Mittel gegen gender bias
Montag, 3. Dezember 2007 um 10:38Dass es Geschlechter-Stereotypen sind, die die Chancengleichheit im Berufsleben behindern, haben Alice H. Eagly und Linda L. Carli sauber dargelegt. Doch es hilft wenig, sich mit diesen Erkenntnissen wutschnaubend in eine Ecke zu stellen. Deshalb schlagen die beiden den Unternehmensführungen Gegenmaßnahmen vor, die – anders als Gesetze – nicht bei den Symptomen, sondern bei den Ursachen greifen sollen:
– Bewusstsein für die psychologischen Ursachen von Vorurteilen gegenüber weiblichen Führungskräften schaffen und auf verschobene Wahrnehmung hinweisen.
(Klingt nach Kleinarbeit und mühselig. Für jeden, der einer Chefin nachsagt, sie sei durch einen Karrieresprung „verhärtet“, braucht es jemanden, der nachfragt, ob das gleiche Verhalten bei einem Mann auch als „verhärtet“ bezeichnet würde.)
– Den Kult um Überstunden abschaffen und objektive Leistungsindikatoren einführen.
(Dazu vor kurzem ein herrlicher Artikel von Alexandra Borchardt in der Süddeutschen: Karrierepunkte macht der, der noch 22 Uhr Mails verschickt, nicht die, die durch effizientere Leistung schon um 18 Uhr heimgehen konnte.)
– Größere Objektivität bei der Leistungsbewertung, um den Einfluss von Vorurteilen beim Bewerter zu minimieren.
(Gute Idee, das würde andere Vorurteile neben den geschlechtsbezogenen gleich mit erschlagen.)
– Mehr Neueinstellungen über Personalsdienstleister, um inoffizielle Netzwerke zu umgehen.
(Klingt nach einer weiteren Möglichkeit für Objektivität.)
– Eine kritische Masse an Frauen in Führungspositionen anstreben, um tokenism bei lediglich ein oder zwei Frauen in solchen Positionen zu vermeiden.
(Eher ein Ziel als eine Maßnahme. Tokenism heißt übrigens, dass einzelne – Frau, Einwanderer, farbig, schwul – nur als Vertreterinnen einer großen Gruppe gesehen werden und nicht als Individuen. Die eine Frau im Vorstand muss als Repräsentantin für alle Chefinnen überhaupt herhalten – ob sie will oder nicht. Das kann sich schädlich auf ihre Leistung auswirken. Nicht zufällig beharren immer wieder Frauen in frauen-untypischen Positionen darauf, ihr Geschlecht spiele überhaupt keine Rolle; sie wehren sich gegen diesen tokenism.)
– Vermeiden, in Teams nur eine einzige Frau einzusetzen. Gerade in Männerbranchen versucht das Management oft, die wenigen Frauen so breit wie möglich zu streuen; einige Untersuchungen belegen, dass sie dann ignoriert werden.
(Könnte praktikabel sein.)
– Frauen durch die Übertragung schwieriger, verantwortungsvoller Aufgaben auf Höheres vorbereiten.
(Das zielt darauf, dass Frauen in einem Team gerne mal Assistenz- und Zulieferjobs bekommen.)
– Familienfreundliche Personalstrukturen schaffen, darunter Heimarbeitsplätze, Kinderaufsicht, flexible Arbeitszeiten.
– Eltern mehr Zeit als Kinderlosen geben, sich im Job zu beweisen.
(Gute Idee: Kinderlose sollten in kürzerer Betriebszugehörigkeit etwas vorzuweisen haben als Eltern.)
– Frauen nach Erziehungsauszeit gezielt wiedereingliedern, auch während ihrer Abwesenheit Kontakt halten.
(Sehr sinnvolle Maßnahme; selbst bin ich da bislang von drei Müttern ausgebremst worden, weil sie gar nicht kontaktgehalten oder eingegliedert werden wollten, sondern lieber vom Geld ihrer Partner lebten. Aber ich weiß, dass ich das nicht verallgemeinern darf.)
– Männer ermutigen, familienfreundliche Angebote selbst zu beanspruchen.
(Oh ja, da sehe ich noch ein großes Loch.)
2 Kommentare zu „Mittel gegen gender bias“
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3. Dezember 2007 um 22:25
Erst heute durfte sich meine Kollegin in der Personalabteilung – von einer Frau übrigens! – eine abwertende Bemerkung über “Muttis, die nach drei Jahren wieder arbeiten wollen”, anhören. Und das nur, weil ihr neuer Vertrag ein bißchen Mehrarbeit bedeutet. Dabei kommt sie sich als einzige, die in einem 200-Leute-Unternehmen Teilzeit arbeitet (das ist nämlich sonst nicht erwünscht) eh schon vor wie abgehängt.
4. Dezember 2007 um 0:43
gelöscht von Kaltmamsell: Keine E-Mail-Adresse, kein Kommentieren.