Geschenktipp: Lexikon des Unwissens
Mittwoch, 12. Dezember 2007Es gibt ja Leute, die Bücher für unpersönliche Geschenke halten. Die sind vermutlich keine begeisterten Leser. Oder sie meinen Bücher, die sie nicht selbst gelesen haben – dann gäbe ich ihnen sogar Recht: Jemandem ein Buch zu schenken, das man selbst nicht gelesen hat, ist unpersönlich. Damit ich dieses Buch als Weihnachtsgeschenk empfehlen kann, muss ich es also erst mal zur Eigenlektüre empfehlen. Wer es heute kauft, hat es – mal hier ein halbes Stündchen, mal da zwei Kapitelchen – ziemlich sicher bis zum Abend des 20. Dezember gelesen und damit noch genug Zeit, es vor dem 24. als Weihnachtsgeschenk zu besorgen: Lexikon des Unwissens.
Das Buch ist schön von außen und anregend von innen. Die 42 Kapitel sind zwar verschieden lang, keines davon aber länger als für einen Haps. Und jedes davon faszinierte mich: Um zu belegen, dass zu einem Thema Unwissen herrscht, müssen die Autoren Kathrin Passig und Aleks Scholz ja beschreiben, welche Wissensversuche sich dem Thema nähern. Das tun sie in dem Stil, der auch die Riesenmaschine so lesenswert macht: mit fundierter Albernheit. Ich fühlte mich an Musikclowns erinnert, die nur deshalb so albern mit ihrem Instrument umgehen können, weil sie es weit überdurchschnittlich gut spielen. Gleichzeitig schmeichelt es meiner Eitelkeit, wenn ich den Faktenhintergrund einer Albernheit zu erkennen glaube. Und ich mag die Grundhaltung, die aus den Texten spricht: Was brauche ich Übersinnliches, wenn das Sinnliche doch noch genug Rätsel und Wunder birgt?
Die Themen des Buches streifen durch alle möglichen Fachgebiete, es geht unter anderem um Katzenschnurren, Gähnen, Wasser (wobei es mir eine tiefe Befriedigung ist, einerseits bestätigt zu sehen, dass warmes Wasser im Gefrierfach schneller zu Eis wird als kaltes, andererseits zu erfahren, dass die Menschheit keine Ahnung hat, warum das so ist), das Kleben des Klebebands, die Verfärbung von Herbstlaub, Vollnarkose oder das P/NP-Problem. Zu meinem Erstaunen stellte ich fest, dass ich letzteres, ein sehr mathematisches Unwissen, erheblich interessanter fand als alles, was mit dem Weltall zu tun hat.