Rohe Kraft (Befindliches)
Dienstag, 29. April 2008 um 9:11Im Grunde bin ich ein unkoordinierter Muskelberg. Ich hatte einen Mitschüler, der so war. Dieser Bursche, von Natur aus stark und zusätzlich durch Rudersport trainiert, fürchtete sich vor seiner eigenen Kraft und bewegte sich lieber so wenig wie möglich, um kein Unheil anzurichten. Denn wenn er sich in Bewegung setzte, trug seine Umgebung fast immer Schrunden davon – Stuhllehnen brachen, Tische rumpelten halbe Meter weiter, auf dem Fußballplatz machten im Schulsport nicht nur Spieler der gegnerischen Mannschaft weite Bögen um ihn, um der Gefahr von blauen Flecken oder gar Knochenbrüchen zu entgehen. Da er gleichzeitig ein fröhlicher und impulsiver Mensch war, schwankte er ständig zwischen bedrückter Zurückhaltung und kleinen Bewegungsexplosionen. Er konnte schlicht mit seinen Kräften nicht umgehen und war völlig verunsichert. Dieses Muster gibt es auch bei nicht-physischen Kräften.
die Kaltmamsell8 Kommentare zu „Rohe Kraft (Befindliches)“
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29. April 2008 um 11:08
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29. April 2008 um 11:47
Bei mir ist beides zu finden, zwar im Wechsel, aber dennoch. Ich kann einerseits ohne böse Absicht Menschen im Gespräch mit meinen Gedankensprüngen zur Verzweiflung treiben und werde anderseits in manchen belastenden Situationen dermaßen linkisch, dass es mir vor mir selber graust. Da ich meinem Nick optisch durchaus gerecht werde, sind leider mitunter materielle – und bei mir manchmal auch physische – Kollateralschäden nicht zu vermeiden …
29. April 2008 um 13:05
Wunderbar geschrieben und gern gelesen.
29. April 2008 um 18:29
Mein “croco” sagt doch schon alles.
Ich muss mich oft zügeln mit meinen Bemerkungen, weil sie so sitzen, dass man sich noch Jahre danach darunter windet.
Aber eigentlich, eigentlich bin ich saulieb.
30. April 2008 um 11:56
> Bemerkungen, [die] so sitzen, dass man sich noch Jahre danach darunter windet
Das klingt mir, ehrlich gesagt, ein bisschen zu sadistisch.
Ich empfehle Hilde Domins Gedicht “Unaufhaltsam”. Sehr wahr.
http://www.biblioforum.de/forum/read.php?31,10022,10027
Aber ob es darum bei der Andeutung der Kaltmamsell ging, bezweifle ich. Ich selbst habe hierzu eigentlich gar nichts beizutragen und wollte nur damit angeben, dass ich ein Gedicht von Hilde Domin kenne.
30. April 2008 um 15:57
Treffer, rip, insofern als Domin eine der wenigen Lyrikerinnen ist, mir der ich überhaupt etwas anfangen kann.
Mir ging es allerdings um jede Art von nicht-physischer Bewegung, nicht die gegen jemanden gerichtete.
1. Mai 2008 um 12:57
Tatsächlich saß ich neulich mit einem Riesen in der U-Bahn. Der Mann war nicht nur in der Länge groß, an dem war alles groß. Eher riesengroß. Ich habe noch nie darüber nachgedacht – aber so einer muss Märchenerzähler seinerzeit zu solchen Figuren inspiriert haben. Dann stellte ich mir den Mann in einer typischen 2-Zimmer-Wohnung mit typischer Einbauküche vor. Er tat mir leid. Ich hatte auch nicht das Gefühl, er könne eine Porzellantasse anfassen ohne sie direkt zu zerbrechen.
Aber er lächelte die ganze Zeit …
1. Mai 2008 um 20:04
@Kaltmamsell: Das dachte ich mir schon :-)
“Nicht-physische Bewegung” finde ich übrigens eine charmante Formulierung.