Von mir aus Kulturverfall

Dienstag, 27. November 2007 um 14:18

Was ist es wohl an diesen zeitgenössischen Coffee-Shops, das sie mir so anziehend macht? Ich bin von der ersten Begegnung an auf das Konzept abgefahren.

„Coffee to go“ sah ich zum ersten Mal in Amerika; an die zugehörige Art Lokal geriet ich folglich entweder selbst während meines New-York-Aufenthalts Weihnachten 1992 – oder aus zweiter Hand über US-Fernsehserien. In München nahm zunächst San Francisco Coffee Company das System auf, dort holte mich mir 1999 den ersten Togo-Kaffee.

Vor allem allein und auf Reisen in Deutschland sowie im europäischen Ausland setze ich mich sehr gerne in diese Lokale. Ich mag ihre sofort erkennbaren Farben und die obligatorischen Sessel, die zum Lesen einladen.

Vor allem aber, selbst wenn das ein schlechtes Licht auf mich wirft, mag ich, dass ich mich nicht mit Bedienungen auseinandersetzen muss. Ich muss nicht 1. auf sie warten, damit sie mir die Karte bringen; noch 2., damit sie meine Bestellung aufnehmen; nicht 3., bis sie mir das Bestellte bringen; auch nicht 4., um die Rechnung zu erbitten; nicht 5., bis ich die Rechnung bekomme; und nicht eventuell 6., dass ich zahlen kann. Es ist mir viel lieber, an die Theke zu treten, Bestellung, Zahlen, Erhalt des Bestellten in einem Rutsch selbst abzuwickeln und mich dann auf den vorher gewählten Sessel zurückzuziehen. Außerdem mag ich die espressobasierten Getränke (allerdings: geht mir weg mit Sirup), die es in diesem Coffeeshops gibt.

Am liebsten sind mir lokale Ketten – in Deutschland hat ja inzwischen jede vernünftige Großstadt eine eigene –, im Ausland nationale Ketten.

Für Verabredungen wähle ich weiterhin traditionelle Cafés.

die Kaltmamsell

13 Kommentare zu „Von mir aus Kulturverfall“

  1. Ike (der ewige Kritiker) meint:

    Hm… wie heißt denn bitte Münchens lokale Kette? Oder fällt München als größtes Dorf der Welt nicht unter ‘vernünftige Großstadt’?

  2. die Kaltmamsell meint:

    Münchens lokale Kette heißt “San Francisco Coffee Company”. Gucken Sie auf deren Website mal ins Impressum.

  3. Ike (der ewige Kritiker) meint:

    Oh… 8-o
    wow… ich hätte mein linkes bein verwettet, dass sfcc eine amikette ist…
    krass…..
    deswegen auch st. franzls kaffee kompanie auf der wiesn… langsam macht alles sinn…

  4. Susanne meint:

    Jetzt have ich tatsächlich eine Sekunde lang angenommen, Sie würden Ihren Kaffee während des Gehens aus einem Styroporbecher schlürfen. Das finde ich nämlich gruselig.

    Da ich ins Café nur gehe, wenn ich wahnsinnig viel Zeit habe, werde ich wahrscheinlich auch dabei bleiben.

    Aber ich habe wieder was gelernt. San Francisco ist deutsch und Frau Kaltmamsell steckt voller Überraschungen.

  5. Sebastian meint:

    Dieser Moment nach dem Bestellen im Lokal, wenn alles entschieden ist, man sitzt und schaut und gute Leute was für einen tun, der ist schon besonders – und schwer zu kriegen. Der Moment, wenn am Ende keiner kommt, um sein Geld zu nehmen, den kann man sich dagegen wirklich ersparen.
    SFCC ist zwar sehr schön, aber die Leute hinterm Tresen sind immer so ernst – scheint kein Spaß zu sein, dort zu arbeiten.

  6. cdv! meint:

    Während unseres Japan-Aufenthaltes lernte ich diese Lokalitäten schätzen, und vermisse sie jetzt in der schwäbischen Provinz doch sehr. Junior war begeistert von den Cookies und Cakes, ich vom Kaffee. So mancher von japanischer Hand zubereitete Kaffee grenzte an Körperverletzung.

  7. Tim meint:

    Und im SFCC gibt es WLAN!

  8. Tanja meint:

    Mir geht es im Ausland genau so. Noch schäme ich mich für meine mangelnde Entdeckungslust und für meine Ketten-Dankbarkeit ganz besonders aber nicht nur an der Kaffee-Front.

    Lokal finde ich alle paar Meter ein gutes Stammkaffee in welchem mir die Italos hier (die ich im provinziellen Bern sowieso schon aus dem Kindergarten kenne) weitaus besseren Espresso machen denn die Ketten. Zahlen kann ich sofort, an der Theke oder Geld hinlegen.

    Vielleicht gibt es auch Unteschiede zwischen CH und D? Ich habe den Eindrck, dass Ketten sich hier mit dem Ziel ansiedeln, auf der Hochpreisinsel Schweiz hemmungslos zu klakulieren.

  9. Indica meint:

    Ja, Vertrautheit. In einem mir sehr fremden Land auch bei der Kaffeetasse herzlich willkommen, in Spanien oder Italien mir persönlich befremdlich. Dennoch war ich auch in Barcelona Kapialitstenkaffee trinken. Aber irgendwie absurd, in Stammländern des romanischen Kaffees internationale Togo-Ketten überall zu finden.

    Aber war nicht früher ohnehin alles besser und die Jugend höflicher? Nach schröbbeligen Männerbars mit original Neonröhren-Flair kann man sich auch nicht wirklich zurücksehnen.

    Im Zweifelsfall zählen Qualität und Geschmack. Gern auch lokal angebunden. Deshalb hat auch Frankfurt (Oder) seinen ersten kleinen Coffeeshop mit konkurrenzfähigem Geschmackskaffee – das “Gränzkaffee”, das ich gern frequentiere.

  10. stifler meint:

    finde solche läden schrecklich, sorry. die einrichtungen sparen sich die bedienungen (kostenintensiv) und lassen den kunden alles selber machen. das spart enorm. schon können läden mit 2 barista betrieben werden. die kellnerei macht der zahlende kunde. und dennoch kostet der kaffee das gleiche oder mehr wie in einem anständigen cafe.

    das ist kundenverdummung meiner meinung nach. das is so wie wenn man bei einem franchise italiener der das wort klavier im namen trägt, sich seine nudeln selber bestellen und holen muss.
    die nächste stufe ist, dass man auch noch den kaffee selber brüht oder die nudeln selber kocht. oder etwa nicht?

  11. mo meint:

    san fran am gärtnerplatz im sommer hat ca. 20 min wartezeit. da sitz ich lieber nebenan im cafe.

    und wenn ich morgens in so einem laden vorbeispringe und dann für fast €4 ein wenig heissgetränk bekomme erschlägt mich im nachhinein der geiz.

    ne. wien, meine liebe, wien ist die stadt, wo die olln kaffeeketten noch in die nähe des stadtrings gedrängt werden, da die innenstadt voll ist mit kaffeehäusern!

    und stellen Sie sich doch bitte den schreiber ihres lieblingsbuch (wie heisst die tante nochmal?) in einem starbucks vor!

  12. Lupus meint:

    Das versteh ich alles, insbesondere den Wunsch, sich nach Kaffeekauf gleich auf den selbstgewählten Sessel zurückzuziehen.
    Trotzdem mag ich nicht, wie sich diese Ketten überall breitmachen, zumal der teure Kaffee oft nicht mal schmeckt (letzteres wie ersteres speziell bei Starbucks). Ganz zu schweigen von der Unart, morgens mit einem Styroporbecher voll heißem Starbuck-Getränk in der vollen U-Bahn dann immer ausgerechnet neben mir sitzen zu wollen. Nur zu übertreffen von vierköpfigen Familien, die im ICE direkt neben der nichts ahnenden Reisenden ihre Mc-Donalds-Tüten auspacken und sich von Berlin bis Wolfsburg (1 h) mit dem nach altem Fett riechenden Inhalt der Tüten beschäftigen.
    Da bekomme ich erst wieder gute Laune, wenn ich das kleine Café mit der offenbar aus Schwaben stammenden besten Kuchenbäckerin Berlins aufsuche. Dort muß man sich zwar auch selbst bedienen, aber das macht dann nichts, weil es so nett ist und der Kuchen so gut.

  13. Philipp meint:

    Habe mir im SFCC am Odeonsplatz gerne mal einen Espresso to go geholt. Allerdings muss man da immer warten und ich fand es immer komisch, wieso drei Leute Bestellungen aufnehmen, aber nur einer an der großen Kaffeemaschine werkelt. Letztens habe ich dann im Tambosi gegenüber an der Bar meinen Espresso getrunken -dort wo immer die ganzen Snobs davor sitzen und sich sonnen. Und? War billiger, ging schneller und die Atmosphäre drinnen – es war ein besonders sonniger Tag mit total vielen Snobs draußen – war auch cooler. Heißt das nicht, dass Kaffeeketten was sind für Leute, denen es schon zuviel ist, dass zwei Café unterschiedlich gestylt sind? Kaffeeketten, Ketten überhaupt sind so Pseudoheimaten. Früher hätten solche Leute in Italien Wurstel con Krauti gegessen, oder?

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