches im Unterricht uns dieses nicht etwa vermieste. Wochenlang war unser Jugendgeplänkel durchsetzt von „fiss biste patzt“, „Tadellöser!“, „bis einem das Blut unter den Finger hervors-prützt“ (wir Bayern konnten uns die Aussprache nicht so richtig vorstellen) und natürlich „immerhinque“, wir waren schließlich auf einem humanistischen Gymnasium.
Danke, Herr Kempowski. Und nicht nur dafür.
die Kaltmamsell13 Kommentare zu „Jetzt ist auch noch“
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5. Oktober 2007 um 18:45
April 2004 fand an meiner Uni (in Michigan) ein Kempowski-Symposium statt und dadurch habe ich viel ueber ihn und seine Werke erfahren. Tadelloeser & Wolff ist mein lieblingsbuch von ihm, aber als nicht-muttersprachlerin musste ich mich echt konzentrieren, um alles zu kapieren. Wie ich in Deutschland und Oesterreich war wurde ich erstaunt, wie wenig Leute seine Werke kannten. Es freut mich, dass ihr Bayern auch T&W genossen habt.
Danke Kempowski.
5. Oktober 2007 um 19:20
Oh Kim, wie ich Dich beneide: Ein Kempowski-Symposium! Irgendwer da draußen in Michigan weiß, was gut ist.
5. Oktober 2007 um 21:40
Meine lieblingsprofessorin, naemlich: sie hat ihre Doktorarbeit ueber Kempowski geschrieben und sie hat ihm persoenlich gekannt.
http://www.public.asu.edu/~dgilfill/kempowski/program.html
(Dr. Carla Damiano)
Volker Hage war sogar dabei – hat uns aber voll genervt.
5. Oktober 2007 um 21:46
Oh, Sie sollten die Verfilmung unbedingt sehen! Die Kritiken waren ind so gut wie ich die Filme in Erinnerung habe. Der Ausruf “Wie isses nu bloß möchlich!?” ist geflügeltes Wort in meiner Familie und eine ganz frühe Kindheitserinnerung.
5. Oktober 2007 um 22:48
Ich bin jetzt auch erstaunt. Die Verfilmungen sind der Knaller. Mein Lieblingsspruch: “Was macht meine Haut?”, ein steter und verläßlicher Refrain. Erinnert sich noch wer an die Übertragungen seiner Literaturtreffen im Fernsehen?
6. Oktober 2007 um 10:22
Gutmannsdörfer, Frau Kaltmamsell. Stimme gern in Ihren kleinen Nachruf mit ein.
Wieso sich sich was darauf zu gute halten, die Verfilmungen bis heute vermieden zu haben, ist allerdings nicht zu verstehen. Abgesehen, davon dass man Filme in der Regel erst wirklich beurteilen kann nachdem man sie sich angesehen hat, sei darauf verwiesen, dass es doch sehr viele gekonnte Umsetzungen von Literatur gibt.
Mein Tipp: unbedingt bei der nächsten Geglegenheit kucken! Ist in jedem Fall besser als sowas wie das US-Remake von Bella Marta ;-)
6. Oktober 2007 um 10:28
Endlich mal jemand, der „Fiss biste patzt“ würdigt. Mein Lieblingskempowski entfleucht mir immer bei Sonnenuntergängen, gutem Essen und generellem Wohlfühlscheiß: „Was geht’s uns gold.“
6. Oktober 2007 um 14:28
Oh, Missverständnis: Es gibt eine Reihe von Büchern, zu deren Handlung und Figuren ich ein so enges und persönliches Verhältnis habe, dass ich es auf keinen Fall durch die bildliche Interpretation anderer überlagert haben möchte. Deren Verfilmungen meide ich sorgfältig, und Tadellöser & Wolff gehört dazu. Ich werde mir auch ganz sicher nicht die Verfilmung von The Time Traveler’s Wife ansehen, selbst wenn ich mir nächstes Jahr gern davon erzählen lasse.
6. Oktober 2007 um 14:52
Oh. Das Hinscheiden dieser Person ist dann wohl auch (mal wieder) spurlos an mir vorüber gegangen. Wie schade. Schade im Sinne von “Schade um den Mann”.
Der Roman war sicherlich eines der Bücher die im Unterricht zu lesen sich lohnte, ganz im Gegensatz zu Odysseus.
Die Verfilmung ist aber auch nicht schlecht. Ich denke auch das die Besetzung, oder der ‘Cast’ wie man ja Heute sagt, sehr dazu beiträgt.
6. Oktober 2007 um 17:46
Die Filme sind gut, aber Ihre Motive ehrenwert, Frau Kaltmamsell. Den Filmen fehlt einfach dieses Brodeln unter der Oberfläche, das sich aus den Büchern lesen lässt. Unter der Oberfläche des Kauzigen, Detailversessenen. Die Aussage steckt ja gerade in dem politischen Brodeln darunter.
Ich habe so eigene Erinnerungen an Kempowski.
6. Oktober 2007 um 23:27
Ich bin ganz traurig, dass uns jetzt jede Menge schöner Bücher vorenthalten werden, die Kempowski noch in Planung hatte. Seine Chronik habe ich als Teenie verschlungen und auch die Filme finde ich grossartig. Edda Seipel als Mutter Kempowski ist einfach nur gut. Fand “Walting” selbst auch, er war bei den Dreharbeiten gern dabei.
Das war noch deutsche Wertarbeit das “Kleine Fersehspiel” damals.
Immer wieder gerne gesagt:
“Alles miesnitz!”
“Klare Sache und damit hopp!”
“Kinder, wie isses nur zu und zu schön!”
7. Oktober 2007 um 14:49
Ein Gespräch mit Kempowski vom November 2006 im HR2-Doppelkopf, das jetzt nochmal gesendet wurde, gibt es hier als Podcast:
http://mp3.podcast.hr-online.de/hronline/mp3/podcast/hr2_doppelkopf/am_tisch_mit_walter_kempowski___widerstehender_.mp3
Ich hatte das Gefühl, dass der Moderator am Ende um Fassung ringt.
9. Oktober 2007 um 2:40
Haben Sie das hier schon gesehen, Frau Kaltmamsell?