Ich habe einen Verdacht, was mir MGM-Musicals schon zu Kindertagen so sympathisch gemacht haben könnte (neben Gesang, Tanz und Klamotten): Fast immer stehen die Frauen auf Augenhöhe mit den Männern. Und in keinem Musical ist das so deutlich wie in dem wundervoll quietschbunten Easter Parade von 1948 mit Musik von Irving Berlin.
Es geht schon mal mit dem Set-up los, das die Handlung ins Rollen bringt: Don Hewes (Fred Astaire) wird von seiner Tanzpartnerin Nadine Hale (Ann Miller – hach, die kann steppen!), in die er verliebt ist, informiert, dass sie eine Solokarriere startet und nicht mehr mit ihm auftreten wird. Davor kriegen wir noch die unglaubliche Tanznummer „Drum Crazy“, in der Fred Astaire durch einen Spielzeugladen wirbelt, dabei wahnsinnige Dinge mit einem Schlagzeug tut. Gucken Sie hier – ich zähle in der ganzen Nummer nur fünf Schnitte.
Außerdem sehen wir die Easter Parade auf der Fifth Avenue, für die Don Nadine einen Hut geschenkt hat.
Verletzt und beleidigt behauptet Don, dass er aus jedem beliebigen Chorus Girl einen ebenso großen Star machen könne. In einer Kneipe mit Musikeinlage greift sich Don ein solches Chorus Girl: Hannah Brown (Judy Garland), genau das Gegenteil der ätherischen Dame Nadine. In der Folge versucht Don nun, Hannah zu einer zweiten Nadine zu verbiegen, was fürchterlich und sehr komisch schief geht. Meine Lieblingsszene: Don lehrt Hannah attraktive Ausstrahlung. Auf einer Straße in New York weist er sie an, vor ihm zu gehen und einfach durch ein inneres Leuchten die Passanten dazu zu bringen, sie toll zu finden. Die Kamera zeigt uns Hannah frontal und den dahinter schlendernden Don. Hannah lächelt betörend und sieht den Menschen ins Gesicht, doch niemand beachtet sie. Jetzt geht die Kamera an ihr vorbei und konzentriert sich auf Don – der plötzlich sehr verdutzt dreinschaut: Alle Passanten drehen sich nach Hannah um. Jetzt wandert die Perspektive wieder zu Hannahs Vorderseite: Sie hat, um Aufmerksamkeit zu erregen, einfach eine grässliche Grimasse geschnitten.
Nachdem die ersten gemeinsamen Auftritte eine Katastrophe geworden sind, muss Don umdenken. Endlich begreift er, dass er besser mal Hannahs echtes Talent nutzt, anstatt ihr eine andere Persönlichkeit aufzuzwingen. Es folgen als Beispiele eine Reihe herrlicher Sing- und Tanznummern, die genau das tun: Hannahs komische Bühnenpräsenz nutzen, der sich Don unterordnet. Mein Favorit ist „We‘re a Couple of Swells“, in denen die beiden als abgerissene Landstreicher auftreten.
Damit nicht alles zu glatt läuft, gibt es noch ein wenig Drama: Hannah hat sich mittlerweile in Don verliebt, weiß aber, dass er noch sehr an Nadine hängt. Nach dem großen Premieren-Erfolg ihrer Show führt Don sie in einen Club aus, in dem Nadine auftritt – der er seinen Erfolg unter die Nase reiben will. Nadine holt ihn zu einem höchst romantischen Tanz („It only happens when I dance with you“), Hannah ist am Boden zerstört und zieht sich zurück.
Ein gemeinsamer Freund bereinigt die Sache: Er macht Hannah klar, dass Don sie liebt aber sich ihrer Gefühle nicht mehr sicher ist. Am Ende des Films ist es Hannah, die Don zur Easter Parade abholt und mit einem Hut dafür überrascht (eben dieser Zylinder mit lila Osterschleife) – die also die Rollen umdreht.